Lieber Gernot, liebe anderen Anhängerinteressierten,
als ich meine Paddelkarriere vor rund 9 Jahren begann, konnte ich mir noch kein Auto leisten und da Not erfinderisch macht, habe ich mir auch einen Fahrradanhänger gebaut, um mein Boot zum Wasser zu transportieren. Zugegebenermaßen ging es dabei nur um Wildwasserboote, die an die Isar transportiert werden mussten, das Seekajak habe ich erst seitdem ich auch ein Auto habe und die Seen sind leider auch nicht in Fahrradentfernung, zumindestens nicht mit Anhängelast.
Die Probleme, die sich beim Betrieb ergaben, hatten ihren Ursprung jedoch in der Länge der Boote, die transportiert wurden und insofern sind meine Überlegungen evtl. auch für die Konstruktion eines Seekajakanhängers anwendbar.
Auch Anhänger durchlaufen eine Evolution und insofern stellt der derzeitige Anhänger den bisherigen Höhepunkt meiner laienhaften Entwicklungen dar. Nichtsdestotrotz ist er derzeit kaputt und muss repariert werden, auf die Ursachen und mögliche Lösungen komme ich später zurück. Die Konstruktion will ich kurz umreißen: Der Anhänger besteht aus einem Rahmen mit rd. 90 cm Länge und ca. 50 cm Breite. Dieser ist aus Alu-Vierkantrohren (30 x 30 x 3 mm) aufgebaut, die an den Ecken von je 2 Aluwinkeln (Materialstärke 3 mm) zusammengehalten werden. Auf den Rahmen sind 2 Zölzerträger montiert und im Bereich des Schwerpunkts des transportierten Boots befindet sich die Achse. Links am Rahmen ist die Deichsel befestigt, die zum Fahrrad führt und wie ein Kinderanhänger (da sind auch die Räder und die Kupplung her) seitlich befestigt wird. Die Deichsel besteht aus einem Alurohr 30 x 3 mm, vorne ist ein Winkel von 45°, dass man auch um die Kurve fahren kann. Der Winkel ist geschweißt. Biegen ist nur in Großserie vernünftig, weil die Kosten zum Einrichten der Maschine enorm sind. Das Schweißen hat seinerzeit etwa 10 Euro gekostet. Das Gewicht liegt bei ca. 8 Kilo.
Mein Erfahrungen: Der Rahmen ist sehr robust und steif, eine Stahlkonstruktion ist hier nicht notwendig. Das Problem liegt in der Deichsel, bzw. in deren Befestigung. Als ich das Ding gebaut habe, wollte ich die Deichsle abnehmbar machen, um es möglichst platzsparend verstauen zu können. Insofern stellte ich eine Aluhülse her, die ich im Rahmen befestigte und auf die ich die Deichsel aufstecken konnte und dann verschrauben. Funktioniert auch und zwar genau ein mal. Nach schon einer Fahrt bringt man das Ganze nicht mehr auseinander, auch mit Werkzeug nicht (Ausnahme: Säge). So weit so gut, dummerweise brach diese Hülse ein paar Monate später ab und zwar an einem der Löcher, durch das die Schrauben zu Befestigung geführt werden. (Heimradeln mit Bootsspitze in der Hand ist relativ wenig erfreulich). Das Ganze ließ ich dadurch reparieren, dass ich die Deichsel am Rahmen festschweißen ließ. Hielt leider auch nicht ewig (aber schon ein bis zwei Jahre länger als die Vorgängerkonstruktion), deswegen besteht wieder Reparaturbedarf.
Schadens- und Ursachenanalyse: Durch die Hebelwirkung scheinen doch recht große Momente und daraus folgend Kräfte zu wirken, und zwar insbesondere im Bereich der Deichsel. Diese gibt dann bevorzugt an Schwachstellen nach, wie beispielsweise Schweißnähte oder auch Löcher (--> Spannungsspitzen). Überschlägig bin ich in meinem Fall auf Momente von rd. 500 Nm gekommen, da ich aber nur Naturwissenschaftler mit begrenzter Bildung in technischer Mechanik und leider kein Ingenieur bin, muss das nicht zwingend stimmen. Is auch wurscht, im Fall eines Seekajaks dürften diese bei einer derartigen Konstruktion im Bereich des doppelten bis 2,5-fachen liegen und damit noch wesentlich größere Schwierigkeiten mit sich bringen.
Die Folge für mich heißt, dass die Befestigung zur Deichsel beim nächsten Versuch aus einer Stahlhülse hergestellt werden muss (wahrscheinlich ist CroMo am vernünftigsten, Edelstahl ist zu spröde; Konstruktive Einwände nehme ich gerne und dankend entgegen und letzten Endes wird die finale Auswahl wohl sowieso durch das Angebot in der Metallhandlung bestimmt), die auch möglichste weitt in die Deichsel hineinragt, um diese im kritischen Bereich (nahe des Rahmens) zu verstärken. Mit zunehmender Entfernung zum Rahmen werden die aus dem Moment resultierenden Kräfte geringer (Hebelgesetz), weswegen ich die vordere Schweißnaht beim Winkel nicht als gefährdet ansehe. Berechnung oder idealerweise FE-Simulationen stehen dazu aber noch aus ;-)
Die Folgen für einen theoretischen Anhänger zum Transport eines Seekajaks heißen für mich:
- Das Boot darf nicht nur in der Mitte auf dem Anhänger befestigt werden, sondern muss gleichzeitig als Versteifung der Deichsel dienen (in meinem Kontext leider nicht möglich). D.h. das Boot muss, wie in Gernots Fall an seinem Ende mit der Deichsel starr verbunden werden. Bei Gernots Konstruktion sehe ich nun folgende Probleme, die ggf. auch zum Versagen der Deichsel führen könnten:
Es können nur horizontale Kräfte aufgenommen werden. Um vertikale Kräfte aufzunehmen (die definitiv auch auftreten und zwar in ausreichender Menge), müsst die Verbindung zwischen Deichsel und Holzstück Momente aufnehmen können, was a) sie nicht kann und b) vermutlich weitere Schwierigkeiten mit sich bringen würde (z.B. Torsion der Deichsel).
Ein weiteres Problem sehe ich darin, dass das Holzstück direkt vor einer Verbindung (= Schwachstelle) angebracht ist. Der Hebel ist kurz, die resultierenden Kräfte hoch. Da die Verbindung offensichtlich geschraubt oder genietet ist, werden dort an den Löchern zudem Spannungsspitzen auftreten, die wohl nicht nur die Streckgrenze des Materials übersteigen.
Was tun? Im Konkreten Fall würde ich versuchen, die gesamte Konstruktion durch ein zweites Stück Holz irgendwo zwischen dem bereits installierten und dem Rahmen des Anhänger weiter zu versteifen und damit dsa Boot etwas mehr zu belasten und im Gegenzug die Deichsel zu entlasten. Gegen die vertikalen Kräfte kann man wohl im Rahmen einer Konstruktion mit einer seitlich liegenden Deichsel nicht viel machen.
Für eine Neukonstruktion würde ich persönlich folgende Punkte in meine Überlegungen mit einbeziehen. Es gibt aber mit Sicherheit auch andere funktionierende Lösungen:
- Der Rahmen kann aus Aluminium in ausreichender Materialstärke gebaut werden.
- Die Deichsel sollte aus einem Stahlrohr gebaut werden, möglichst aus einem Stück (mit Schweißnähten an den erforderlichen Winkeln wird man wohl leben müssen, aber diese können ja ausreichend dimensioniert werden, es besteht ja kein Platzmangel). Kein Edelstahl, weil zu spröde. Und ein bisserl Rost gehört eh dazu, sonst schaut's unbenutzt aus
- Die Verbindung zwischen Rahmen und Deichsel sollte bestenfalls über zwei Punkte erfolgen, z.b. an der vorderen und der hinteren Querstange des Rahmens. Befestigung am besten mittels verschraubtem Stahlwinkel.
- Eine Konstruktion mit unter dem Kiel des Boots verlaufender Deichsel (und folglich Befestigung an der Sattelstütze) ist eindeutig vorzuziehen, da nur so horizontale und vertikale Kräfte von der Deichsel zum Boot übertragen werden können und dadurch ein Aufschaukeln möglichst effizient reduziert wird. Ob das Boot an ein oder zwei Punkten befestigt werden muss, kann ich nicht abschätzen, aber da kann man ja ein bisschen herumprobieren. Radfahrer sind recht sensible Messinstrumente in Bezug auf ungewollte Schwingungen des hinterhergezogenen Kajakanhängers.
- Eine Deichsel, die nur mit dem Boot und nicht mit dem Rahmen verbunden ist, halte ich durchaus für denkbar, die Verbindung zwischen Boot und Deichsel sollte dabei aber idealerweise ohne jedes Spiel ausgeführt sein, sonst erkauft man sich damit nur Nachteile.
Zugegebenermaßen ist München kein besonders heißes Pflaster, und insofern konnte ich glücklicherweise nie ein besonders liberales Verhältnis meiner Mitmenschen zum Eigentum anderer Leute feststellen. Zu deutsch: Abhanden gekommen ist mir nie etwas, auch wenn ich die Konstruktion an einem schönen Sommertag (wo auch viele andere Leute unterwegs waren) in den Isarauen mit einem langen Kabel an einen Baum gesperrt habe. Wasserdichte Säcke mit den trockenen Klamotten drin kann man auch Absperren (mit einem Verhängeschloss - stellt zwar technisch kein großes Hindernis dar, aber ist zumindestens eine geistige Hürde und das reicht ja häufig schon) und Geld hatte ich nie viel dabei, bzw. nahm es mit aufs Wasser, ebenso wie den Schlüssel. Schließlich muss man ja auch sein Schloss wieder auf kriegen.
Einmal kam es jedoch zu folgendem Vorfall: Es war schon dunkel, ich habe meinen Anhänger bereits ans Fahrrad angehängt (nachdem er mir vorher schon aus der Hand gerutscht und mitten in den Hundsdreck gefallen ist). Ich steige auf, trete in die Pedale und stelle zu meiner Freude fest, dass diese keinen Widerstand bieten und zu meinem Bedauern, dass sich auch nichts bewegt. Bei näherer Betrachtung muss ich feststellen, dass mein Fahrrad keine Kette mehr hat und hege bis zum heutigen Tag den Verdacht, dass sich diese wohl nicht von selber verabschiedet hat, da sie ja bei der Herfahrt noch da war und auch keinerlei Anzeichen eines bevorstehenden Versagens anzeigte. Da man leider mit einem 4 m langen Gespann aus Rad und Boot die U-Bahn nicht als Alternative für den Heimweg nutzen kann, gab es halt noch einen schönen Abendspaziergang über rd. 10 km. Außer der Kette hat aber nichts gefehlt.
Viel Spaß beim Basteln, radeln, usw.
Peter