Lieber Baron,
es liegt nicht am Touryak oder am Seayak, aber es würde an jedem anderem Boot liegen.
Was Du mit "ausgleichen" umschreibst, scheint anhand Deiner Beiträge nicht das Stützen, sondern die Geradeausfahrt zu betreffen.
"
Das Paddeln habe ich mit einen sehr kurzen Boot angefangen. Leider war es wie ein Kreisel, ..." Kreisel oder Brummkreisel sind (auch leider) Worte von Einsteigern, die sich nicht die Mühe machen wollen paddeln zu lernen, sondern feststellen, dass es mit etlichen Booten ja auch ohne ganz gut geht. Die eigene Unfähigkeit wird mit verächtlichen Bemerkungen über ausgezeichnete Boote übertüncht. Dabei kann es nicht an den Booten liegen, dass der eine sie schnurstrack geradeaus fahren kann und der keine 10 Meter. Ich nehme immer ein Slaomboot, um Kindern oder auch mal Einsteigern in gesetzterem Alter zu zeigen, wie ein Boot auf meine Paddelschläge beim Start und dann bei Geradeausfahrt reagiert.
"
Ich habe mal den Kodiak gefahren, der sollte eigentlich schneller sein, als der Tourjak, was ich allerdings nicht feststellen konnte." Schneller betrifft meistens einen Geschwindigkeitsbereich, der zwar schneller ist, aber auch erstmal erreicht werden will. Der Leichtlauf ab Start und das Paddeln mit konstant 40 Watt ist ein Lieblingsthema einiger, die entsprechende Boote empfehlen. Ein schnelles Boot ist mit etwas Ausdauer und Übung verbunden, denn diese Boote werden irgendwann auch kippliger. Entweder weil sie runder oder schmäler werden, oder noch schlimmer runder und schmäler werden.
"
Der ist aus Carbon Aramid und hat eine sehr gute Geschwindigkeit und einen guten Geradeauslauf." ... ein Kajak ist kein Auto, eher eine Kutsche oder ein Sattel. Es gibt auch keine schnellen und langsamen Sättel. Fast jeden Kajak kann man zumindest ohne Seitenwind gut geradeaus fahren aber nur wenige sind wirklich wendig.
Wie auch immer, es ist PE geworden, wie es ja auch Dein ursprünglicher Wunsch war und nichtmal das schlechteste:
"
Ich hatte mir den Seayak 520 gekauft und fand ihn doch sehr kibbelig, auch wenn ich aufm Rhein nicht reingefallen bin.
Ich habe aber nun den Tourjak 500 und auch wenn er nicht ganz so schnell ist, so ist er sehr sicher."
.............. ... kurz darauf:
"
Also ich musste nun feststellen, dass der verlängerte Tourjak überhaupt nichts für mich ist und somit fast das schlechteste Boot war."
Das
Kanten des Bootes soll demjenigen, der dieses Fahren liebt, eine weitere Möglichkeit geben, das Boot zu steuern. Ein Boot, das willig auf dieses Kanten reagiert, wird mit jedem Kanten - ob absichtlich oder versehentlich - seine Richtung entsprechend ändern. Wenn man das nicht mag, muss man entweder mit dem Kanten aufhören oder ein Boot fahren, das sich von sowas weniger beeindrucken lässt.
Unbeabsichtigte
Richtungsänderungen werden sonst gerne einem Ziehen mit ungleichmäßiger Kraft links und rechts zugeschrieben, haben aber viel öfter einen ungleichmäßigen, fast immer verspäteten Aushub als Ursache. Auch mit einer sehr flachen entspannten Paddelführung fährt man mit abwechselnden Bogenschlägen. Wie beim Auto kann ich natürlich auch dann geradeausfahren, wenn ich schnell genug links-rechts steuere, aber sehr elegant ist es nicht und schon gar nicht einfacher.
Ein
schnelleres Boot macht erst Sinn, wenn Deine Leidens- und Lernbereitschaft wächst oder die Bootsbeherrschung vorher schon gewachsen ist. Zu sagen, ich kaufe ein neues Boot, denn ich komme mit dem und dem Allroundboot nicht zurecht und es ist mir auch zu langsam, bringt garnichts, wenn es an der Paddeltechnik liegt. Das neue, schnellere Boot wird Dich noch mehr fordern bzw. überfordern. Boote, die nichts, aber auch wirklich garnichts von ihrem Fahrer fordern, gingen in Richtung Dayliner, Lettmann-Trailer. Immerhin belohnen sie den, der nichts will und nichts kann mit ein paar netten Stunden auf dem Wasser.
Aber das gerade willst Du doch nicht. Also ran an die Boulettten!
Meine Tipps:
- Keine Boote mehr kaufen oder verkaufen - jedenfalls nicht die nächsten zwei Jahre!
- Am Touryak das Steuer runter, losfahren und eine Peilmarke an Land suchen. Damit erkennst Du, ob Du schon in die eine oder andere Richtung hingierst.
- Rechtzeitig aber dafür gefühlvoll mit dem Fußsteuer die Richtung korrigieren.
- Einstich weit vorn, gerade sitzend mit voll gestrecktem Arm auf der Zugseite.
- Aushub einleiten, sobald der Oberarm senkrecht nach unten zeigt. Spätestens bei 20° nach hinten sollte das Paddel vollständig ausgehoben sein.
- Zuhause vor dem Spiegel mit einem Besenstiel üben und schauen, ob man wirklich gleichförmige Bewegungen macht.
evtl. Paddelkameraden von seinem Problem erzählen und bitten, mal auf die Paddelführung zu achten. Alternativ vielleicht eine Actioncam mitlaufen lassen. - Still sitzen, das Gleichgewicht selbst finden und nicht jede Bewegung des Bootes mit einer eigenen Abstütz-Bewegung in die gleiche Richtung verstärken.
- Notfalls mal woanders als auf dem Rhein, zumindest dem Hauptstrom fahren, damit Du nicht auf zu viele Sachen gleichzeitig achten musst.
- Saisonende ist der 31.12., Saisonbeginn der 1.1. Wenn Du nicht dranbleibst, fängst Du jedes Frühjahr nach monatelanger Pause fast von vorn an. Nicht ganz aber fast.
viele Grüße und lass Dich nicht ärgern,
Chris