Hallo alle zusammen,
ich bin seit einer Weile stille Mitleserin, obwohl ich eigentlich gar kein Seekajak sondern Dänische Tourenbootklasse fahre. Da ich aber rausgelesen habe, dass sich auch hier einige Leute mit solchen Booten tummeln, schreibe ich jetzt einfach trotzdem mal.
Zu meinem Hintergrund: Ich, weiblich, 1,68m groß, knapp 57-60 kg, im Gegensatz zu den meisten hier noch nie eine Sportskanone, habe vor etwas mehr als einem Jahr angefangen zu paddeln. Dies war für mich selbst überraschend, da ich als Kind einen ziemlich traumatisierenden Unfall in einem Kanadier und seitdem Angst vor kleineren Booten (Kajaks, Kanadier, Stocherkahn, etc.) hatte. Trotzdem war für mich relativ schnell klar: Das macht Spaß und am meisten Spaß macht es mir, schnell und geradeaus zu fahren. Da bei uns auf dem Fluss (begrenzte Strecke zwischen zwei Schleußen) eindeutig Flachwasser mit kaum Strömung ist, ergibt alles andere auch nicht so viel Sinn. Da bewegtes Wasser für mich eher unheimlich und angstbesetzt ist, bin ich ganz zufrieden mit den Wasserbedingungen. Innerhalb von wenigen Monaten habe ich mich vom WW-Kajak über ein Seekajak zu einem „Dänen“ (Vajda Apex 52 in M, Vereinsboot) inkl. Wingpaddel und -technik (wobei letzteres sicher noch ausbaufähig ist) hochgearbeitet und bin auch über den Winter fleißig in diesem Boot gefahren. Ich bin von Natur aus nicht besonders sportlich und auch ziemlich untrainiert, aber daran arbeite ich ja jetzt aktiv. Natürlich ist meine Geschwindigkeit noch nicht der Rede wert, aber zumindest bin ich im 52er auf 10 km von einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 7 km/h auf 8 km/h hochgekommen. Für mehr reicht meine Kraft(ausdauer) einfach (noch) nicht aus. Wie gesagt, ich arbeite daran und konnte mich bis jetzt auch relativ kontinuierlich verbessern (was bei meiner Ausgangslage aber auch nicht überraschend war/ist). Da bei uns am Verein einige Rennsportler sind, habe ich mehr als genügend Tipps und Anregungen dazu.
In dieser ganzen Zeit bin ich nie unfreiwillig gekentert, auch bei Wind oder Motorbootwellen nicht. Das liegt sicher nicht an meinen tollen Fahrkünsten, sondern schlicht und ergreifend daran, dass der 52er ziemlich stabil im Wasser liegt und sich über die Hüfte eigentlich sehr gut ausbalancieren lässt bzw. das eigentlich von selbst tut. Ich kann mich nicht erinnern auch nur einmal stützen zu müssen. Hierdurch kann ich zwar in der Theorie stützen und habe auch das Stützen geübt, habe aber keinerlei echte Stützreflexe. Ich tendiere eher dazu, mein Paddel wie ein Seilkünstler zum Ausbalancieren vor meine Brust zu halten, was im 52er auch sehr gut funktioniert hat. Das zu meiner Vorgeschichte.
Vor einiger Zeit hatte ich die Möglichkeit, gebraucht ein Kajak zu erstehen: Ein Vajda Apex 46 in M. Natürlich war mir etwas mulmig damit zumute, ein schmaleres Boot zu kaufen, insb. da ich es nicht Probe fahren konnte. Da ich in dem 52er subjektiv aber schon etwas „verloren“ bin, bzw. nicht so den Bootskontakt hatte, wie mir die Rennsportler das immer berichten, und ich ja gerne noch viel, viel, viel schneller werden will, habe ich es nach Absprache mit entsprechend erfahrenen Vereinskollegen „blind“ gekauft – Immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass ich es zur Not ja auch wieder verkaufen kann.
Als ich das erste Mal in dem Boot saß, kam es mir natürlich total wacklig vor und ich bin auch nur 5-10 min gefahren, weil dann ein Transportschiff mit entsprechendem Wellengang vorbeikam. Ich hatte erwartet, dass sich für mich sehr wacklig anfühlt, aber als ich ausgestiegen bin, dachte ich: „Ziemlich wacklig, aber machbar.“ Das gleiche Fazit hatte ich auch nach der zweiten Fahrt, bei der ich immer nur in einem Radius von ca. 200 m vom Steg weggefahren bin, das aber eine ganze Stunde lang. Beim dritten Mal hat es mich dann (dank mangelnder Stützreflexe) das erste Mal ins Wasser gelegt, aber ich bin wieder eingestiegen und weitergefahren und war danach auch entspannter und es lief eigentlich ganz gut bzw. besser als davor. Seitdem geht es aber eher steil bergab als bergauf und ich bin (bis auf das letzte Mal, wo ich aber auch nur sehr kurz gefahren bin) jedes Mal geschwommen. Das letzte Mal sogar 2x und ohne für mich ersichtlichen Grund (keine Motorbootwellen, keine Versuche irgendetwas anders zu machen (z. B. steiler zu paddeln) etc.). Aus meiner Sicht fuhr ich gerade einigermaßen sicher dahin und lag dann einfach plötzlich und ohne Vorwarnung im Wasser. Schlimmer wurde es eigentlich nur dadurch, dass es mir ein zweites Mal passiert ist, wo ich eigentlich schon entspannter war und eigentlich hätte besser fahren müssen. Seitdem habe ich (sicherlich auch bedingt durch den Unfall als Kind) jegliches Vertrauen in mich und das Boot verloren. Bei der letzten Fahrt am Wochenende (immer in Stegsnähe) habe ich keine vier Kilometer geschafft bevor ich vor lauter Anspannung und mentaler Erschöpfung vom Wasser musste/wollte, dabei bin ich mehrmals zwischendrin zum Pause machen an den Steg gefahren, weil mir vor lauter Anspannung der rechte Fuß so sehr eingeschlafen ist, dass ich ihn nicht mehr spüren konnte. Zumindest bin ich trocken geblieben. Ich hatte eigentlich die Hoffnung, dass ich durch dieses positive Erlebnis (= nicht reingefallen) wieder etwas sicherer werde, aber emotional fühlt es sich absolut nicht so an. Ich saß am Anfang bestimmt erst mal 5 min. am Steg bis ich mich zwingen konnte endlich mal loszufahren, weil ich schon so ängstlich war. Gestern und heute hatte ich schon allein bei dem Gedanken in dieses Boot zu steigen ein Engegefühl in der Brust und musste die Angst/Panik runterdrücken (obwohl ich weiß, dass es keinen Grund für Panik gibt, eine Kenterung nicht schlimm ist und ich bis jetzt jedes Mal mich und das Boot ohne Probleme gerettet habe - ich weiß, dass es irational ist).
Ich bin nun total verunsichert und weiß im Moment nicht, wie ich weiter vorgehen soll, deswegen meine Fragen:
- Muss ich da jetzt irgendwie durch und einfach so lange weiter in das Boot einsteigen bis ich es (hoffentlich) irgendwann beherrsche bzw. es sich besser anfühlt? Oder lieber erst einmal Pause machen und wieder das 52er fahren bis ich mich darin wieder gut/sicher fühle und erst danach wieder das 46er? Oder pro Einheit ein bisschen das eine und ein bisschen das andere Boot fahren (wenn ja, in welcher Reihenfolge)? Oder ist es eher kontraproduktiv sich jetzt wieder in ein stabileres Boot zu setzen, weil man sich dann an das schmalere Boot nicht gewöhnen kann? Oder wäre es im Gegenteil eher kontraproduktiv mich in das 46er zu setzen, weil ich jetzt zu ängstlich/angespannt bin und mich nur immer weiter in eine Abwärtsspirale begebe?
- Wird dieses Boot sich irgendwann mal stabil für mich anfühlen oder ist es ab der Breite einfach immer „kippelig“ und man muss immer aktiv ausbalancieren, also können Boote dieser Breite schon keine „Unkippligkeit“ mehr erreichen? Im 52er habe ich mich ziemlich schnell, also nach vielleicht 3x fahren, sicher/stabil gefühlt und ich hatte auch schon lange nicht (mehr) das Gefühl aktiv irgendetwas ausbalancieren zu müssen. Ich hatte eher immer das Gefühl, dass das Boot das von alleine macht, wenn man es denn machen lässt und sich nicht verspannt. Ist es baubedingt unrealistisch das von einem 46er-Boot auf mehr oder weniger ruhigem Wasser in Fahrt zu erwarten? Ich war immer der Meinung, dass die im Vergleich zu Rennbooten ja noch viel breiter und demnach stabiler sind und sich so ein Effekt irgendwann einstellen müsste. Habe ich da eine grundsätzlich falsche Erwartungshaltung? (Von einem Rennboot würde ich das nie erwarten und ich habe auch keinerlei Ambitionen diese fahren zu wollen!) Leider ist für mich durch den Unfall im Kanadier damals mein subjektives Sicherheitsgefühl total wichtig – ich muss mich in dem Boot wohlfühlen können. Ein Boot, dass sich nie sicher anfühlt, hat für mich absolut keinen Wert, weil ich damit dann nie (schnell) fahren kann – und ich will ja (für meine Verhältnisse) schnell fahren.
- Wie viel Zeit muss ich realistisch einplanen, bis sich das Boot sicherer anfühlt und wie viel bis ich das Boot sinnvoll fahren kann (also tatsächlich Training auf Strecke und Zeit, ohne Kenterung oder ständigem Stützen, mit steiler Paddelführung, zumindest einer gewissen Oberköperrotation und etwas Zug auf dem Paddel)? Ab welchem Zeitpunkt muss ich mir eingestehen, dass das Boot zu schwierig für mich ist?
- Gibt es abseits des Wassers etwas das ich tun kann, um sicherer zu werden? Balanceübungen, irgendwelche spezifischen Muskeln trainieren (klassisches Rennsportkrafttraining mache ich schon), etc.?
Wer bis hierher gelesen hat: Vielen Dank dafür, ich musste mir das glaube ich einfach mal von der Seele schreiben, da ich im Moment sehr frustriert bin und Angst habe, dass ich mich jetzt durch Überambition so sehr verunsichert habe, dass ich mich nie mehr in irgendeinem Boot sicher fühlen werde.