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Verkleben von Bespannstoffen wie beim Sportflugzeug

geschrieben von AnnaGram 
Verkleben von Bespannstoffen wie beim Sportflugzeug
20. Dezember 2009 17:26
Moin !

Unter anderem aus Gewichtsgründen sind die Rümpfe, Tragflächen und / oder Leitwerke einiger kleinerer Flugzeuge auch heute noch mit leichten, stabilen Stoffen bespannt. Es ergeben sich da gewisse Parallelen mit dem Bau bespannter Kajaks und deshalb stellen ich hier einmal vor, wie diese Bespannstoffe im Flugzeugbau befestigt werden. Die Anforderungen sind zum Teil ähnlich. Müssen doch größere Gewebeflächen faltenfrei und z.T. vorgespannt auf eine meist nicht plane Struktur aufgebracht werden. Das bedeutet meist lange, schmale Klebeflächen und man könnte beim Verkleben dutzende Hände gebrauchen, die alle gleichzeitig an den verschiedenen Ecken anpacken, spannen und Falten verhindern.

Verwendet wird bei den zu beschreibenden Verfahren ein Einkomponentenklebstoff auf Lösungsmittelbasis. Als Gewebe kommen solche Stoffe in Frage, die eine offen Gewebestuktur besitzen. Stoffe mit geschlossener Beschichtung lassen sich auf diese Weise nicht verarbeiten.

Auf die fertig konservierte, fett- und staubfreie Struktur wird der Klebstoff mit einem Pinsel in mehreren Schichten aufgetragen, wobei darauf zu achten ist, das jeder Auftrag vollständig abgelüftet, also "trocken" ist, bevor der nächste Auftrag erfolgt, wobei jeweils die neu aufgebrachte Schicht die darunterliegende Schicht anlöst und so ein dickerer, einheitlicher Klebstoffauftrag entsteht. Als optische Kontrolle des ausreichenden Klebstoffauftrags sollte dieser ein "speckiges" Aussehen haben. Hier spielt auch der aufzubringende Bespannstoff eine Rolle. Je dicker der Bespannstoff ist, umso mehr Klebstoff wird auf der Klebefläche benötigt. Letztlich muß ausreichend Klebstoff aufgebracht werden, um die gesamte Gewebestruktur in der Klebefläche zu durchdringen. Vor dem Aufbringen des Bespannstoffes muß der Klebstoff auf der Klebefläche vollständig "durchgetrocknet" sein.

Der großzügig zugeschnittene Bespannstoff wird jetzt lose auf die zu bespannende Struktur gelegt und ausgerichtet. An allen Seiten sollte ausreichend Überstand vorhanden sein, um den Stoff zum Vorspannen greifen zu können. Der finale Zuschitt erfolgt erst nach der Verklebung.
Jetzt kommt der Trick bei diesem Verfahren: Mit einem Pinsel wird jetzt immer nur ein kleiner Bereich des Gewebes satt mit Lösungsmittel getränkt. Das Lösungmittel löst den unter dem Gewebe liegenden Klebstoff und man reibt ihn mit dem Handballen solange in das Gewebe hinein, bis das Lösungsmittel verdunstet ist. Es werden immer nur kleine Abschnitte der Klebefläche mit Lösungsmittel getränkt und dann anschließend mit dem Handballen verrieben. Auf diese Weise lassen sich auch sehr lange Klebeflächen von einer oder zwei Personen handhaben und die Verklebung kann kontrolliert erfolgen. Auch kleinere Korrekturen sind möglich, indem man bereits verklebte Bereiche durch erneuten Auftrag von Lösungsmittel wieder löst. Vorteilhaft ist es aber, wenn man möglichst den Klebstoff nur an den Klebeflächen in das Gewebe einbringt. Bei größeren Korrekturen könnte auch Klebstoff in die Flächen geraten und dann anschließend beim Auftrag von Spannlack, oder was auch immer verwendet wird, stören.

Traditionell wurden und werden z.T. noch immer Flugzeuge mit Baumwolle bespannt. Der dazu verwendete Klebelack dringt mit diesem Verfahren in die einzelnen Zellen der Baumwollfaser ein und die Folge ist eine außerst stabile Verklebung, bei der man den Bespannstoff mechanisch später nur mit einiger Gewalt im Schälriss von der darunterliegenden Flugzeugstruktur reißen kann.
Auch im Flugzeugbau werden inzwischen Bespannstoffe aus Kunstfasern verwendet. Auch dabei ergeben sich stabile Verklebungen. Allerdings haben die Kunstfasern per se keine Zellstruktur wie die Baumwolle, in die der Klebstoff eindringen könnte. Die Haftung der Verklebung kommt also nur durch die Adhäsion des Klebstoffes auf der Faseroberflächen und das Umschließen der einzelnen Fasern zustande. Damit die Umschließung der Fasern möglichst vollständig erfolgt, ist bei der Verklebung einigen Bespannstoffen aus Kunstfaser, wie z.B. Ceconite, vorgeschrieben, abschließend die Klebeflächen noch einmal von außen mit einem Überzug des verwendeten Klebelacks zu versehen. Bei Bespannstoff aus Baumwolle ist dieser abschließende Anstrich nicht üblich.

Ich weiß, das bei SOFs das Gerüst meist in das Gewebe eingewickelt wird und eine Verklebung dort i.d.R. nicht erfolgt.
Ich weiß nicht, ob dieses Verfahren nicht auch im Kajakbau schon lange verwendet wird und ich somit nur kalten Kaffee aufgerührt habe. Wenn das so ist, dann steinigt mich einfach. Vielleicht habe ich dann ja zumindest etwas zu Eurer Unterhaltung in dieser vorweihnachtlichen Zeit beigetragen. Hier vor meinem Fenster schneit es und das zu dieser Jahrezeit von mir bevorzugte Gewässer "liegt still und star".

Euch ein schönes Fest mit denen, die Ihr liebt.

Bernd

... der sich eine schöne Werkstatt wünschen würde und der sich jetzt gleich einen Tee aufbrüht. winking smiley
Re: Verkleben von Bespannstoffen wie beim Sportflugzeug
23. Dezember 2009 14:35
Hi Bernd
massig Text :-)

Ich sehe gewisse parallelen zwischen Flugzeug und SOF aber auch unterschiede - Die Komponenten der Struktur eines Flugzeugs an sich sind fest miteinander verbunden (meistens Nieten) während die eines SOF eine gewisse relativ-Bewegung erlauben, da sie "nur" verschnürt sind. Die Haut eines SOF sollte daher vielleicht nicht fix mit der Struktur verbunden sein um die Flexibilität und Elastizität nicht zu beeinflussen? Ich weiss es aber auch nicht sicher - nur so ein Gedanke!

Dir frohe Weihnacht und einen guten Rutsch auf dem "Bevorzugtem"...

Gruss,

Axel Thobaben
( [www.holzbootsbau.ch])
Re: Verkleben von Bespannstoffen wie beim Sportflugzeug
23. Dezember 2009 17:27
Hallo,
ich denke das verkleben oder nicht ist beim Boot auch davon abhängig, ob man ein Baidarka ähnliches flexibles Boot oder ein steifes, also wie ein moderner festbau will.

Bespannte Holzflugzeuge halten erstaunliche Kräfte aus, aber natürlich nur Berührungen mit Luft. Wenn dann mal was anderes kommt, gibts Kleinholz mit Fetzen.

Erstaunlicherweise können diese Flugzeuge bei entsprechendem Unterhalt und Wartung auch draussen Stationiert sein.

Gruss Paul
Re: Verkleben von Bespannstoffen wie beim Sportflugzeug
23. Dezember 2009 20:06
Moin !

Mir fehlt die Erfahrung, wie ein SOF reagiert, wenn die Bespannung (teilweise) am Gerüst fixiert ist. Bei einem Grönländer sollte es eher gehen als bei einer Baidarka. Auf meinen virtuellen Reisen durch´s Net habe ich jedenfalls schon Bauberichte gelesen, wo der Bespannstoff am Gerüst fixiert wurde. In einem Fall war der Stoff in Nuten der Gunwales eingezogen. [edit: hier der Link zu diesem Verfahren] Meine grundsätzliche Idee wäre, wenn ich kleben würde, eine Verklebung entlang der Gunwales. Also eine Bespannung bestehend aus einem oberen und einem unteren Teil. Beide Teile würden sich auf der gunwale treffen.
Im wesentlichen kam es mir aber darauf an, die Idee vorzustellen. Bliebe, es einmal auszuprobieren.

Die Bespannstoffe bei Flugzeugen sind eher nicht gerade sonderlich dick. Klar ist die Belastung anders, aber bei den Tragflächen treten auch schon einige Verwindungen auf. Außerdem hat man leicht irgendwelche kleinen, alten Flugzeuge im Hinterkopf, wenn man an Stoffbespannungen denkt, aber auch bei größeren und recht leistungfähigen Flugzeugen wurde das eingesetzt. Manch ein Kampfflugzeug des WWII war bespannt. Da gibt es eine eindeutige Parallele zum SOF und Faltboot: Ein leicht konstruiertes Gerüst, mit Stoff bespannt, ergibt im Verhältnis zum Gewicht ein sehr stabiles Gebilde.

Euch eine glückliche Zeit
Bernd
Re: Verkleben von Bespannstoffen wie beim Sportflugzeug
25. Dezember 2009 19:12
Moin !

Ich habe gerade mal wieder im Cunningham gelesen und fand zur Frage, ob der Bespannstoff am Gerüst befestigt werden darf diese Aussage über die von ihm zur Zeit (in der das Buch geschrieben wurde) verwendete Bespannmethode:

"The two-part urethane coating I use saturates the nylon and glues the fabric to to the frame. It´s a good thing the skin has a long life. because it´s permanently attached."

Also etwa:
Die 2-K Urethane Beschichtung, die ich verwende, durchdringt das Nylon und klebt die Fasern an den Rahmen. Das ist eine gute Sache, denn die Haut hat eine lange Lebensdauer da sie dauerhaft fixiert ist.

Gruß
Bernd
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