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Wie Sicherheit (zurück)gewinnen

geschrieben von Racisa 
Wie Sicherheit (zurück)gewinnen
23. Mai 2023 22:35
Hallo alle zusammen,

ich bin seit einer Weile stille Mitleserin, obwohl ich eigentlich gar kein Seekajak sondern Dänische Tourenbootklasse fahre. Da ich aber rausgelesen habe, dass sich auch hier einige Leute mit solchen Booten tummeln, schreibe ich jetzt einfach trotzdem mal.

Zu meinem Hintergrund: Ich, weiblich, 1,68m groß, knapp 57-60 kg, im Gegensatz zu den meisten hier noch nie eine Sportskanone, habe vor etwas mehr als einem Jahr angefangen zu paddeln. Dies war für mich selbst überraschend, da ich als Kind einen ziemlich traumatisierenden Unfall in einem Kanadier und seitdem Angst vor kleineren Booten (Kajaks, Kanadier, Stocherkahn, etc.) hatte. Trotzdem war für mich relativ schnell klar: Das macht Spaß und am meisten Spaß macht es mir, schnell und geradeaus zu fahren. Da bei uns auf dem Fluss (begrenzte Strecke zwischen zwei Schleußen) eindeutig Flachwasser mit kaum Strömung ist, ergibt alles andere auch nicht so viel Sinn. Da bewegtes Wasser für mich eher unheimlich und angstbesetzt ist, bin ich ganz zufrieden mit den Wasserbedingungen. Innerhalb von wenigen Monaten habe ich mich vom WW-Kajak über ein Seekajak zu einem „Dänen“ (Vajda Apex 52 in M, Vereinsboot) inkl. Wingpaddel und -technik (wobei letzteres sicher noch ausbaufähig ist) hochgearbeitet und bin auch über den Winter fleißig in diesem Boot gefahren. Ich bin von Natur aus nicht besonders sportlich und auch ziemlich untrainiert, aber daran arbeite ich ja jetzt aktiv. Natürlich ist meine Geschwindigkeit noch nicht der Rede wert, aber zumindest bin ich im 52er auf 10 km von einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 7 km/h auf 8 km/h hochgekommen. Für mehr reicht meine Kraft(ausdauer) einfach (noch) nicht aus. Wie gesagt, ich arbeite daran und konnte mich bis jetzt auch relativ kontinuierlich verbessern (was bei meiner Ausgangslage aber auch nicht überraschend war/ist). Da bei uns am Verein einige Rennsportler sind, habe ich mehr als genügend Tipps und Anregungen dazu.

In dieser ganzen Zeit bin ich nie unfreiwillig gekentert, auch bei Wind oder Motorbootwellen nicht. Das liegt sicher nicht an meinen tollen Fahrkünsten, sondern schlicht und ergreifend daran, dass der 52er ziemlich stabil im Wasser liegt und sich über die Hüfte eigentlich sehr gut ausbalancieren lässt bzw. das eigentlich von selbst tut. Ich kann mich nicht erinnern auch nur einmal stützen zu müssen. Hierdurch kann ich zwar in der Theorie stützen und habe auch das Stützen geübt, habe aber keinerlei echte Stützreflexe. Ich tendiere eher dazu, mein Paddel wie ein Seilkünstler zum Ausbalancieren vor meine Brust zu halten, was im 52er auch sehr gut funktioniert hat. Das zu meiner Vorgeschichte.

Vor einiger Zeit hatte ich die Möglichkeit, gebraucht ein Kajak zu erstehen: Ein Vajda Apex 46 in M. Natürlich war mir etwas mulmig damit zumute, ein schmaleres Boot zu kaufen, insb. da ich es nicht Probe fahren konnte. Da ich in dem 52er subjektiv aber schon etwas „verloren“ bin, bzw. nicht so den Bootskontakt hatte, wie mir die Rennsportler das immer berichten, und ich ja gerne noch viel, viel, viel schneller werden will, habe ich es nach Absprache mit entsprechend erfahrenen Vereinskollegen „blind“ gekauft – Immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass ich es zur Not ja auch wieder verkaufen kann.

Als ich das erste Mal in dem Boot saß, kam es mir natürlich total wacklig vor und ich bin auch nur 5-10 min gefahren, weil dann ein Transportschiff mit entsprechendem Wellengang vorbeikam. Ich hatte erwartet, dass sich für mich sehr wacklig anfühlt, aber als ich ausgestiegen bin, dachte ich: „Ziemlich wacklig, aber machbar.“ Das gleiche Fazit hatte ich auch nach der zweiten Fahrt, bei der ich immer nur in einem Radius von ca. 200 m vom Steg weggefahren bin, das aber eine ganze Stunde lang. Beim dritten Mal hat es mich dann (dank mangelnder Stützreflexe) das erste Mal ins Wasser gelegt, aber ich bin wieder eingestiegen und weitergefahren und war danach auch entspannter und es lief eigentlich ganz gut bzw. besser als davor. Seitdem geht es aber eher steil bergab als bergauf und ich bin (bis auf das letzte Mal, wo ich aber auch nur sehr kurz gefahren bin) jedes Mal geschwommen. Das letzte Mal sogar 2x und ohne für mich ersichtlichen Grund (keine Motorbootwellen, keine Versuche irgendetwas anders zu machen (z. B. steiler zu paddeln) etc.). Aus meiner Sicht fuhr ich gerade einigermaßen sicher dahin und lag dann einfach plötzlich und ohne Vorwarnung im Wasser. Schlimmer wurde es eigentlich nur dadurch, dass es mir ein zweites Mal passiert ist, wo ich eigentlich schon entspannter war und eigentlich hätte besser fahren müssen. Seitdem habe ich (sicherlich auch bedingt durch den Unfall als Kind) jegliches Vertrauen in mich und das Boot verloren. Bei der letzten Fahrt am Wochenende (immer in Stegsnähe) habe ich keine vier Kilometer geschafft bevor ich vor lauter Anspannung und mentaler Erschöpfung vom Wasser musste/wollte, dabei bin ich mehrmals zwischendrin zum Pause machen an den Steg gefahren, weil mir vor lauter Anspannung der rechte Fuß so sehr eingeschlafen ist, dass ich ihn nicht mehr spüren konnte. Zumindest bin ich trocken geblieben. Ich hatte eigentlich die Hoffnung, dass ich durch dieses positive Erlebnis (= nicht reingefallen) wieder etwas sicherer werde, aber emotional fühlt es sich absolut nicht so an. Ich saß am Anfang bestimmt erst mal 5 min. am Steg bis ich mich zwingen konnte endlich mal loszufahren, weil ich schon so ängstlich war. Gestern und heute hatte ich schon allein bei dem Gedanken in dieses Boot zu steigen ein Engegefühl in der Brust und musste die Angst/Panik runterdrücken (obwohl ich weiß, dass es keinen Grund für Panik gibt, eine Kenterung nicht schlimm ist und ich bis jetzt jedes Mal mich und das Boot ohne Probleme gerettet habe - ich weiß, dass es irational ist).

Ich bin nun total verunsichert und weiß im Moment nicht, wie ich weiter vorgehen soll, deswegen meine Fragen:
  • Muss ich da jetzt irgendwie durch und einfach so lange weiter in das Boot einsteigen bis ich es (hoffentlich) irgendwann beherrsche bzw. es sich besser anfühlt? Oder lieber erst einmal Pause machen und wieder das 52er fahren bis ich mich darin wieder gut/sicher fühle und erst danach wieder das 46er? Oder pro Einheit ein bisschen das eine und ein bisschen das andere Boot fahren (wenn ja, in welcher Reihenfolge)? Oder ist es eher kontraproduktiv sich jetzt wieder in ein stabileres Boot zu setzen, weil man sich dann an das schmalere Boot nicht gewöhnen kann? Oder wäre es im Gegenteil eher kontraproduktiv mich in das 46er zu setzen, weil ich jetzt zu ängstlich/angespannt bin und mich nur immer weiter in eine Abwärtsspirale begebe?
  • Wird dieses Boot sich irgendwann mal stabil für mich anfühlen oder ist es ab der Breite einfach immer „kippelig“ und man muss immer aktiv ausbalancieren, also können Boote dieser Breite schon keine „Unkippligkeit“ mehr erreichen? Im 52er habe ich mich ziemlich schnell, also nach vielleicht 3x fahren, sicher/stabil gefühlt und ich hatte auch schon lange nicht (mehr) das Gefühl aktiv irgendetwas ausbalancieren zu müssen. Ich hatte eher immer das Gefühl, dass das Boot das von alleine macht, wenn man es denn machen lässt und sich nicht verspannt. Ist es baubedingt unrealistisch das von einem 46er-Boot auf mehr oder weniger ruhigem Wasser in Fahrt zu erwarten? Ich war immer der Meinung, dass die im Vergleich zu Rennbooten ja noch viel breiter und demnach stabiler sind und sich so ein Effekt irgendwann einstellen müsste. Habe ich da eine grundsätzlich falsche Erwartungshaltung? (Von einem Rennboot würde ich das nie erwarten und ich habe auch keinerlei Ambitionen diese fahren zu wollen!) Leider ist für mich durch den Unfall im Kanadier damals mein subjektives Sicherheitsgefühl total wichtig – ich muss mich in dem Boot wohlfühlen können. Ein Boot, dass sich nie sicher anfühlt, hat für mich absolut keinen Wert, weil ich damit dann nie (schnell) fahren kann – und ich will ja (für meine Verhältnisse) schnell fahren.
  • Wie viel Zeit muss ich realistisch einplanen, bis sich das Boot sicherer anfühlt und wie viel bis ich das Boot sinnvoll fahren kann (also tatsächlich Training auf Strecke und Zeit, ohne Kenterung oder ständigem Stützen, mit steiler Paddelführung, zumindest einer gewissen Oberköperrotation und etwas Zug auf dem Paddel)? Ab welchem Zeitpunkt muss ich mir eingestehen, dass das Boot zu schwierig für mich ist?
  • Gibt es abseits des Wassers etwas das ich tun kann, um sicherer zu werden? Balanceübungen, irgendwelche spezifischen Muskeln trainieren (klassisches Rennsportkrafttraining mache ich schon), etc.?

Wer bis hierher gelesen hat: Vielen Dank dafür, ich musste mir das glaube ich einfach mal von der Seele schreiben, da ich im Moment sehr frustriert bin und Angst habe, dass ich mich jetzt durch Überambition so sehr verunsichert habe, dass ich mich nie mehr in irgendeinem Boot sicher fühlen werde.
Re: Wie Sicherheit (zurück)gewinnen
23. Mai 2023 23:18
Hallo Racisa,
schön, dass du hier deine Ängste beschreibst. Diese Panik kommt mir bekannt vor :-)
Aber: willst du nochmal an Olympia teilnehmen oder Spass am Paddeln haben? Sportlich unterwegs sein und trainieren geht auch im Tourenboot. Meinen Gleichgewichtssinn habe ich versucht zu trainieren, in dem ich mit geschlossen Augen im Boot gesessen bin und irgendwann auch kurze Strecken so gepaddelt bin. Dann bin auch mal bei mehr Wind und Welle aufs Wasser gegangen und hab mich langsam rangetastet. Aber es gibt auch Boote, die mich überfordern. Ist halt so. Im Rennkanadier komm ich auch nur einen Meter weit. Stützen gehört zum elementaren Handwerk. Das kann und muss man kontinuierlich üben, z.B. padddeln, gas geben, Paddel raus und flache Stütze machen und versuchen so lange zu halten, bis du den Kipppunkt spürst. Reinfallen ist ok, macht nichts, lacht man drüber und weiter gehts. Eigentlich geht es ja darum, keine Angst vom reinfallen zu haben. Dagegen hilft reinfallen üben und Spass haben. Jetzt kommt ja der Sommer, da kann man das ohne Probleme machen.

Grüße
Siegmund

Übrigens in der Schleuse schleust man.
Re: Wie Sicherheit (zurück)gewinnen
23. Mai 2023 23:25
Ich habe Dir eine PN geschickt.


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Re: Wie Sicherheit (zurück)gewinnen
24. Mai 2023 06:17
Moin Racisa,

danke für die umfassende Darstellung deines Problems. Damit bist du ganz sicher nicht alleine.

Zum Thema Balanceübung:
Da kommt man sehr weit, wenn man die Reaktion des Körpers automatisiert, d.h. ständige Wiederholung in möglichst vielen Alltagssituationen gepaart mit Ablenkung des Kopfes, indem man bei der jeweiligen Übung andere Aufgaben erledigt.
Z.B.: auf einem Bein stehend Schuh vom Boden aufheben, anziehend und zuschnüren.
Klingt profan, funktioniert aber.
Der Fantasie, was man derart tun kann, sind keine Grenzen gesetzt.

Bzgl. Sicherheitsgefühl auf dem Wasser:
Da ist oft der Kopf und seine Ängste im Weg, obwohl man es technisch drauf hat.
Schaff dir Wohlfühlbedingungen und mach Quatsch.
D.h. lauschiger Strand bei warmem Wasser und Sonnenschein. Paddel mal ohne Paddel oder wirf dir mit nem Partner einen Ball oder Schwamm von Boot zu Boot zu, sodass du vor lauter Spieltrieb vergisst, dass du im Boot sitzt.
Eine (Selbst-)vertrauensbildende Maßnahme ist sicher auch, mit einem versierten Paddler im K2 zu fahren, also dass die Anwesenheit des Partners dir Sicherheit vermittelt.
Zu guter letzt ist es auch nicht verkehrt, den Wiedereinstig a la Surfski zu lernen.
Das geht in jedem Dänentourer.
Wenn man weiß, dass man im Falle einer Kenterung wieder ins Boot kommt, paddelt es sich um Welten befreiter, als wenn man ständig im Kopf hat "bloß nicht reinfallen!"
Und nimm das Kajak, mit dem du vertraut bist.
Das Bedürfnis ein fordernderes Boot zu fahren, kommt irgendwann von alleine. Nur nichts erzwingen!

Beste Grüße Thomas
Re: Wie Sicherheit (zurück)gewinnen
24. Mai 2023 09:46
Hallo Racisa,

ich will mich hier dem Vorschreiber Labskaus anschließen und folgenden Punkt betonen:
Ich habe die Erfahrung gemacht, daß viele Stunden (>>1000) Paddeln und Trainieren in einem Boot, welches man noch als "sicher" empfindet, ganz grundsätzlich die Stabilität erhöht. Dabei auch in unterschiedlichen Bedingungen paddeln und auch lustige Dinge üben. Die Reflexe werden dann besser. Das dauert einfach, bis das im "Rückenmark" eintrainiert ist.
Und ich war überrascht, mich dann nach einem Jahr wieder in ein "wackeliges" Boot zu setzen und das dann gar nicht mehr als so wackelig zu empfinden, wie ich es in Erinnerung hatte und dann nach wenigen km damit deutlich schneller zu sein, als im Jahr zuvor. (Wobei aber noch nicht so schnell, wie mit dem sicheren Boot, in dem ich alle Kraft ungehemmt auf Wasser bringen kann.)
Diese Methode folgt dem Leitsatz: Stabilität vor Geschwindigkeit. Dauert aber.
Es gibt auch den anderen Ansatz, nach dem man sich in einem wackeligen Boot durchbeißen muß. Das geht dann evtl. unterm Strich etwas schneller, macht mir aber nicht so viel Spaß und die von Dir beschriebenen Empfindungen dabei, kann ich gut nachvollziehen.

Und ja, zwischen einem 52er Boot und einem 46er Boot sehe ich bzgl. Stabilität bei mir auch einen großen Unterschied. Nach meinem (aktuellen) Empfinden ist da die Grenze zwischen "eigenstabil" und "wackelig". Aber das mag sich 4000 km später wieder ändern. Aber wenn ich mir meine Paddelkollegen so ansehe, dann sind die mit ihrem 46er schneller über der Wohlfühlgrenze als ich mit einem 52er. Wobei die, die jetzt meist ein 43er fahren (und das Paddeln schon als Jugendlicher gelernt haben) ein 46er als "super stabil" empfinden.

Grüße
Richi
Re: Wie Sicherheit (zurück)gewinnen
24. Mai 2023 09:47
Ich tendiere dazu Dir zu ein anderes Boot zu raten. Warum solltest Du Dich quälen und die eh schon vorhandenen Angst nochmal schüren, statt einzusteigen und dabei Spaß und Freude am paddeln zu haben?

Und chapeau dafür, dass Du so offen und ehrlich über Deine Ängste schreibst. Angst hat jeder mal und die wenigsten haben den Mut, das offen auszusprechen.

Ich bin gespannt auf weitere Reaktionen und Meinungen.

Dir viel Glück bei der weitere Entscheidungsfindung, ob Du mit dem Boot weitermachst.

Gr, Jan
Re: Wie Sicherheit (zurück)gewinnen
24. Mai 2023 11:41
Moin zusammen,
wenn einem vor Angst schon die Knie schlottern, wird es mit entspanntem paddeln eher nichts.
Wenn "Geschwindigkeit" das allerwichtigste ist, kommt man um eine schlanke / kipplige Bootsform nicht herum.
Ob diese nach ??? Gewöhnungszeit beherrschbar ist, meist ja, manchmal nie.
Wer entspannt sicher im dafür passenden Boot herumpaddelt braucht ja auch erst wieder ein "schnelleres Boot" wenn die mitpaddelnden Kameraden ständig warten müssen / dürfen.
Welches es dann wird , kann NUR durch EIGENE Probefahrt ermittelt werden.
Je nach eigenem Gefühl, kann/ wird es Kajaks geben, in denen man sich nicht wohlfühlt, was aber für sicheres Ankommen sehr wichtig ist.
Welche Gewässer befahren werden sollen spielt dann die nächste Rolle bei der Auswahl. Selbst kann ich auch immer wieder nur dazu raten, Boote dann auch unter den gewünschten Bedingungen zu erproben, und nicht auf einem spiegelglatten See /Kanal.
Da mindestens 100 verschiedene zur Auswahl stehen , gibt es bestimmt ein passendes Boot, mit dem es Spaß macht unterwegs zu sein. Da mir ein Lieblingsboot nicht reicht, habe ich mehrere, für jedes Gewässer mindestens eines.
Schöne Grüße,
Tomas.
Re: Wie Sicherheit (zurück)gewinnen
24. Mai 2023 13:38
Ich habe mal von einem Wildwasserfahrer gehört: „Wenn Dir am Ufer die Spucke weg bleibt, dann lass es sein!“
Will sagen, was die anderen gesagt haben.


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Re: Wie Sicherheit (zurück)gewinnen
24. Mai 2023 14:49
Hier hat es eine gute Zusammenfassung (in Englisch) über die Vorteile von stabilen Booten:
[www.gosurfski.com]
Re: Wie Sicherheit (zurück)gewinnen
24. Mai 2023 15:24
Moin zusammen,
bei den herrlichen Bildern im von "paddelmani" ausgesuchtem Film juckt es "paddelmeier" schon mächtig in der Paddelhand.
Je nach Bootstyp läuft es auch gut los, meist braucht es etwas Paddelnachhilfe. um in diesen relativ kleinen Wellen mit dem "Surf" zu starten.
Da sich die Wellenbedingungen ja (leider) pausenlos ändern, hat man gut zu tun auf gutem, berauschenden Kurs zu bleiben.
Bei meiner letzten "Hafenrundfahrt" im Hamburger Hafen (April) hatten wir zwar Wellen, aaaaber die kommen, wegen der blöden meist senkrechten Ufer, von allen Seiten fast gleichzeitig. Da ist ein sauberer Surf selten dabei.
Schöne Grüße,
Tomas.
Re: Wie Sicherheit (zurück)gewinnen
24. Mai 2023 17:22
Hallo Racisa,

danke auch von mir für deinen ausführlichen und interessanten Beitrag, der einmal mehr zeigt, in welchem Maße die psychische Komponente ausschlaggebend ist für die Bewältigung kippeliger Boote.

Ich denke, es könnte helfen, wenn du dir bewusst machst, welche Wegstrecke du schon zurückgelegt hat. Auch der Apex 52 ist ja bereits ein recht sportliches Kajak und liegt schon ein Stück weit jenseits dessen, was zumindest in meinem Paddelrevier so an Kajaks aufkreuzt. Ich kenne einige alteingesessene Paddler, die halten bereits einen Lettmann Combi 2002 für bedenklich. Möglicherweise wird in einem Verein mit Rennsportschwerpunkt der Dänentourer als Dickschiff belächelt. Sieht man von solch einer Déformation professionelle aber einmal ab und betrachtet man das gesamt Spektrum an Bootsmaterial, so wird man unumwunden feststellen müssen, dass der Dänentourer eindeutig schon zu den flotteren Booten gehört. Wenn du damit auch bei etwas rauheren Bedingungen gut zurecht kommst, dann bist du schon gut unterwegs.

Das soll nun natürlich nicht heißen, dass man sich damit begnügen soll. Das Ziel, noch etwas weiter zu kommen und den nächsten Schritt zu gehen, kann ich absolut nachvollziehen. Auch sehe ich überhaupt keinen Grund dafür, von diesem Ziel abzuraten. Ambitionen sind etwas durchweg Positives.

Generell ist es sicher so, dass die Kajaks, je sportlicher sie ausfallen, desto mehr aktive Stützarbeit benötigen. "Aktiv" und "Arbeit" klingt jetzt nach einer besonderen Technik. Im Grund geht es aber nur um einen möglichst permanenten Wasserkontakt des Paddels. Denn letztlich stützt man sich ja mit dem Paddel im Wasser ab. Wahrscheinlich wäre es daher gut, wenn du besonders das Stützen übst. In den m.E. besonders für Quereinsteiger geeigneten Tutorials von Oscar Chalupsky nimmt das "bracing" einen sehr großen Raum ein. Wenn man sich dies hier ansieht, versteht man auch sofort, warum das waagerechte Balancieren mit dem Paddel in der Luft eine eher suboptimale Technik ist :-)

Ich denke, das Gefühl der Sicherheit im Boot ist keine Frage des Bootes, sondern ausschließlich eine der eigenen Fähigkeiten und der eigenen Verfassung. Es ist daher auch schwierig, Prognosen zu erwartbaren Erfolgen zu erstellen. Ich hab seinerzeit mal ein paar Tipps aufgeschrieben, die mir persönlich geholfen haben. Thomas Labskaus Tipp kann ich auch nur unterstreichen: Wenn man das Paddeln von vorne herein mal als Badeaufenthalt am Strand plant, kann das sehr hilfreich sein.

Viele Grüße
mjke
Re: Wie Sicherheit (zurück)gewinnen
24. Mai 2023 21:48
Hallo alle zusamen,

vielen Dank für die vielen, teilweise wirklich sehr ausführlichen Antworten, die mich zumindest seelisch wieder etwas aufgebaut haben :-) Ich konnte diese Woche krankheitsbedingt noch gar nicht aufs Wasser und kann somit in Ruhe über alles was ihr so schreibt nachdenken. Leider bin ich gerade so platt, dass ich es heute Abend nicht mehr schaffe, auf einzelne Beiträge einzugehen. Ich wollte mich aber trotzdem schon mal melden, ich habe alles gelesen und bin für jeden Beitrag dankbar.
Re: Wie Sicherheit (zurück)gewinnen
24. Mai 2023 22:13
Zitat
mjke
.... Im Grund geht es aber nur um einen möglichst permanenten Wasserkontakt des Paddels. Denn letztlich stützt man sich ja mit dem Paddel im Wasser ab.

Dass wurde mir letztes Jahr, vor der Lorelei, sehr gut von einem Sechser oder Achter ?- Ruderboot demonstriert.

Diese hatten mitten im Wasser, abwartend, einfach ihre Ruder zur Stabilisierung eingetaucht, wärend wir Ufernah die Passage der von oben/unten kommenden Käne abwarteten...
Re: Wie Sicherheit (zurück)gewinnen
26. Mai 2023 08:07
Hi Racisa,
du legst ja ein atemberaubendes Entwicklungstempo vor - jetzt nur keine Ungeduld, das wird schon. Zu deinen konkreten Fragen: nach meiner Erfahrung ist das Vorgehen, während einer Trainingseinheit die Boote zu wechseln, empfehlenswert. Fang mit dem 46 an, und sobald Nervenflattern und Verkrampftheit den Spaß überwiegen (das darf auch nach kurzer Zeit sein), einfach ein paar Runden mit dem (dann subjektiv besonders) stabilen Dampfer.
Falls der Apex 46 halbwegs mit dem Kape Master 46 oder Plastex Swift vergleichbar ist (evt. setz ich mich demnächst beim Testival in Bremen mal rein): ja, dieses Boot wird dir früher oder später stabil genug vorkommen, um entspannt zu sitzen, voll durchzuziehen und bei ruhigen Bedingungen auch mal einhändig die Trinkflasche zu bedienen. Ein bisschen Wind und Wellen können diese Boote ebenfalls ab. (Tolles Training für Motorbootwellen: auf einem Baggersee mit laufender Wakeboardanlage.)
Dauer: bei mir etwa ein Dreivierteljahr.
Genau wie du (und bei ähnlicher Größe/Gewicht) balanciere ich überwiegend mit der Hüfte aus, aber der Stützreflex kam beim Ausprobieren von neueren Rennbooten von allein winking smiley Das Kentern "aus heiterem Himmel" könnte vom zu optimistischen/schnellen Lösen der Grundanspannung beim Fahren kommen, was doch an sich ein gutes Zeichen ist. Passiert mir mit der Athena bei jedem "Training" (na ja, ein bisschen fahren, wenn es warm und annähernd windstill ist) ein-, zweimal.
Den Tipps der Vorredner bzgl. spielerischer Übungen kann ich mich nur anschließen. Bleib dran, hab Spaß, gib dir Zeit!
Sonnige Grüße
Heike
Re: Wie Sicherheit (zurück)gewinnen
26. Mai 2023 09:44
Seit zwei Jahren paddle ich mit über 70 Jahren. Ich bedaure nicht eher angefangen zu haben...
Mir haben die Youtube-Videos von IPaulo Ouellet geholfen, z.B. [youtu.be]. Leider ist alles auf Englisch.
Re: Wie Sicherheit (zurück)gewinnen
26. Mai 2023 10:32
Mir ist nicht so ganz klar wie ein Seekajakfahrer mit Grönlandpaddel beim Problem in Rennkajak mit Wingpaddel helfen soll. Aber Üben ohne Druck hilft über die Zeit.
Bei mir hat es 47 Jahre gedauert bis ich in ein 40 cm breites Kajak gestiegen bin. Ich hatte nie das Ziel ein so schmales Boot zu fahren, nutze es jetzt aber ganz gerne. Gekentert bin ich damit auch noch nicht.
Ich brauchte auch etwas Gewöhnung bis ich darin entspannt paddeln konnte, macht seitdem aber richtig Spaß.

Gruß aus Münster, Ulf
Re: Wie Sicherheit (zurück)gewinnen
26. Mai 2023 14:17
Hallo Racisa,
das Boot liegt auch deutlich stabiler im Wasser, wenn Du etwas tiefer sitzt.
Im Rennkajak habe ich anfangs den Sitz ganz rausgenommen und saß nur auf etwas Polsterung, später habe ich mir den Sitz etwas umgebastelt (12mm niedriger waren schon sehr gut spürbar) und irgendwann habe ich wieder auf "Serie" umgerüstet - das war ein Riesenunterschied und hat mir diverse Schwimmereien erspart (Das heißt aber leider trotzdem nicht, daß ich jetzt so ein Boot beherrsche.).
Täglich 2 Stunden darin paddeln soll auch helfen, wie mir ein Olympiasieger von 2012 erzählt hat.

Viele Grüße,
Lutz
Re: Wie Sicherheit (zurück)gewinnen
28. Mai 2023 18:49
Hallo alle zusammen,

vielen Dank nochmal für die zahlreichen Rückmeldungen – hier und auch per PN.

Ich habe mir den Ratschlag der meisten bzw. eigentlich aller hier zu Herzen genommen und diese Woche erst einmal langsam gemacht und bin stabilere Boote gefahren: Tourenboot-Zweier oder -Einer. Mir tat es ein bisschen für meine aus dem Rennsport kommende Mitfahrerin leid, die den Zweier auf jeden Fall alleine ausbalanciert hat. Ich saß hinten so steif drin, dass sie das sicher auch gespürt hat. Ich habe es aber nicht geschafft meine Beine/Hüfte entspannt zu bekommen.

Heute im 52er war ich sicher auch nicht so entspannt wie früher, das Boot ist aber so gutmütig, dass es sich selbst bei Motorbootwellen brav von alleine ausbalanciert, obwohl mir echt der Puls in die Höhe schoss. Wir haben zusätzlich im Moment (für unsere Verhältnisse) relativ viel Wind, da war mir auch in den Wenden schon echt mulmig zumute. Vom Gefühl her war das dann nicht so toll. Interessanterweise war ich heute dafür noch mal ein kleines bisschen schneller als normalerweise. Innerlich ruhiger sein wäre mir trotzdem lieber... ich hoffe, das kommt irgendwann wieder.

Nun zu ein paar einzelnen Beiträgen (ich zitiere jetzt nicht alles, sonst wird das ewig lang):

@Labskaus: Ich glaube ich würde mich nie wagen, in einen Dänentourer vom Wasser aus wieder einsteigen zu wollen. Ich hätte viel zu viel Angst, dass das Boot kaputt geht, mir wurden in Bezug auf solche Aktionen schon Horrorgeschichten von in der Mitte durchbrechenden Booten erzählt... Aber bei uns ist das Ufer auch nie weit entfernt.

@Richi: Vielen Dank für deine Einschätzung bzgl. der Stabilität. Die Rennsportler bei uns am Verein finden den 46er natürlich super stabil, der Rest kann oder will das Boot nicht fahren ^^

@mjke: Danke für die Links! mir ist bewusst, dass das Ausbalancieren mit dem Paddel in der Luft nicht viel Sinn ergibt, es funktioniert im 52er nur leider...

@Lutz: Ich habe den Sitz schon ganz nach unten gestellt und hatte eigentlich die Hoffnung, dass das reicht. Es ist ja kein richtiges Rennkajak. Für zwei Stunden paddeln täglich fehlt mir dann wohl doch sowohl Zeit als auch Motivation ^^

Wie gesagt - vielen Dank an alle, die sich gemeldet und von ihren Erfahrungen und Einschätzungen berichtet haben. Über weitere Tipps, Hinweise, etc. bin ich jederzeit dankbar.
Re: Wie Sicherheit (zurück)gewinnen
11. Juni 2023 20:54
Hi Racisa,
zur Ergänzung: ich durfte heute (neben einigen spannenden neuen Seekajaks für Leichtgewichte) den Apex 46 testen und ordne ihn stabilitätsmäßig in das gleiche Level wie meinen Kape Master 46 ein. Sprich: er ist eindeutig "eigenstabil", was für mich heißt: bei ruhigem Wasser beim Paddeln die Umgebung ringsum betrachten, auch mal kurz nach hinten gucken und im haltenden Boot gemütlich sitzen können, ohne dass das Paddel zwingend Wasserkontakt benötigt. Wenn du dranbleibst, stehen die Chancen sehr gut, dass du ihn früher oder später entspannt voll ausfahren wirst.
Ermutigende Grüße
Heike
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