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Aktueller und zu erwartender Seenebel ?

geschrieben von ruditi 
Aktueller und zu erwartender Seenebel ?
24. April 2017 06:14
Moin,

Bin neulich bei der WebCam Helgoland drüber gestolpert, dass dort ziemlicher Dunst zu sehen war.

Habe mich gefragt, wo ich bei der Fahrtenplanung im Internet die Info her bekomme, ob auf einer geplanten Strecke mit Seenebel (Wetter.de / DWD) zu rechnen ist.

Im ersten Ansatz bekommt man eine Prognose meines Erachtens z.B. über WindyTV, indem man sich die niedrige Wolkendecke (hier: Prognose für 02.05.2017) anzeigen läßt. Bestätigung der aktuellen Situation kann z.B. über die WebCams entlang der Küste erfolgen, allerdings nur zu Tageslicht-Zeiten.

Spricht etwas gegen die Sichtweise, im ersten Ansatz aus Vorsichtsgründen Dunst / Nebel mit niedrigen Wolken gleichzusetzen ?
Gibt es woanders im Internet etwas Brauchbares möglichst kostenlos zum Thema "Prognose Seenebel" für eine bestimmte Strecke ?
Hat jemand Erfahrungen, ob der Seewetterdienst zu erwartenden Seenebel erwähnt ?

Schönen Gruß,
Rudi

PS: Duplikat meines Posts #6 aus dem KanuForum wegen "Versandens".

PPS: Vermutlich dürfte ich die neulich gemachten Screenshots der WebCam und von WindyTV im Seekajakforum nicht posten, da ich nicht Rechteinhaber bin, oder? Wie sähe es mit einem Foto meines Computer-Bildschirms aus, der gerade die beiden Seiten online anzeigt?
Re: Aktueller und zu erwartender Seenebel ?
24. April 2017 08:51
Beim Seewetterbericht wird (wurde) immer angesagt, wo die Nebelgeister grade Schabernack treiben. Habe leider lange keinen Seewetterbericht mehr hören müssen...


***

"Die Welt wäre ohne Euch ohne Euch."
(Helge Schneider)

*****

Persönliche Kontaktmöglichkeit jederzeit über PN.
Re: Aktueller und zu erwartender Seenebel ?
24. April 2017 11:27
Moin moin zusammen,
Seenebel sind wirklich tiefe Wolken, meist nur 2 bis 5 m über dem Wasser, und schwer vorhersehbar.
Da muss die Wassertemperatur auf bestimmte Lufttemperatur treffen. Meist ist auch noch Windstille. Bei viel Wind habe ich ihn noch nicht erlebt.
Es hat schon etwas gespenstisches, wenn man seinen Nebenmann/frau nicht sieht, sondern nur hört.
Schöne Grüße,
Tomas.
Countdown?
24. April 2017 15:54
Na, Rudi,

wird es langsam ernst mit Deinen Plänen, Helgoland per Seekajak anzusteuern?

Vielleicht helfen Dir bei der Nebelfrage die folgenden beiden Links weiter:

Infos zum Flughafen Helgoland-Düne: [www.flughafen-helgoland.de]
Webcam Flughafen Helgoland: [www.flughafen-helgoland.de]

Wenn Dir die Bilder auf den Webcams nicht genügen, ruf doch mal einfach beim Flugplatz an:

04725311 o. 411 oder 0900-1077221 (=> der Flugplatzmeteorologe?).

Abgesehen davon findest Du auf der Seite des Flugplatzlinks links unten stets den aktuellen Wind- & Temperaturbericht.

Gruß aus Hamburg:
Re: Aktueller und zu erwartender Seenebel ?
24. April 2017 17:39
Hallo,

Vielen Dank an alle, die in diesem Forum so schnell geantwortet haben ;-) , da sind doch gute Aspekte und Informationen (speziell zu Helgoland) dabei !

Bei meiner Frage schwebte mir eher eine Online-Seenebel-Ist- und -Prognose-Karte für die Nordsee vor, vergleichbar mit WindyTV bei der Einstellung "low clouds", nur noch eine Etage tiefer, bis sozusagen ganz knapp über der Wasseroberfläche ...

Gefühlsmäßig würde ich sagen, zwischen Unterkante der "low clouds" und der Wasseroberfläche ist bei WindyTV noch Platz, mir fehlen sozusagen die "very low clouds", habe aber bisher keinen besseren Anhaltspunkt ...

Schönen Gruß,
Rudi
Re: Aktueller und zu erwartender Seenebel ?
24. April 2017 19:02
@ pm

Zitat von Dir : " Es hat schon etwas gespenstisches, wenn man seinen Nebenmann/frau nicht sieht, sondern nur hört. "

Kenn ich.........jede Nacht ,Du auch ? spinning smiley sticking its tongue out
Re: Aktueller und zu erwartender Seenebel ?
24. April 2017 19:14
Hallo,

mal eine Verständnis-/Definitionsfrage: Es muss auf dem Meer min. 2 komplett verschiedene Arten Nebel geben:

-einmal habe ich von einer aus klarem Wetter plötzlich gefallenen, dicken, dichten Suppe bei Windstille gehört, die Meer und Land anhaltend, einheitlich und großflächig zudeckte. Ich meine mich zu erinnern, dass im allgemeinen Wetterbericht auch Nebel angesagt war.

-einmal (lt. Aussage von Erfahrenen immer) mit kräftigem Wind verbundene eher lockere Nebelfetzen, die z.B. Windsurfen problemlos zuließen, erlebt. Ich glaube, da war auch ausdrücklich Seenebel angesagt, der Nebel löste sich über Land schnell auf.

Entstehung, Dauer und Bedeutung scheinen mir hier komplett unterschiedlich zu sein!

Vielleicht könnte ein Küsten-/ Inselbewohner genauer Auskunft geben?

Matthias
Re: Aktueller und zu erwartender Seenebel ?
25. April 2017 00:22
So kommt Seenebel auf, hier 1989 bei der 225 Jahrfeier von/in Uummannaq - traditionelle Kajakregatta anläßlich des Ortsjubiläums ... mit plötzlich aufziehendem Seenebel
Die Berge im Hintergrund sind die Nuqsuag Halbinsel also einiges über 1000m hoch...


Wolfgang
Anhänge:
Öffnen | Download - Inuitpaddler-Seenebel.jpg (14.6 KB)
Re: Aktueller und zu erwartender Seenebel ?
25. April 2017 08:58
Moin,
in den Gewässern um Grönland beinflußt der Faktor EIS im Zusammenspiel mit wärmere Luft oder höher steigender Sonne die Nebelbildung. Das haben wir wohl nicht so oft in unseren gemäßigten Breiten. Bei uns sind es wohl eher die Übergangszeiten wie Frühjahr und Spätherbst die bei entsprechenden Unterschieden zwischen Luft und Wassertemperatur zu Nebel führen.
Wenn man das bei einer Tour berücksichtigt kann man auch selbst einschätzen was zu erwarte. Ist.
Gruß Jürgen
Re: Aktueller und zu erwartender Seenebel ?
26. April 2017 10:22
Moin!

In Vorhersagen solltest Du tiefe Wolken nicht mit Seenebel gleichsetzen, da die Bildungsmechanismen recht unterschiedlich und damit in den Wettermodellen auch unterschiedlich umgesetzt sind. Wenn Du etwas mehr Informationen aus Wettermodellen hast, kannst Du Dir die Relative Luftfeuchte in Bodennähe anschauen. Leider liefern die wenigsten Wetterdienste die mit (der DWD macht da keine Ausnahme). Was Dir bei der Beurteilung im Voraus hilft, sind die Temperaturen, und zwar die Luft und die Wassertemperatur. Seenebel (die klassische Form in Bänken) bildet sich, wenn die Luft von unten her so stark abgekühlt wird, dass sie den "Taupunkt" erreicht (wenn Du diese Info auch noch hast: super! Die geben Wetterdienste gerne mal mit an, z.B. in den Meteogrammen in www.wxcharts.eu). Um die Luft abzukühlen braucht es zwei Dinge: Eine große Temperaturdifferenz zwischen Luft (warm) und Wasser (kalt) und eine lange Verweildauer der untersten Luftschichten direkt über der Wasseroberfläche. Wind zerstört also jede sich bildende Nebelbank. Das heißt neben der Luft und der Wassertemperatur (die gibt's beim DWD oder beim BSH: www.bsh.de) und idealerweise noch dem Taupunkt (Wassertemperatur < Taupunkt liefert Nebelrisiko) schaust Du Dir noch die Windvorhersage an. Vereinfacht gesagt: "Wenn Wind, dann kein Nebel; wenn kein Wind, werden die drei Temperaturwerte interessant".

Das zweite Phänomen, dass Du angesprochen hast (Nebelfetzen bei Wind oder auch ohne) nennt man "Seerauch". Streng genommen ist das gar kein Nebel, da die Bildung hier andere Gründe hat. Seerauch bildet sich, wenn das Wasser wärmer ist als die Luft. Im Grunde sind das kleine "konvektive" Wolken (Cumuluswolken) direkt über der Wasseroberfläche. Diese können auch recht dicht werden und damit für den Kajakfahrer unangenehm, vor allem wenn, wie in obigem Post angedeutet, noch Eis im Spiel ist und die Luft damit deutlich kälter als das Wasser. Um die Sache "abzurunden", ist es dem Seerauch herzlich egal, ob Wind weht oder nicht (so lange er keine Sturmstärke erreicht winking smiley ). Die Bildung von Seerauch ist noch deutlich schwerer einzuschätzen als die klassische Nebelbildung. Deshalb wirst Du diese Information auch nur sehr selten im Wetterbericht finden.

Die beste Information über Nebelgefahr bekommst Du nach wie vor von professionellen Meteorologen. Also z.B. aus dem Seewetterbericht oder über die telefonische Beratung verschiedener Wetterdienstleister.

Ich hoffe, das hilft Dir ein bisschen weiter, wenn nicht, einfach nachfragen. smiling smiley Übers Wetter rede ich fast so gerne wie übers Kajakfahren. smiling smiley

Viele Grüße
Lars
Re: Aktueller und zu erwartender Seenebel ?
26. April 2017 11:49
Zitat
LarsKlueser
Vereinfacht gesagt: "Wenn Wind, dann kein Nebel; wenn kein Wind, werden die drei Temperaturwerte interessant".

Es gibt durchaus Seenebel (also Wasser kalt, Luft warm, Advektionsnebel) bei Wind. Er entsteht zwar "gerne" bei Windstille, da sich die Luft in Ruhe abkühlen kann, wird aber anschließend oft durch Wind in andere Regionen getragen. Ein typisches Beispiel:
[www.wetteronline.de]
Seenebel gibt es bei uns häufig im Frühjahr, wenn warme Luft auf die noch kalte Nordsee trifft. Im Herbst dagegen bildet sich Seerauch.
Die Vorhersage ist nicht einfach, da 1 Grad +/- schon darüber entscheiden kann, ob der Taupunkt unterschritten wird. Und dann geht es ganz schnell...
Die Segler kennen sich da ganz gut aus, eine Patentlösung haben die aber auch nicht. Also ruhig mal üben und mit Kompass navigieren. Nützt natürlich nichts, wenn der Autotransporter in Sichtweite ist, also weg von der Fahrrinne.
Re: Aktueller und zu erwartender Seenebel ?
26. April 2017 12:08
Du hast natürlich recht mit der Verfrachtung (Advektionsnebel). Allerdings funktioniert diese Verfrachtung tatsächlich nur bei sehr geringen Windgeschwindigkeiten (unter Umständen bis 2 Bft, typischerweise eher darunter) und zur Bildung muss die Luft ruhig über Wasser gelegen haben (oder die Wassertemperatur über einen sehr großen Bereich gleich sein). Sobald die Windgeschwindigkeiten etwas höher werden, übernimmt typischerweise bodennah Turbulenz das Regime und löst die Nebelbänke auf. Da hab ich mich in dem Zitat etwas platt ausgedrückt. winking smiley
Allem anderen kann ich nur vorbehaltos zustimmen.
Im Trüben fischen - Kleine Nebelkunde
29. April 2017 14:27
Hallo Rudi,


Seenebelvorhersage ist schwierig und birgt immer eine Fehlerquote in sich. Während Vorhersagen für andere Wetterelemente, wie z. B. Wind, seit Jahren eine hohe Trefferquote aufweisen, ist die (See)Nebelvorhersage nach wie vor ein Bereich mit ein paar Fragezeichen: zu viele nötige Vorbedingungen und zu viele lokale Effekte spielen da hinein. (Sollten Leute auf Punktvorhersagen schwören, die Geschichte von den „Stadtviertelvorhersagen“ aufwärmen usw., glaub ihnen nicht: das sind Schwätzer.) Man kann vorhersagen, daß für ein bestimmtes Gebiet an einem bestimmten Tag Seenebel wahrscheinlich sein wird; aber das willst Du ja nicht wissen. Du willst wissen, ob an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit Seenebel aufzieht oder nicht; das wird Dir keiner sagen können. Fachleute haben hervorragende Computerprogramme dafür ausgetüftelt, aber gelöst ist das Problem bis heute nicht.

Die Voraussetzungen für Seenebel sind schon genannt worden: Feuchte, warme Luft zieht über kaltes Wasser. Genau genommen muß die Taupunkttemperatur der Luftmasse höher sein als die Wassertemperatur. Die Taupunkttemperatur oder kurz „Taupunkt“ wird nicht gemessen, sondern aus den gemessenen Temperatur- und Feuchtewerten errechnet (es gibt dicke Bücher dazu). Manche Vorhersage-Rechenmodelle sagen auch den Taupunkt vorher; doch schon hier ist Vorsicht und der Vergleich mehrerer Modelle angebracht, denn auch die Vorhersage des Taupunktes kann von Modell zu Modell um plusminus 1 Grad schwanken - zu viel, um eine sichere Entscheidung zu treffen.

Wir sprechen von verschiedenen Arten der Seenebelbildung:

Auf der Deutschen Bucht ist öfter Nebel anzutreffen, der sich nachts auf dem Festland gebildet hat und und mit dem schwachen Wind aufs Meer hinaus driftet. So ist es gar nicht selten, daß sich über den Feuchtwiesen der holländischen Provinzen Friesland und Groningen nächtlicher Nebel bildet, der mit Südwestwind als breites Feld die Ostfriesischen Inseln und die Deutsche Bucht mit Helgoland überzieht. Satellitenbilder und/oder Webcams bzw. Wettermeldungen um Leeuwarden und Groningen dürften diese Lage beurteilen helfen. Der Wind muß dabei nicht stark sein, 1-2 Beaufort reichen. Solange die Sonne nicht hochgestiegen ist und den Nebel in Holland wegheizt, hast Du gleichmäßigen Nachschub bis in die Mittagszeit hinein. Frischt dabei der Wind auf, verwirbelt die unterste Luftschicht mit höheren (kühleren oder trockeneren) Luftschichten, und der Nebel wird förmlich „zersetzt“.

Der „wirkliche“ Seenebel entsteht, wenn, wie oben geschrieben, feuchtwarme Luft übers frühjahrskalte Wasser zieht: dann bildet sich der Nebel direkt auf dem Wasser. Manchmal kündigt sich schon am Abend zuvor durch rasch verdichtenden Dunst auf offener See so ein Nebelfeld an, das sich in der Nacht erst bilden wird. Dabei ist selten die ganze Deutsche Bucht betroffen: oft bildet sich nur in einer Region ein großes Feld, während andere Bereiche nebelfrei bleiben. Winzige Temperaturunterschiede des Wassers, dünne Feuchteschlieren der Luft entscheiden über Bildung oder Nichtbildung, über dichte Suppe oder einzelne Fetzen. (Diese kleinsten Schwankungen der Vorbedingungen sind es, die die Prognose so schwierig machen: wie soll man das vorausberechnen?) Bei dieser Nebelart muß es nicht zwingend windstill sein: auch 2-3 Beaufort sind möglich und manchmal sogar förderlich, denn wenn diese Luftmasse bodennah verwirbelt, wird ja immer neue feuchtwarme Luft aufs Wasser gedrückt - es bildet sich also immer neuer Nebel; die berüchtigten „Neufundlandnebel“ entstehen so. (Starker Wind löst aber auch diesen Nebel auf.) Der Regelfall im Spätfrühling ist nachts sich auf der Deutschen Bucht bildender Seenebel, der vormittags mit dem Nordwestwind in die Lüneburger Heide und die Altmark „hineinbrandet“, oder mit dem Westwind über Schleswig-Holstein bis weit in die Ostsee getrieben wird.

Es gibt auch Mischformen. Tritt z. B. der Südwestwind, der den holländischen Festlandnebel aufs Meer treibt, auf der Vorderseite eines Tiefs über England auf, so wird mit dem Wind zugleich "per se" feuchte Warmluft auf die Nordsee gelenkt. Bei so einer Wetterlage ist im Frühjahr nicht nur mit herantreibendem Nebel zu rechnen, die feuchte Warmluft sorgt für stete Neubildung auf dem Wasser. Solange das Tief nicht durchzieht und damit der Wind auffrischt und/oder die Deutsche Bucht auf die Tiefrückseite kommt, bleibt der einmal gebildete Seenebel bestehen. Ähnlich wirkt ein ausgedehntes Hoch über Mitteleuropa, womöglich mit Kern über Ost-Mitteleuropa: es lenkt von Süden her in langsamem, stetigem Strom feuchtwarme Luft auf die Nordsee. Dort ist es dann windschwach, mild, vielleicht sogar sonnig - und zugleich treiben je nach Windrichtung dicke Nebelfelder von See an die küstennahen Inseln.

Auf der Ostsee wirkt manchmal der einsetzende Seewind „nebelfördernd“: wenn das warme Festland den kühlenden Wind von See ansaugt, zieht es auch dessen Nebelfelder an - dann kommt bei gerade bei schönstem Frühjahrssonnenschein mit einem Schlag Nebel auf, der früh noch Dutzende Kilometer weit „draußen“ gelegen hatte. Auf der Nordsee dürfte der Effekt auch so wirken und zeigt, wie vielgestaltig das Problem ist.

Das sind noch nicht alle Nebelarten. Wolfgangs Bild z. B. zeigt wunderschön „Seerauch“, der entsteht, wenn sehr kalte, trockene Luft, vom Gletscher kommend, über warmes Wasser strömt. Da hier die Nebenbildung ausschließlich dicht an der Wasseroberfläche stattfindet, darf der Wind dabei nur schwach sein: jede stärkere Bö, die trocken-kalte Luft „von oben“ aufs Wasser herunterholt, läßt den Seerauch schmelzen.* Im Binnenland an frostigen Herbstmorgen zu sehen, wenn Seen und Flüsse „dampfen“, ist dieser Nebel für Nordseepaddler unerheblich. Wichtig für uns sind die zwei oben genannten Formen.

Wie sagt man das nun vorher?

Hier gehe ich auf dünnem Eis, denn wer damit zu tun hat, nutzt so viele interne, nicht öffentlich verbreitete Computerprogramme, daß er wenig Überblick über die frei verfügbaren hat. Ich selbst schaue mir als Binnenpaddler vorher eine Grobprognose „Regen oder nicht Regen“ an und urteile dann während der Fahrt mit Kompaß und allen meinen Sinnen, nutze also den Segen des Internets kaum und kann wenig Greifbares beitragen smiling smiley Natürlich gibt der Seewetterbericht des DWD Auskunft über die Lage (klick auch oben rechts bei „Mehr Nord- und Ostseewetter“!) und, glaube ich, auch über Seenebel - genau weiß ich es nicht, ich bin, wie gesagt, Binnenpaddler. (Daß der Bericht die letzten Tage nichts davon schrieb, liegt daran, daß wir das Gegenteil von Seenebel hatten: Aprilwetter...) Einen weiteren Anhaltspunkt geben Satellitenbilder, wie sie z. B. Kachelmannwetter oder Wetter.com anbieten. Bereits vorhandene Nebelfelder kann man hier erkennen und sich im Film die Zugrichtung anschauen - solange keine höher liegenden Wolken den Blick zum Boden verdecken.

Den Taupunkt rechnen mehrere Modelle voraus. In der "Wetterzentrale" kann man sich solche aussuchen, z. B. das amerikanische GFS-Modell: GFS (links oben) --> 2 Meter Taupunkt (ein kleiner Knopf in der Kopfleiste) --> 00, 06, 12 anklicken, das sind die Stunden, die vom Startzeitpunkt des Modells in die Zukunft gerechnet wurden. „06“ heißt also: sechs Stunden vom „init“-Zeitpunkt nach vorn. Klick Dich durch und probiere auch andere Modelle aus! (Taupunkt = Dew Point.) Ähnliche Spiele kannst Du in der Modellzentrale treiben. Jedes Land legt in seinem Modell das Augenmerk auf Erscheinungen, die für die Bürger besondere Bedeutung haben, weshalb die einzelnen Modelle in kleinem Rahmen differieren. Nur die Zusammenschau mehrerer Modellrechnungen ermöglicht realistisches Abschätzen: gehen mehrere Modelle in die gleiche Richtung, ist die gezeigte Entwicklung wahrscheinlich. Laufen die Ergebnisse alle auseinander, bist Du (und auch der Fachmann) genauso schlau wie vorher. Die Aussage „Das xy-Modell ist das beste, das haut immer hin“ ist ebenso viel wert wie der Satz „Ich tippe immer die 13, das hat mir schon viel Glück gebracht“. Kann durchaus klappen; muß nicht.

Zur Wassertemperatur hat Lars Klüser schon den Link zum BSH geliefert:BSH.de --> Sport und Freizeit --> Baden und Meer --> Nordsee. Die Wassertemperatur ändert sich von Stunde zu Stunde nur träge, die Karte ist also für einen Tag recht aussagekräftig.

Viele Modelle berechnen auch die Bedeckung mit „tiefen Wolken“. Dies nützt Dir wenig, denn es schließt nicht nur Seenebel, sondern auch Wolken mit 50, 100 und 150 Meter hoher Untergrenze ein. Nur wenige Modelle haben den Mut, aufliegende Wolken, also Hochnebel oder Nebel, öffentlich vorherzusagen. Die Universität Warschau macht seit ein paar Jahren diesen Versuch: www.meteo.pl --> oben auf die britische Flagge gehen --> die hellbraune Zeile „Model UM“ anklicken --> in der dünnen dunkelbraunen Zeile „Detailed Maps“ anklicken --> in der Spalte der Wetterelemente kannst Du dann klicken: „fog“ ist eine konzentrierte Teilmenge von „visibility“, hilft quasi bei der „Ja-Nein-Aussage“; ebenso die Spalten „relative humidity wrt water“ und „very low clouds“, die drei im Verbund ermöglichen schon eine Abschätzung der Verhältnisse. (Tip für Ostseepaddler: auf der Startseite oben auf die britische Flagge gehen --> „New weather maps service available at: maps.meteo.pl.“ anklicken --> in der Spalte rechts „UM 1,5 km“ anklicken --> es öffnet sich ein feinmaschig berechnetes Computermodell, das u. a. Mittelwinde und Böen für die deutsche, polnische und schwedische Ostseeküste vorhersagt.) Eine Bitte dabei: vertraue auch hier nicht blind auf Berechnetes! All die oben erwähnten Einschränkungen gelten auch für dieses Modell, und so oft die Nebelberechnung präzise eintrifft, so oft liegt sie auch mal daneben. Es ist eine wertvolle Hilfe für Abschätzung und Entscheidungsfindung. Mehr nicht.

Und noch eine generelle Einschränkung: Länger als fünf Tage im Voraus rechnet kein Computermodell eine Vorhersage hinreichend zuverlässig. Jeder Tag im Voraus vergrößert die Fehlermöglichkeiten etwas mehr, so daß bei Vorhersagen länger als fünf Tage „nach vorn“ die Grenzen zwischen Meteorologie und Psychologie verschwimmen, will sagen: Glaube versetzt Berge. Vielleicht werden die Programmierer in zehn Jahren an dem Punkt weiter sein, aber derzeit sind Vierzehn-Tage-Vorhersagen oder gar Jahreszeitprognosen, mit denen einige „Meteorologen“ gutes Geld verdienen, in meinen Augen Scharlatanerie. Beschränken wir uns auf das Machbare und überlassen wir den Rest der Vielfalt der Natur.

Die von U. B. genannte 0900-Nummer kostet übrigens 1,24 Euro pro Minute und endet nicht in Helgoland, sondern in Hamburg.

Ich bin kein Seemeteorologe. Vielleicht schreiben ein paar Kollegen vom Seewetteramt etwas dazu, einige von Euch paddeln ja auch. Nehmt Ihr Seenebel in den Bericht?


Das mal so als grobe Anhaltspunkte. Wohlan, gute Fahrt und klare Sicht dabei!

Gernot


* Seerauchschwaden und Quellwolken sehen sich zwar ähnlich, entstehen aber auf verschiedenen Wegen. Während für Quellwolken / Cumuluswolken warme, feuchte Luft durch Konvektion in so große Höhen aussteigt, daß sie kühl genug ist, um eine Luftfeuchte von 100 % zu entwickeln, kommt bei Seerauch die Abkühlung, die zur Kondensation führt, durch unmittelbaren Wärmeaustausch zwischen Luft und Wasser auf den untersten 2-5 Metern der Luftschicht zustande. Eine Hebung der Luftmasse ist nicht nötig, sie stört eher nur. (Theoretischer Kleinkram, aber so wird eben Seerauch draus und kein Gewitter smiling smiley ) Ansonsten sind die Bildungsarten, sprich Kondensationsvorgänge natürlich gut vergleichbar. - So, genug Korinthen gekackt. Hals- und Beinbruch für Deine Fahrt!
Re: Im Trüben fischen - Kleine Nebelkunde
29. April 2017 19:44
Moin moin zusammen,
wenn man das Alles für die Tourvorbereitung gemacht hat, ist der Tag um.
Schöne Grüße,
Tomas.
Re: Im Trüben fischen - Kleine Nebelkunde
03. Mai 2017 22:33
Moin,

@alle
Danke für Eure Posts zum Thema "Nebel" !

@Palmström
Wow, besonderer Dank für Deine Antwort, Wahnsinn, wieviel Zeit Du Dir genommen hast, DANKE !

Ergänzend hat mir ein segelnder Arbeitskollege ein Exemplar des Buches "Seewetter" vom Autorenteam des Seewetteramtes ausgeliehen.

Da behandelt Kapitel 12 das Thema "Nebel", aufgeführt werden verschiedene Nebelarten und ihre Entstehung:
- Warmwassernebel
- Arktischer Seerauch
- Front- und Verdunstungsnebel
- Mischungsnebel
- Strahlungsnebel
- Hochnebel duch Ausstrahlung
- Advektionsnebel

Puh, ganz schön viel Auswahl für einen Nicht-Meteorologen.

Was nehme ich also aus diesem Thread zum Thema "Nebel" für mich als Laien mit?

Vielleicht soviel:
Viel Wind, eher wenig Nebel-Wahrscheinlichkeit.
Ansonsten: Morgens Zelt aufmachen und rausschauen.
WebCams vom beabsichtigten Gebiet checken.
Seewetterbericht checken.

Was mache ich, wenn ich trotzdem von Nebel im Wattenmeer überrascht werde:
Ran an die Wattkante, da werde ich hoffentlich nicht von irgendeinem Dampfer überfahren.

Auf offener See:
Weiter nach Kurs paddeln und schön die Ohren offenhalten.

Gute Fahrt,
Rudi
Kurzorientierung - Spreu vom Weizen
04. Mai 2017 08:56
Zitat
ruditi
- Warmwassernebel
- Arktischer Seerauch
- Strahlungsnebel
- Hochnebel durch Ausstrahlung

Im Frühjahr unwahrscheinlich, überlies es.


Zitat
ruditi
- Front- und Verdunstungsnebel

Wichtig, wenn Du während des Paddelns in das Regenfeld einer starken Warmfront kommst. Aber dann hast Du noch ganz andere Probleme.


Zitat
ruditi
- Mischungsnebel
- Advektionsnebel

Die beiden Punkte sind wichtig, siehe oben.


Laß Dich nicht entmutigen smiling smiley Viel Erfolg auf der Tour!

Gernot


PS. Das Buch ist gut, aber sehr umfänglich. Etwas für lange Winterabende am Kamin.
Re: Kurzorientierung - Spreu vom Weizen
04. Mai 2017 10:25
Hallo Gernot,

Danke für die guten Wünsche !

Mein Plan A für Helgoland ist derzeit:
Nächste Woche, Freitag, 12.05., ab Neuwerk.

Hoffe, dass sich die Langfrist-Wind/Wellen-Prognose stabilisiert, da ich nach Cuxhaven knapp 700km Anreise habe.

Mein Trainingsstand ist, denke ich, OK. Bin in meiner Jugend an Land einige Marathons und Ultra-Langstrecke gelaufen, hab mein Paddel-Training daran angelehnt.

Bei den Vorbereitungen bin ich noch auf die Drachen-Variante gestoßen, habe mir jetzt einen Einleinen-Drachen bestellt, der kommt mit. Mal sehen, ob der im dann real existierenden Wind mitmachen darf ...

Ach ja, einen Bericht werde ich hier im Forum posten, vielleicht auch mal zwischendurch, da ich Urlaub bis 20./21.05. habe und den Gesamt-Ablauf der Fahrt selber noch nicht kenne, nur mein Fahrtenrevier. Ungefragte "Insider"-Ankündigungen (siehe oben) über Pläne anderer Leute vermeide ich selber lieber, könnte als grobe Unsportlichkeit gewertet werden. Berichte über meine eigenen Unternehmungen schreibe ich gerne und zwar dann, wenn ich den Zeitpunkt für geeignet halte und mich, ohne Druck, dabei auch noch wohl fühle ;-)

Danke für Eure Unterstützung!

Ahoi,
Rudi
Re: Im Trüben fischen - Kleine Nebelkunde
17. Februar 2021 15:25
Neues vom Nebel in der Deutschen Bucht:

Windy prognostiziert aktuell keinen Seenebel, dafür niedrige Wolken, Meteo.pl hat den Nebel vorhergesehen, die Webcam auf Helgoland sieht den Nebel bzw. fast nichts.

Fand ich interessant, wie die Meinungen auseinandergehen bzw. was man alternativ als Filter bei Windy einstellen könnte, um Nebel zu finden. Das hatten Palmström und andere ja schon vor drei Jahren sehr schön beschrieben (siehe oben), hatte es in der Zwischenzeit aber wieder vergessen ;-)
Anhänge:
Öffnen | Download - 20210217_151758_Nebel_oder_nicht___das_ist_hier_die_Frage_.jpg (136.2 KB)
Re: Im Trüben fischen - Kleine Nebelkunde
17. Februar 2021 17:00
Bezüglich Seenebel halte ich mich gerne an den Seewetterbericht. Die haben das ganz gut raus. Ok, die dort beschriebenen Gebiete sind natürlich recht grob... wenn ich mich recht erinnere...


***

"Die Welt wäre ohne Euch ohne Euch."
(Helge Schneider)

*****

Persönliche Kontaktmöglichkeit jederzeit über PN.
Re: Im Trüben fischen - Kleine Nebelkunde
19. Februar 2021 09:17
servus,

bei windy werden die Vorhersagen mehrerer Wettermodelle dargestellt, jedes Wettermodell liefert viele Wetterparameter (Temperatur, Wind, Sichtweite, Wellenhöhe ...) aber nicht jedes Modell liefert Nebel bzw Sichtweite.

Den Parameter Nebel liefert bei windy das Modell ICON-EU
Das Modell ECMWF liefert den Parameter Sichtweite. Eine Sichtweite unter 1000m ist dann eben Nebel.

der Parameter "niedrige Wolken" hat mit Nebel meist wenig zu tun.

Wettermodelle tun sich häufig schwer mit der Vorhersage von Parametern in Bodennähe. Am besten funktionierts in etwa 5km Höhe;-))

Eine Möglichkeit Modellvorhersagen zu verbessern ist die Verbindung mit statistischen Wetterdaten für einen Ort (Stichwort MOS oder MOS-Mix beim DWD).
Ich hab keine Ahnung wie gut MOS auf Helgoland funktioniert. Ich komm aus den Alpen und dort erleichtert MOS die Vorhersage von Sichtweite und Wolkenuntergrenze erheblich.

Kachelmann MOS Helgoland inkl Sichtweite

by Horst

PS: Gernot hat in diesem Thread 2017 eine die sinnvolle Nutzung von Wettermodellen auf etwa 5 Tage beschränkt.
Ich würd heute, 4 Jahre später immer noch dabei bleiben.
Bei Parametern die schwer vorherzusagen sind, dazu gehört der Nebel ganz sicher, liegen wir für die nächsten 24 Stunden gar nicht so selten daneben.
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