Hallo Matthias,
Da wird Dir kaum jemand erschöpfend helfen können.
Ich sehe keine Wetterkarte, sondern eine aufs Äußerste konzentrierte Grafik eines Vorhersageproduktes (Windrichtung und -stärke). Alles, was man für eine meteorologische Beurteilung braucht, aber den Kunden nicht interessiert, ist weggelassen: Niederschlag, Temperatur, Luftdruck usw. Das ist, als wollte man einem Patienten, der nur „es tut mir weh“ sagt, die richtige Hilfe verschreiben. Ohne eine Wetterkarte, ein Satellitenbild und/oder ein paar Wettermeldungen geht da nix.
Im Nachhinein ist kaum rekonstruierbar, was Du gesehen hast. Sollte es ein starker Knick in der Windrichtung gewesen sein, ist da eine (Kalt)Front oder ein Trog durchgegangen; je stärker der Knick, desto heftiger die Schauer und die Sturmböen. Um sich die Strömungsverhältnisse klarzumachen, muß man Südhalbkugel-Wetterkarten auf den Kopf drehen und vor den Spiegel halten: dann hat man die von der Nordhalbkugel gewohnten Strömungsbilder von Hoch- und Tiefdruckgebieten. Lag es daran?
Ich stelle mir für den Südatlantik stärkere und häufigere Extreme vor als vom Nordatlantik gewohnt. Die Gründe hat Haubentaucher schon genannt: Zwischen Südpol (arktische Kaltluft) und Äquator (tropische Warmluft) haben die Luftmassen ständig Ausgleichsbestrebungen. Die finden in der dazwischenliegenden Westwinddrift statt, wo das Boot derzeit fährt, und zwar mittels Verwirbelung der verschiedenen Luftmassen mit- und ineinander (sichtbar als Tiefdruckgebiete mit Warm- und Kaltfronten). Da weit und breit kein Kontinent den Westwind stört, haben die dortigen Stürme eine Urgewalt, die auf dem Nordatlantik nur in Höhepunkten erreicht wird. Dazu kommt, daß es Süd-Frühjahr ist, die Zeit der stärksten Kaltluftvorstöße nach Norden, d. h. reger Tiefdruck- und Sturmtätigkeit. Beim Kap der Guten Hoffnung kommt erschwerend hinzu, daß hier nicht nur die Westwinddrift strömt, sondern daß zusätzlich der warme Agulhasstrom entlang der Südostküste Afrikas in die Westwinddrift hineinstößt und sich mit ihr verwirbelt. In seinem Gefolge dringt verstärkt tropische Warmluft in diesen Raum, so daß der Spezialfall des
Dreimassenecks (Verwirbelung polarer Kaltluft mit kühler Meeresluft und feuchtwarmer Tropikluft, wo sonst immer nur zwei Luftmassen beteiligt sind), 1936 an der Neufundlandbank entdeckt und dort aus dem Nichts Orkane fabrizierend, vor Südafrika öfter auftreten dürfte. Die Stromlinien möchte ich mal sehen!
Nicht umsonst galt nicht der Nordatlantik, sondern die Australienroute als Königsdisziplin der Seglerkapitäne, und eine Kajakumrundung Tasmaniens gilt als ebenso mutig wie eine Umrundung des ganzen „restlichen“ Australien. Der gute Mann auf dem Trimaran hat sich was vorgenommen; Hals- und Beinbruch.
PS. Ich habe jetzt den Knopf zum Zurückklicken des Bildes gefunden (die Darstellung ist nicht selbsterklärend und ein grausames Augenpulver): Meinst Du das enge Nebeneinander von Sturm und Schwachwindgebiet auf wenigen hundert km zwischen dem Boot und Kapstadt? Der Fall ist auf dem Nordatlantik nicht alltäglich, tritt aber durchaus auf und läßt, vorsichtig gesagt, auf ein direktes Nebeneinander eines ausgeprägten Hochs und eines Tiefs schließen. Mehr will ich angesichts dieser mageren, effekthaschenden Darstellung nicht herauslesen. Für das Nachtragen der Breitenkreise habe ich keine Seekarte, und um den Rechner umzudrehen und vor den Spiegel zu tragen, fehlt mir die Energie.
Gernot