MOIN,
was ist Wind?
Eigentlich leicht nachzuvollziehen.
Boot aufs Autodach, leere Koppel suchen, Paddel anständig beschweren und dann mit dem Expanderkabelbelasteten Paddel oben auf dem Autodach bei orkanartigen Winden und möglichst eimerweisen kalten Regen über die Koppel brettern lassen.
Wir Norddeutschen haben auch manchmal unterschwellige Erklärungsweisen, die überhaupt kein bischen übertreiben, sondern sehr untertrieben sind und dennoch ohne betonende Worter auf stillem Wege das bezweckte erreichen.
Beispiel: Auf Hooge läuft ein von absoluten Laien, dennoch gut durchdachter Film über das, was wir Landunter nennen.
Man sieht dort u.a. folgende Aufnahme: spielende Kinder an einer Rutsche am Warftfuß. Warft , lokal auch Wurt oder Warf, ist der aufgeworfene Wohnhügel, (dessen Kern übrigens früher festgetretener Dung mit Auflagen aus schwerem Klei war), der das Haus vor allzuschlimmen retten soll.
Als der Wind einsetzt und das Meer sehr zügig über den flachen Sommerdeich kommt sowie schnell aus den Gräben über die Wiesen quillt, steht schnell ein halber Meter Wasser auf der Wiese.
Im Rythmus von Windböen und Welle schwappt dieses Wasser Kinderbadewannenweise die gesamte Rutschbahn ca 2,50 Meter hinauf und schießt dann schwappweise am oberen Leiter über die obere Kante horizontal ins Nichts..
Der Winddruck und das Böengeschwabbel sprechen ohne Worte für sich, die Aufnahme zeigt weiterhin ohne lange Erklärung, wie die Sicht stark herabgesetzt wird und dann wird es auch zum Filmen schwierig...
Hier vor der Haustür nutze ich jeden lokalen Sturm zum Ausritt im Kayak. Einige Male hat mich die Wapo bei 9 Bft. und 11-er Böen erwischt und verscheuchen wollen.
Meine Erfahrung bei Böen: beim Stützen fielen die Paddelaktion so hart aus, daß ich Angst hatte, mein Arm oder Paddel bricht. Entscheidend ist die Hüftarbeit, sie ist spontaner und schneller als jede Paddelaktion, zumal in Letzteres die Böen unangekündigt hineinschlagen.
Im Kenterfall ist es gut, unten kurz die Ruhe zu genießen, erstens ist der Stress dann oben in der Spitze vorbei und zweitens konzentriert man sich auf eine hammerstarke Rolle, denn was oben kommt, weiß man nicht.
Zum Rollen: Wir haben in Polobooten auf Pfiff während der Fahrt dutzende Male kurz hintereinander zu beiden Seiten rollen müssen, das übt der Schlaue auch blitzschnell im Seekayak. Man muß noch Restfahrt draufhaben, wenn man hochkommt.
Richtig kann man sie erst, wenn auf dem Vordeck und Achterdeck je ein festgeklammerter Paddler mitrollt. Wer erst denkt, sein Paddel in Position legt, hat schnell auf See verloren.
Ich habe das auch lange vernachlässigt, aber es ist überlebenswichtig, wenn man alleine paddelt.
Und die Rollerei ist im übrigen überhaupt keine Möglichkeit, den Sturm oder die Böen zu mildern. Je besser man paddelt, bei Sturm flach, ggf. legt man sich ganz flach auf das Boot, hält mehr aus.
Wichtig ist ein sehr enger Sitz im Boot, ganz fest, völlig ohne jegliches Spiel, jeder Schlupf ist zuviel.
Deshalb steige ich dann nur in den Sirius S, auf Maß, der so eng wie mein Poloboot sitzt oder wie mein gefitteter Hurricane. Ebenfalls sehr sicher fühle ich mich im Skerray, der mir mit doppelt-hohem Schaumsitz eng paßt und vom Rumpf her eine absolut spitzenartige Führung im Wasser bietet. Beide Boote haben natürlich Pumpen, doch sind beide auch gut ohne Spritzdecke und mit Wasser im Sitzlukenraum zu fahren. Sehr enger Sitz, sehr wenig Pendelwasserraum, gute Führungsflächen und ein niedrieger Süllrand sowie gute Rückenfreiheit halte ich für überlebenswichtig auf See. Der Sturm vor der Haustür bietet die Chance zum Überlebenstraining für den worst case.
Hineinfahren in den Sturm oder in eine Bora wäre dennoch lebensgefährlich.
Selbst hiunter der Wattaußenkante, im landseitigen Priel, kann eine einzige Welle den starken Seenotkreuzern das ganze Achterdeck eindrücken.
Die Reflexwellen an der Betonfußsicherung der Westseite Helgolands führen zu Klapotis, da regnet es Steine auf dem hohen Oberland, die der Wind mitreißt. Die Geschwindigkeit der hochschiessenden Wellen ereicht annähernd Schallgeschwindigkeit. Man sollte mal auf Helgoland Urlaub machen, ich war ne Woche da, mein Vereinskamerad als Forscher ein Jahr. Es knallt so richtig, wenn auf See der Watz abgeht, es ist kaum vorstellbar, die Brandungsterassen vor Helgolands Westseite sind absolut unfahrbar, dort stehen ständig kippende Brecher von 4 bis 7 Meter Höhe ohne Werbeaufschlag, je nach Tiefenbereich, an. Vor Sylt übrigens draußen statt berechneter 7 m echte 9 m, in einer zehnjährigen Untersuchung als gesichert erforscht.
So kann ein kleines flaches Randmeer sehr viel ungemütlicher werden, als man zu denken wagt. Man sieht das auch gut in Tönning beim reality-Doumentarfilm vom Untergang der brennenden Pallas. Die Hilfsschiffsbesatzungen Scharhörn/Neuwerk/Schlepper konnten kaum arbeiten, da sie ständig von Deck gewaschen zu werden drohten.
Bei der Fahrt vom Festland nach Hilligenley konnten wir gerade bei nur 7 BFT. von hinten testen, wie wahnsinnig kurz und steil die nur meist bis 90 cm hohen Wellen waren und wie schwer sie uns das Vorankommen machten. Es gab oft zwei Wellentäler auf der Länge eines Nordkapp. Unsere Spritzdecken standen bei überholenden Wellen meist bis 40 cm unter Wasser. Das Surfen war nur sehr erschwert möglich, wir mußten aus Zeitgrüpnden gegen die auflaufende Flut paddeln. Die Beinahekenterungen meiner Mitfahrer, die ich beobachtete und bei denen sie schon den Ellenbogen unter Wasser hatten, wurden übrigens durch Kanten pariert, nicht mit dem Paddel.
Bei Fliegern ist das ganz anders, die Verkehrsluftfahrt untersucht akribisch und findet 2002 z. B. noch als erschreckliche Ursache tödlicher Unfälle den Hauptgrund CFT: controlled flight into terrain. Nix technische Probleme, schwere Navigationsfehler! Quelle: Statistic in : Flight international. - Interessant auch, das bei den Profis dort auch Starrsinn und Kooperationsunwilligkeit auftreten. Einer landet, der andere wählt den Modus Go-Around, Ergebnis crash.
Deshalb spart man den Menschen dank Technik im neuen Airbus immer weiter aus.
Statt Pilot und Copilot gibt es im Cockpit des A 380 einen scharfen Schäferhund und einen Piloten für die Ansagen. Der Hund beißt, falls der Pilot die Technik berühren wollte.
Bei Paddlern dürfte auch die Bora, der Sturm selber unschuldig sein, wir Menschen neigen zu Fehleinschätzungen und echten Fehlern.
Beim seakayaking ist man in Notlagen meist auf sich gestellt. Kein Kehrwasser lockt, keine Fluchtmöglichkeit, Abbruch der Fahrt draußen auf See geht nicht. Auf der Nordsee z.B. kommt die spezielle Problematik der Tide dazu.
Gute Kursleiter haben manchen Nordseekurs komplett auf der Hallig aussitzen lassen. Die Paddler sicherten die Hallig vor dem Wegfliegen, in dem sie ihre Zelte daran festbanden Das war besser so, im aufgewühlten Wattenmeer wird man zwar gefunden, meistens, fragt sich nur wann, und in welchem Zustand...
Es braucht übrigens nicht mal nennenswert höhere Wellen, um dort eine Ohrenspülung zu kassieren. Geringer Wellenabstand, Winddruck, Böigkeit schaffen auch ohne wirklich hohe Wellen ein Disaster.
Ich denke auch, daß gerade die Schwerwettergewohnteren Fahrer leichter in große Gefahr kommen. Da sie aber schneller sind, haben sie oft grad noch das Ufer erreicht.
moin moin Eckehard