Es ist Samstag, der 03.11. Eigentlich nichts besonderes, aber das erste WE im November ist schon fast traditionell das WE der Riemser Brückenfahrt seit 2007. Nur in diesem Jahr hat sich kein Organisator gefunden.
Aber Traditionen brauchen keinen Planer, die leben von sich selbst.
Im Internet checke ich das Wetter - Wind soll 15 km/h werden, also eine fluffige Stärke 3.
Ich checke das Wetter auf der Terasse - uuuuh, es ist kalt, leichter Regen, Herbst - wer hat hier was von Traditionen gesagt!!!???
Blöderweise habe ich ins SKF geschrieben, dass ich paddeln gehe, Mist - Eigentor!
Also ziehe ich mir doppelt SommerNeopren und eine Paddeljacke an und fahre zum Bootshaus. Das Autothermometer hatte lausige 5° angezeigt, aber wenigstens regnet es nicht mehr.
Soll ich das Touringboot oder das Seekajak nehmen? Ach, wenn doch noch jemand kommt, ist es viel gemütlicher, vom stabilen Seekajak aus zu plaudern.....
Widerwillig trage ich Boot und Paddel vom Bootshaus zum Wasser.
Nicht begeistert stehe ich vor meinem Aquarius und denke, dass ich gleich zum Einsteigen mit den Füßen ins kalte Wasser muss.
Aber Kneifen ist nun nicht mehr, also rein - erst ins Wasser, dann ins Boot. Seit dem 1000SeenMara vor einem Monat habe ich nicht mehr im Kajak gesessen - ein gutes Gefühl stellt sich ein mit dem Diolen / Kevlar unterm Hintern. Mein altes Holzpaddel liegt gut in der Hand und in wenigen Minuten bin ich an der Badestelle, gleich an der Brücke.
Hier ist der eigentliche Treffpunkt für die Riemser Brückenfahrt.
Ich warte bis kurz nach 10.00 Uhr
Leider ist niemand mehr gekommen. So kann ich für die 6. Brückenfahrt einen neuen TeilnehmerRekord verzeichnen, denn sonst waren immer viel mehr Boote am Start.
So mache ich mich auf, umrunde eine Schwanenfamilie - böse Vogeleltern zwingen ihre Kinder, stundenlang ihre Füße ins kalte Wasser zu halten - und habe gleich die Brücke vor mir.
Vor und hinter der Brücke kabbelt sich das Wasser, genau darunter ist es spiegelglatt, na mal sehen, wie es auf der anderen Seite aussieht. Aber erst mal fahre ich unter der Brücke durch, drehe mich noch mal um und mache ein Bild von der BauJahresZahl.
Weiter geht es an den alten Fundamenten der ehemaligen Brücke vorbei.
Diese stammen wohl noch aus der Hitlerzeit und trugen die ursprüngliche erste Brücke zur Insel. Später wurde dann ein Damm aufgeschüttet und die Insel so künstlich zur Halbinsel gemacht. Wo die Hitlerbrücke abgeblieben ist, weiß ich leider nicht. Im Jahr 2007 wurde dann ein Durchbruch durch den Damm gemacht und wieder eine Brücke drauf gebaut.
Als ich um die kleine Landzunge komme, pfeift mir ein richtiger Wind um die Nase! Das ist keine fluffige 3 !!! Oh ha, zum Glück sitze ich nicht im Touringboot!!!!! Es ist so windig, dass sich auf den Wellen die Oberfläche noch einmal kräuselt.
Ich halte mich dicht unter Land und kann, wie schon so oft, die sturmfesten alten Kiefern am Ufer bewundern.
Hier habe ich schon als kleiner Bub gebadet und aus der dicken Borke der Bäume kleine Schiffchen mit meinem Taschenmesser geschnitzt.
Beim Fotografieren treibt mich der Wind zurück und das Navi zeigt mir 7 km/h rückwärts an.
Das ist aber nicht Windstärke Minus7, oder?
*Kopf kratz*
Also, wieder ran an das Paddel und bis zum Hafen Gristow gepaddelt. Hier kann man übrigens oberlecker Fisch essen!
Von hinten schmettert einer mit nem JetSki an mir vorbei, wegen des Windes im Ohr habe ich ihn nicht gehört, seine Welle haut mich fast um.
So ein Arsch, wenn es irgendwann mal wieder warm ist, werde ich mir den greifen, dann kann er Welle machen und ich übe mit dem Touringboot!
Im Sommer sind im Hafen so ziemlich alle Plätze von kleineren Booten belegt, jetzt liegen nur noch wenige Angelschiffchen vor Anker. Trotzdem sieht es mit der Kirche im Hintergrund sehr verträumt aus - ich genieße diesen Anblick einige Minuten.
Gleich vom Hafen aus kann ich ein Stück durch einen Schilfkanal paddeln.
Hier ist das Wasser ruhig, vom Wind ist kaum was zu merken.
Die Wolkendecke reißt auf und die Sonne bricht sich Bahn.
Ist das schön!!! Ich bin verträumt, werde aber von irgendwelchen meckernden Wasservögeln aus meiner Andacht gerissen.
Kulturbanausen, was die den Schnabel wohl aufreißen. Wenn die wüssten, das es bei mir morgen Mittag WeihnachtsProbeEntenBraten gibt.....
Aber - okay okay, ich verschwinde ja schon!
Als ich aus dem Schilfkanal komme, gibt es wieder satten Wind ins Gesicht.
Natürlich habe ich wieder keine Spritzdecke drauf und das Wasser schwabbelt schon mal über den Süllrand.
Aber die Spritzer sind nur kurz etwas kalt am Oberschenkel, dann hat es sich aufgewärmt und alles ist prima.
Ich paddle unverzagt weiter in die Gristower Wieck hinein. Hier baut sich die Welle so langsam auf.
Klasse, oder!!??
Ich verstaue die Kamera und setze mich auf eine Welle. Schade, in der Wieck sind sie nicht sooo schnell, aber mit nur gelegentlichen Paddelschlägen sause ich mit 9,5 bis 10 km/h in Richtung Greifswalder Bodden. GlücksHormonSchwemme - Jippiieee
Es fällt mir schwer, mich von der Welle zu lösen, aber ich mache einen kleine BackbordSchwenker und ein Bild vom Hafen RiemserOrt zu machen.
Ich wage nicht, in der Welle zu fotografieren, also fahre ich etwas in die Bucht.
Hier liegen noch einige größere WochenEndBoote, schon auf Gerüsten oder Trailern, an Land. Die werden nun wohl auch bald winterfest gemacht und ins Lager gebracht.
Etwas traurig denke ich, dass es für mich mit der Paddelei auch bald vorbei sein könnte. Aber Frau Merkel hat uns ja eine KlimaErwärmung versprochen, vielleicht kann ich diesen Winter ja durchweg aufs Wasser.....
Jetzt aber erst noch mal raus ins tiefe Wasser und ne Welle geschnappt. Da geht doch noch was, joi joi joi.
Es macht solchen Spaß, ich verpasse fast das Ende der Wieck. Schaffe gerade noch, hinter der Insel nach backbord zu sliden.
Hier habe ich einen guten Blick auf das Institut.
Da steht immer noch ein großer Baukran.
Junge Junge, was da alles gebaut wird!!!
Nördlich der Insel sind nur wenig Wind und kleine Wellen.
Gemütlich rutsche ich über die Sandbänke, beobachte Schwäne, badende Hunde, Herbstspaziergänger und Angler - es ist Herbstidylle pur. Die Sonne brennt derweil auf meine Paddeljacke - nein, wirklich herbstlich ist es im Moment überhaupt nicht.
Eher spätsommerlich. So paddel ich noch mal in den Kalkwitzer Bogen.
Hier ist das Wasser fast spiegelglatt und voller Wasservögel, die sich in der Sonne die Federn wärmen. Es müssen tausende sein. Langsam umrunde ich sie im weiten Bogen. Leider kann ich sie aus der Ferne nicht gut fotografieren, aber wenn ich dichter ran fahre, löse ich eine Panik aus.
Schade, es wird Zeit die Brückenfahrt zu beenden. Glücklich, morgens nicht gekniffen zu haben, paddel ich zurück zum Bootshaus.
Es ist auch gar nicht schlimm, dort, mit den Füssen im Wasser stehend, das Boot noch etwas abzuspülen.
Aber winterfest mache ich es noch nicht.
Ich lege das Kajak noch mal am Strand ab ...
... und bin mir sicher, das war noch lange nicht meine letzte Tour in diesem Jahr!
... und in 2013 gibt es wieder eine Brückenfahrt, traditionell am ersten WE im November!!!
Von vorne bis hinten und in allen Details ein Bericht so richtig nach meinem Geschmack!
manche User sind um ihre Paddelreviere nur zu beneiden 
