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Offiziell: Fahr- u. Vorfahrtsregeln für Küstenpaddler

geschrieben von Anonymer Teilnehmer 
Anonymer Teilnehmer
Offiziell: Fahr- u. Vorfahrtsregeln für Küstenpaddler
30. Januar 2002 10:12

Haben Paddler ein Recht auf die Benutzung der Fahrwasser im Rahmen der SeeSchStrO oder haben sie da „gar nix zu suchen ?“
Sind die muskelgetriebenen Boote der Paddler den Fahrzeugen mit Maschinenantrieb im Bereich der SeeSchStrO gleichzusetzen und müssen sie wie diese den Seglern auf Kollisionskursen generell ausweichen oder sind Paddler in jeder Hinsicht vorfahrtsgerechtigt ?
Das waren und sind die zentralen Fragen, die unter dem Stichwort Vorfahrtsregeln bereits recht lebhaft und kontrovers diskutiert wurden und die Claus Lund und mich unabhängig voneinander zu einer Anfrage bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord bewegt haben.
Der zuständige Sachbearbeiter Herr Heesch hat sich sehr ausführlich mit diesem Thema befaßt. Seine Stellungnahme liegt jetzt vor.

Zum besseren Verständnis sollte man sich jedoch zunächst noch einmal Klarheit über den eigentlichen Geltungsbereich der SeeSchStrO verschaffen. Dabei handelt es sich nicht etwa um den Bereich einer Wasserfläche bis zu 3 Seemeilen Abstand von der Küstenlinie, wie man mißverständlich meinen könnte. Vielmehr ist der gesamte Bereich zwischen der Küstenlinie bei mittlerem Hochwasser und einer Linie von 3 Seemeilen Abstand seewärts der Basislinie betroffen.
Diese Basislinie verläuft etwa auf der Höhe der ost- bzw. nordfriesischen Inseln. In einem Abstand von 3 Seemeilen davon ist die seewärtige Begrenzung des Geltungsbereichs der SeeSchStrO zu ziehen. Der gesamte Bereich zwischen der Küstenlinie und dieser seewärtigen Begrenzung, aber auch Teile der einlaufenden Binnenflüsse wie der Weser und Unterelbe etc. unterliegen der SeeSchStrO, und zwar sowohl hinsichtlich aller Wattflächen als auch der gekennzeichneten Fahrwasser. Betroffen ist also der Kernbereich des Salzwassersports.
Soweit die SeeSchStrO in diesen Bereichen keine Vorschriften zu den Vorfahrts- und Fahrregeln enthält, sind diese den Kollisionsverhütungsregeln zu entnehmen, die auch außerhalb dieses Bereichs, auf der hohen See, gelten.

Unter diesen Voraussetzungen lassen sich die Ausführungen des Herrn Heesch im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

In den gekennzeichneten Fahrwassern der SeeSchStrO sind die Regeln für Paddler eindeutig. Im einzelnen handelt es sich dabei um: das Rechtsfahrgebot gemäß der Regel 9 a der Kollisionsverhütungsregeln; das Überholen gemäß § 23 der SeeSchStrO; das Begegnen bei entgegengesetzten Kursen gemäß § 24 SeeSchStrO; die Vorfahrt der Schifffahrt im Fahrwasser gemäß § 25 SeeSchStrO.
Außerhalb des Fahrwassers bestehen weder nach der seit 1961 geltenden SeeSchStrO noch nach den ergänzenden Kollisionsverhütungsregeln Fahr- oder Ausweichregeln zwischen Maschinenfahrzeugen/Segelfahrzeugen und „muskelgetriebenen Fahrzeugen“ und „muskelgetriebenen Fahrzeugen“ untereinander.
Das Verhalten der vorgenannten Fahrzeuge in diesem Bereich kann sich daher nur nach den Grundregeln für das Verhalten im Verkehr nach § 3 der SeeSchStrO richten.
Dort lautet eine der wichtigsten Grundregel u.a.:
Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, daß die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gewährleistet ist und daß kein Anderer geschädigt, gefährdet, oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Er hat insbesondere die Vorsichtsmaßregeln zu beachten, die Seemannsbrauch oder besondere Umstände des Falles erfordern .... „
Herr Heesch ist der Auffassung, daß es der Verordnungsgeber für ausreichend gehalten hat, beim Verhalten von anderen Fahrzeugen gegenüber „muskelgetriebenen“ Fahrzeugen vor allem die Grundregel des § 3 Abs. 1 der SeeSchStrO in Anwendung zu bringen.
Diese Verfahrensweise habe sich auch deshalb als richtig herausgestellt, da sich in der Vergangenheit keine schweren Unfälle mit „muskelgetriebenen Fahrzeugen“ ereignet hätten.

Wie in meiner früheren eigenen Bewertung ( Forumsbeitrag vom 19.1.02 ) bereits im wesentlichen schon vorweggenommen, läßt sich danach zusammenfassend sagen:

Kajakfahrer dürfen die gekennzeichneten Fahrwasser der SeeSchStrO genauso benutzen wie alle anderen Wasserfahrzeuge. Sie müssen allerdings die o.a. Fahr- und Vorfahrtsregeln gemäß den §§ 21 ff. der SeeSchStrO einhalten.
Kajaks sind in keiner Weise gleichzusetzen mit Wasserfahrzeugen unter Maschinenantrieb.
Befinden sie sich mit einem Maschinenfahrzeug, Segler oder anderen Wasserfahrzeug auf Kollisionskurs, so ist vielmehr folgendes zu beachten:
Innerhalb der Fahrwasser der SeeSchStrO gilt die Begegnungsregel des § 24 SeeSchStrO. Jedes Fahrzeug muß so rechtzeitig nach Steuerbord ausweichen, daß ein Zusammenstoß vermieden wird. Im übrigen ist auf das Rechtsfahrgebot ( Regel 9 a KVR ), die Verpflichtung beim Überholen ( § 23 SeeSchStrO ) und die Vorfahrt der Schiffahrt im Fahrwasser ( § 25 SeeSchstrO ) zu achten.
Außerhalb der Fahrwasser gilt die vorstehend dargestellte Grundregel des § 3 der SeeSchStrO unter besonderer Berücksichtigung der Grundsätze des Seemannsbrauchs und der Umstände des Einzelfalles.
Danach wird man wohl dem Kajaker unter zügiger Fahrt ein Ausweichen gegenüber einem schwerfällig dahin dümpelnden Segler jederzeit zumuten können. Der Segler dagegen wird sich kaum auf sein Vorfahrtsrecht berufen können, wenn er pfeilschnell auf einen mühsam gegen Wind und Welle dahinstampfenden Paddler zufährt. Der große Grau-Bereich dazwischen dürfte sich einer eindeutigen Bewertung im Konfliktfall entziehen.
Aber, glücklicherweise, so Herr Heesch von der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Nord, ist ja auch noch nicht viel passiert.

Ich hoffe, daß ich zur Vermehrung besserer Einsichten alles einigermaßen richtig zusammengefaßt habe. Meine Bewertung möchte ich noch für einen weiteren Beitrag vertiefen. Ich bitte daher sofort um sachdienlichen Protest, wenn der eine oder andere Gesichtspunkt nicht richtig dargestellt wurde oder ergänzt werden sollte.

Mit besten Grüßen – Carlo.
Anonymer Teilnehmer
Danke für Deine Arbeit
30. Januar 2002 10:17
Moin,
whow, danke für Deine Arbeit!!!!

Grüße

Black&White
Anonymer Teilnehmer
mein wirklich letzter Beitrag zu den KVR.
31. Januar 2002 12:18
Vielleicht muß man noch darauf hinweisen, daß es unter den Niedrigen auf dem Wasser welche gibt, die noch niedriger sind.
Gemäß §31 (1+2) SeeSchStrO gibt es tatsächlich eine Gruppe von Fahrzeugen, die auch im Gebietsbereich der KVR uns gegenüber ausweichpflichtig sind. Aus dieser Gruppe am ehesten relevant sind die Segelsurfer. Sie sind allen ausweichpflichtig. Auch den Kajaken! Das Fahrwasser ist ihnen sowieso verboten. Wenn man also die Begegnung überlebt und der erste Schrecken nachgelassen hat, darf man sie verbal zur Schnecke machen. Meist sind das aber ganz liebe Mitmenschen, die mit sich und dem Brett ausreichend beschäftigt, die nähere Umgebung garnicht wahrnehmen. Also auch hier gilt Vorsicht als die höhere Tugend. Es bleibt eben die Einsicht, daß wir die Moorhühner der KVR sind und Jagdsaison ganzjährig ist.
Es wünscht diesem Forum noch langes Bestehen. Damit klinke ich mich aus.
claus lund
Anonymer Teilnehmer
Moorhühner der KVR, Jagdsaison ganzjährig
31. Januar 2002 12:37
@Carlo - das war eine ausgezeichnete Arbeit. Als Binnenpaddler habe ich sie mit Interesse gelesen und beim zweiten Mal auch verstanden.
@ claus - *gg* Klasse auf einen Nenner gebracht. Dabei: Unbesehen von allen rechtlichen Möglichkeiten und Pflichten - am Ende ist es ja doch die Umsicht und Rücksichtnahme, die zählt. Dass sich beharrendes oder aggressives Verhalten auf dem Wasser auszahlt, kann ich mir nicht vorstellen.

meine 2 cent,
und Grüsse Frank
Carlos Beitrag im Seekajakforum vom 30.01.02 betreffs
1. Haben Paddler ein Recht auf die Benutzung der Fahrwasser im Rahmen der SeeSchStrO oder haben sie da "gar nix zu suchen ?"
2. Sind die muskelgetriebenen Boote der Paddler den Fahrzeugen mit Maschinenantrieb im Bereich der SeeSchStrO gleichzusetzen und müssen sie wie diese den Seglern auf Kollisionskursen generell ausweichen oder sind Paddler in jeder Hinsicht vorfahrtsgerechtigt?


Moin Carlo,

entschuldige die späte Antwort, aber ich war in Urlaub und mein PC lag darnieder mit einem Virusinfekt. Ich habe leider erst gestern Deinen Beitrag gefunden. Mit Deinen Schlussfolgerungen stimme ich nicht ganz überein. Hier meine Stellungnahme:


1. Haben Paddler ein Recht auf die Benutzung der Fahrwasser im Rahmen der SeeSchStrO oder haben sie da "gar nix zu suchen ?"


Wie kommst Du darauf, dass es eine Meinungsverschiedenheit in dieser Frage gibt. Du scheinst da über meine Bemerkung zu Deinem Disput mit dem Lotsen gestolpert zu sein. Der hatte augenscheinlich vor allem "sein" ihm bekanntes Fahrwasser im Sinn. Und da wo er so auf der Elbe dicke Dampfer lotst, ist in der Regel überall genügend Platz für Kajaker ausserhalb der Fahrwasser. Der Lotse denkt also vor allem an § 2 Abs. (1) 1. der SeeSchStrO: " ... die Fahrwasser gelten als enge Fahrwasser im Sinne der Kollisionsverhütungsregeln.". und gem.Regel 9 b der KVR darf "ein Fahrzeug von weniger als 20 m Länge ... nicht die Durchfahrt eines Fahrzeuges behindern, dass nur innerhalb eines engen Fahrwassers oder einer Fahrrinne sicher fahren kann.". Mal ehrlich, da ist es doch nur vernünftig, als Paddler aus dem Kinken zu bleiben.

Natürlich gibt es auch genug denkbare Situationen, wo man als Paddler in einem Fahrwasser paddeln muss. Oft ist ausserhalb der Pricken in einem Wattfahrwasser nicht mehr genug Wassertiefe zum Paddeln. Oder aber in Höhe Cuxhaven geht das Fahrwasser bis an die Spundwand. Jeder, der elbauf paddelt und nach Cuxhaven z.B. in den Segelhafen will, muss im Fahrwasser fahren. Weiter elbauf im Hamburger Hafen (so etwa ab Teufelsbrück) geht das Fahrwasser ebenfalls von Ufer zu Ufer.

Ich bin aus folgenden Gründen der Ansicht, dass man sich als Kajaker möglichst ausserhalb der Fahrwasser halten sollte, wenn dies möglich ist.

==> Die Aufmerksamkeit der Wachgänger oder Lotsen ist naturgemäss auf den Verkehr im Fahrwasser gerichtet und ein Paddler wird da schnell übersehen. In einem solchen Fall hofft mann dann vergeblich auf das Manöver des letzten oder vorletzten Augenblicks.

==> Wenn man dann von dem Grossen entdeckt wird, ist jeder Schiffsführer gem. KVR Regel 8 Abs. (f) (iii) verpflichtet, einen Zusammenstoss zu vermeiden, mag er auch Vorfahrt haben. Dann ist ein Manöver gefordert, dass zu einem sog. sicheren Passierabstand führt. Für einen Kapitän auf der Brücke eines Schiffes ist dieser sichere Abstand zum Paddler sehr wahrscheinlich viel grösser, als für den Paddler vor seinem Bug. Mag dieser noch denken, dass das wohl klar gehen wird, befürchtet der Schiffsführer vielleicht schon, den Kajaker überzumangeln oder mindestens zum Kentern und somit in ernsthafte Gefahr zu bringen. Ich will damit sagen, dass man als Paddler darauf achten sollte, nicht einen anderen Verkehrsteilnehmer in eine Situation zu bringen, in der er dann - in der Annahme, etwas Schreckliches verhindern zu müssen - vielleicht eine Strandung o.ä. in Kauf nimmt. Das wäre schlechte Seemannschaft und verstösst sicherlich gegen § 3 Abs. (1) der SeeSchStrO. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass z.B. bei einem mittelgrossen Containerschiff wegen der hohen Decksladung der Bereich vom Bug bis ca. 400 m davor von der Schiffsbrücke aus überhaupt nicht einzusehen ist.

Die von Dir zitierten Paragraphen sind natürlich zutreffend, wenn mann doch mal im Fahrwasser paddelt.


2. Sind die muskelgetriebenen Boote der Paddler den Fahrzeugen mit Maschinenantrieb im Bereich der SeeSchStrO gleichzusetzen und müssen sie wie diese den Seglern auf Kollisionskursen generell ausweichen oder sind Paddler in jeder Hinsicht vorfahrtsgerechtigt?


Die Idee, die Fragen über die Nutzung der Fahrwasser gem. SeeSchStrO durch Paddler und die Einstufung der Kajaks als Fahrzeugtyp gem. Regel 3 der KVR von einem unabhängigen Vertreter der WSD Nord prüfen zu lassen, finde ich gut. Allerdings hilft seine Antwort wenig. Der von Dir angeführte § 3 Abs. (1) der SeeSchStrO besagt: " Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gewährleistet und dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Er hat insbesondere die Vorsichtsmassregeln zu beachten, die Seemannsbrauch oder besondere Umstände des Falles erfordern. ...".

Das gilt schließlich für alle Verkehrsteilnehmer gleichermassen. AUSSERDEM finden wir uns aber als Paddler in Regel 3 der KVR wieder. Der dort genannte Ausdruck »Fahrzeug« umfasst schliesslich alle Wasserfahrzeuge einschliesslich nicht wasserverdrängender Fahrzeuge und Wasserflugzeuge, die als Beförderungsmittel auf dem Wasser verwendet werden oder verwendet werden können. Die im Fortgang des Textes dann definierten Fahrzeutypen, wie z.B. Maschinenfahrzeug, Segelfahrzeug, manövrieunfähiges Fahrzeug, manövrierbehindertes Fahrzeug und tiefgangbehindertes Fahrzeug heben weniger auf die exakte Antriebsart als vielmehr auf die Fähigkeit oder auch Unfähigkeit zu manövrieren ab. Schliesslich wird auch nicht in Hochgeschwindigkeitskatamaran, Riesentanker und Barkasse unterschieden. Alle gehören zu Maschinenfahrzeugen, solange sie gemäss ihrer Möglichkeiten unabhängig von Wind, Wassertiefe, ihrem spezifischen Auftrag oder Netzen frei mit ihrem Antrieb manövrieren können und in der Lage sind, die Ausweich- und Fahrregeln einzuhalten. Ansonsten haben sie auf eine etwaige Behinderung mit entsprechenden Signalen hinzuweisen.

Fahrzeuggrösse, Stärke des Antriebes, Geschwindigkeit oder Seegängigkeit sind keine Kriterien. Und das ist ja schliesslich auch sinnvoll, denn wer weiss schon, wie schnell oder seegängig ein in Sicht befindliches Fahrzeug tatsächlich ist. Auch z.B. des nachts. Das mit dem dümpelnden bzw. pfeilschnell dahinjagenden Segler ist also nur Deine eigene Überzeugung!

Unter dieser Perspektive ordne ich Paddler als den Maschinenfahrzeugen in ihrer Manövrierbarkeit gleichgestellt. Selbst bei einem Seegang, wo wir vielleicht nicht mehr jeden Kurs steuern können, sind wir doch bei der Gefahr eines Zusammenstosses in der Lage, unser Boot anzuhalten bzw. langsamer zu fahren. Wären wir auch dazu nicht mehr in der Lage, dann haben wir in unseren kleinen Booten das Handikap, z.B. eine Manövrierunfähigkeit nicht für andere Verkehrsteilnehmer sichtbar machen zu können. Wenn Du jetzt vielleicht erwiderst, dass bei Schietwetter ja jeder sehen kann, welche Mühe und Qual wir haben, dann möchte ich einwerfen, dass das ebenfalls rein subjektiv ist und nicht eindeutige Rückschlüsse auf unsere Situation zulässt. Welcher Paddler hat nicht schon den mitleidsvollen Blick der Motorbootskipper erlebt, die gar nicht verstehen können, warum auch bei Bft 4-5 Paddeln Spass macht, auch wenns schifft.

Deine Fragestellung mit der Begrenzung auf "... im Bereich der SeeSchStrO..." verstehe ich übrigens in diesem Zusammenhang nicht. Einige unserer Kollegen waren doch schon in Helgoland. Und das liegt ganz eindeutig im Bereich der KVR-Regeln und weit ab der SeeSchStrO.



Meine Quintessenz:


1. Für die Benutzung der Fahrwasser der SeeSchStrO sollten wir in jedem Falle anderen auf das Fahrwasser angewiesenen Verkehr nicht behindern und uns wenn möglich ausserhalb halten. Das ist m. E. eine gesunde Grundregel. Fahren wir im Fahrwasser, dann gelten natürlich die von Carlo zitierten Paragraphen der SeeSchStrO.

2. In ihrer Fähigkeit zu manövrieren sind Paddler aus den genannten Gründen den Maschinenfahrzeugen gleichgestellt. Wegen zu geringer Seegängigkeit, Geschwindigkeit o.ä. können wir nicht auf ein Vorfahrrecht pochen. Leider ist es für uns Paddler auch schwierig, etwa eine Manövrierunfähigkeit sichtbar anzuzeigen. Da bleiben uns im Notfall nur das weisse und ggfs. rote Signal. Bei höherem Wellengang sollten wir Paddler unter gar keinen Umständen unterschätzen, wie leicht wir im Seegang unentdeckt bleiben. Und die Ausweichregeln gelten gem. KVR Regel 11 nur für einander in Sicht befindliche Fahrzeuge.



Wie geht es nun weiter:


Wenn wir nun schon nicht zu einem gemeinsamen Schluss finden, so halte ich diese etwas schreibintensive Auseinadersetzung im Forum für wenig hilfreich. Ich bin auch beruflich zur Zeit sehr eingebunden und komme selten dazu mal ins Forum zu schauen.

Ich hatte schon vor einiger Zeit angeboten, die kajakspezifischen Verkehrsrechtsfragen in Form eines Workshops zu diskutieren. Mein Vorschlag war, das in Stralsund zu tun. Was hälst Du davon. Vielleicht findet sich ja ein interssiertes Pubklikum. Und für einen Abend ist das ausreichend Stoff.


Quellenhinweise:


Axel Bark, SeeSchStrO mit Schiffahrtsordnung Emsmündung, 9. Überarbeitete Auflage, Delius Klasing Verlag, Bielefeld, 1999
Axel Bark, Kollisionsverhütungsregeln, 4. Auflage, Delius Klasing Verlag, Bielefeld, 1995

--

Herzliche Grüße,
Eckart Pfeffer
Anonymer Teilnehmer
Re: Vorfahrtregeln für Seekajaker
05. März 2002 09:22
Moin Eckart,

mir gefällt Deine Zusammenfassung sehr gut, entspricht sie doch nicht nur den gültigen Rechtsvorschriften sondern ist auch pragmatisch -berücksichtigt auch die Befindlichkeiten der Wachgänger auf den dicken Pötten-, dürfte allen einleuchten und in der Praxis gut umsetzbar sein.

Ich halte den Vorschlag eines Workshops anläßllich der SaU-Woche in Stralsund für prima ... wenn Du magst, arbeite ich mit.

herzlicher Gruß
Dietmar
Anonymer Teilnehmer
Seekajak = Maschinenfahrzeug?
11. März 2002 21:30
Ahoi,

ich möchte hier einige Aspekte von Eckart Pfeffers Beitrag vom 4.3.02
aufgreifen:

Eckart baut seine Argumentation so auf, dass er zu dem Ergebnis kommt, dass
"Paddler aus den genannten Gründen den Maschinenfahrzeugen gleichgestellt sind."
Die Gründe versucht er dabei selber zu konstruieren, in dem er nämlich die Regel
3 der Kollisionsverhütungsregel (KVR) dergestalt interpretiert, dass diese Regel
bei der Definitionen der "Fahrzeugtypen, wie z.B. Maschinenfahrzeug,
Segelfahrzeug .... weniger auf die exakte Antriebsart als vielmehr auf die
Fähigkeit oder auch Unfähigkeit zu manövrieren ab(hebt)."

Liest man jedoch diese Regel 3 wortwörtlich durch, so frage ich mich jedoch, wie
Eckart eine derartige Interpretation vornehmen kann:

Regel 3 KVR ("Allgemeine Begriffsbestimmung")
(a) "Der Ausdruck "Fahrzeug" umfasst alle Wasserfahrzeuge ..., die als
Beförderungsmittel auf dem Wasser verwendet werden oder verwendet werden
können."
(b) "Der Ausdruck "Maschinenfahrzeug" bzeichnet ein Fahrzeug mit
Maschinenantrieb."
(c) der Ausdruck "Segelfahrzeug" bezeichnet ein Fahrzeug unter Segel, dessen
Maaschinenantrieb, falls vorhanden, nicht benutzt wird."
....

D.H. Die KVR hebt definitiv auf die Antriebsart eines Schiffes ab. Hat es
Maschinenantrieb ist es ein "Maschinenfahrzeug", fährt es (ohne Motorkraft)
unter Segel ist es ein "Segelfahrzeug".

Ja, und was ist ein "Seekajak"? Nun, es ist gemäß dieser Definitionsvorgaben der
KVR weder ein "Maschinenfahrzeug" noch ein "Segelfahrzeug", sondern schlicht weg
ein "Fahrzeug". Übrigens, das gilt auch für die Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung;
denn § 2 Abs. 1 SeeSchStrO sagt eindeutig Folgendes aus:

"Für diese Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen der Regel 3 ... der KVR
..."

Welche Konsequenz hat das nun für das Küstenkanuwandern? Auf alle Fälle ist die
analoge Übertragung der folgenden Regel nicht zulässig:

Regel 18 KVR ("Verantworlichkeit der Fahrzeuge untereinander")

"Sofern in den Regel 9, 10 und 13 nicht etwas anderes bestimmt ist, gilt
Folgendes:
(a) Ein Maschinenfahrzeug in Fahrt muss ausweichen:
... (iv) einem Segelfahrzeug."

D.h. ein Seekajak ist kein Maschinenfahrzeug, folglich muss es einem
Segelfahrzeug nicht immer ausweichen. Das Seekajak ist genauso ein
(Wassersport)Fahrzeug wie das Segelfahrzeug auch. Die Regel, die für solche
Fahrzeuge gelten, müssen beide gleichermaßen einhalten. Welche das sind, hat
Carlo Schagen in seinem Beitrag vom 30.01.02 aufgeführt. Carlo hat zu Recht auch
auf die Geltung von § 3 SeeSchStrO ("Grundregeln für das Verhaltgen im Verkehr")
verwiesen, die nichts anderes besagt, dass jeder eine Kollision verhüten
muss und letztlich keiner - wir kennen es ja auch vom Straßenverkehr - die
Vorfahrt erzwingen darf. D.h. nach einer Kollision wird immer zu prüfen sein,
warum z.B. ein Küstenkanuwanderer bzw. ein Segler diese Kollision nicht
verhindert hat. Da wird ein Segelfahrzeug (unter Fahrt) (aber auch ein
Maschinenfahrzeug) schlechte Karten haben, wenn es ein bei 6 Bft. auf der Stelle
dümpelndes Seekajak überfährt.

... Aber die "schlechtesten Karten" hat natürlich immer der Küstenkanuwanderer;
denn was hat er schon von seinem "Recht", wenn er überfahren wird. Also sollte
er sehr vorausschauend fahren. Insofern wird keiner die folgende Aussage von
Eckart widersprechen:

"Für die Benutzung der Fahrwasser sollten wir in jedem Falle anderen auf das
Fahrwasser angewiesenen Verkehr nicht behindern und uns wenn möglich ausserhalb
halten!"

Eckart stellt dies jedoch als eine "gesunde Grundregel" dar und vermittelt
dadurch zumindest in diesem Abschnitt den Eindruck einer gewissen
"Unverbindlichkeit". Das trifft aber bezüglich des ersten Halbsatzes nicht zu;
denn es ist die folgende KVR-Regel, die das ausdrücklich vorschreibt:

Regel 9 KVR ("Enge Fahrwasser")
...
(b) "Ein Fahrzeug von wengier als 20 Meter Länge ... darf nicht die Durchfahrt
eines Fahrzeugs behindern, das nur innerhalb eines engen Fahrwassers oder einer
Fahrrinne sicher fahren kann."
...
(d) "Ein Fahrezug darf ein enges Fahrwasser oder eine Fahrrinne nicht queren,
wenn dadurch die Durchfahrt eines Fahrzeugs behindert wird, das nur innerhalb
eines solchen Fahrwassers oder einer solchen Fahrrinne sicher fahren kann. ...
(e) (i) Kann in einem engen Fahrwasser oder in einer Fahrrine nur dann sicher
überholt werden, wenn das zu überholende Fahrzeug mitwirkt, so muss das
überholende Fahrzeuge seine Absicht durch das entsprechende Signal ... anzeigen.
Ist das zu überholende Fahrzeug einverstanden, so muss es dass entsprechende
Signal ... geben und Maßnahmen für ein sicheres Passieren treffen. ..."
(siehe auch § 23 Abs. 4 SeeSchStrO)

D.h. in einem engen Fahrwasser oder einer Fahrrinne, z.B. in einem fast
trockengefallen engen Priel, dem entlang das Fahrwasser verläuft, müssen wir
Küstenkanuwanderer lt. KVR möglichst jedem anderen Fahrzeug mit Tiefgang
ausweichen, damit dies sicher passieren kann. Am Besten - und nur das wäre als
"gesunde Grundregel" anzusehen - sollte man das eng Fahrwasser verlassen und
gegebenenfalls eine Grundberührung - sofern unproblematisch - in Kauf nehmen.

Übrigens, wenn wir uns dann außerhalb des Fahrwassers befinden, wird von uns
Folgendes verlangt:

§ 22 SeeSchStrO: Abs. 2: "Außerhalb des Fahrwasser ist so zu fahren, dass klar
erkennbar ist, dass das Fahrwasser nicht benutzt wird."

D.h. wir sollten es vor Passieren des anderen Fahrzeuges vermeiden, wieder ins
Fahrwasser zurückzufahren bzw. es zu queren, nur weil wir dort z.B. tieferes
Wasser für uns erhoffen, bzw. weil die Mehrheit der Gruppe dort paddelt.
Grundsätzlich wird in solch einer Situation von uns erwartet, zunächst einmal
das Fahrzeug passieren zu lassen:

§ 25 SeeSchStrO: Abs. 6: "Ein Fahrzeug, dass die Vorfahrt zu gewähren hat, muss
rechtzeitig durch sein Fahrverhalten erkennen lassen, dass es warten wird. Es
darf nur weiterfahren, wenn es übersehen kann, dass die Schifffahrt nicht
beeinträchtigt wird."

Kann ich aber als Küstenkanuwanderer nicht die enge Fahrrinne verlassen (weil
sich z.B. auf beiden Seiten Buhnen mit dicken Steinpackungen befinden, brauche
ich jedoch keine Angst zu haben, dass mich z.B. ein überholende Fahrzeug aus dem
Kajak "hebelt":

§ 23 SeeSchStrO:
Abs. 1: "Grundsätzlich muss links überholt werden. Soweit die Umstände des
Falles es erfordern, darf rechts überholt werden."
Abs. 2: "Das überholende Fahrzeug muss ... die Fahrt so weit herabsetzen oder
einen solchen seitlichen Abstand vom vorausfahrenden Fahrzeug einhalten, dass
kein gefährlicher Sog entstehen kann und während des ganzen Überholmanövers jede
Gefährdung des Gegenverkehrs ausgeschlossen ist. ..."

D.h. jedoch nicht, dass der Küstenkanuwanderer einfach seinen Kurs weiterfahren
darf; denn der nächste Satz von Abs. 2 lautet wie folgt:

"... Das vorausfahrende Fahrzeug muss das Überholen soweit wie möglich
erleichtern."

Übrigens, in § 24 SeeSchStrO wird das "Begegnen" von Fahrzeugen geregelt:

Abs. 1: "Beim Begegnen auf entgegengesetzten oder fast entgegengesetzen Kursen
im Fahrwasser ist nach Steuerbord auszuweichen."

Leider fehlt jedoch eine § 23 Abs. 2 entsprechende Formulierung zum Schutz vor
"gefährlichem Sog", die so nur für das Überholen, nicht aber für das Begegnen
festgelegt ist. Aber das ist nicht kritisch für uns, da es noch die folgende
Vorschriften gibt:

§ 21 Abs. 2 SeeSchStrO: "Beim Begegnen, Überholen und Vorbeifahren an Fahrzeugen
... ist ein sicherer Passierabstand nach Regel 8 Buchstabe d der KVR
einzuhalten."
Regel 8 Buchstabe d der KVR: "Ein Manöver zur Vermeidung eines Zusammenstoßes
mit einem anderen Fahrzeug muss zu einem sicheren Passierabstand führen. Die
Wirksamkeit des Manövres muss sorgfältig überprüft werden, bis das andere
Fahrzeug endgültig vorbei und klar ist."
§ 3 Abs. 1 SeeSchStrO: "Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass
die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gewährleistet und dass kein Anderer
geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach dem Umständen unvermeidbar, behindert
oder belästigt wird. ..."

Welche weiteren Regeln der KVR bzw. §§ der SeeSchStrO, die Carlo Schagen in
seinem Beitrag nicht aufgeführt hat, sind nun für das Küstenkanuwandern von
Bedeutung. Z.B.

Regel 17 a KVR:
(i) "Muss von zwei Fahrzeugen eines ausweichen, so muss das andere Kurs und
Geschwindigkeit beibehalten (Kurshalter)".
(ii) "Der Kurshalter darf jedoch zur Abwendung eines Zusammenstoßes selbst
manövrieren, sobald klar wird, dass der Ausweichpflichtige nicht angemessen nach
diesen Regeln handelt."

Regel 8 KVR:
(a) "Jedes Manöver zur Vermeidung eines Zusammenstoßes muss, wenn es die
Umstände es zulassen, entschlossen, rechtzeitig ... ausgeführt werden ..."
(b) "Jede Änderung des Kurses und/oder der Geschwindigkeit zur Vermeidung eines
Zusammenstoßes muss, wenn es die Umstände zulassen, so groß sein, dass ein
anderes Fahrzeug optisch ... erkennen kann; aufeinanderfolgende kleine
Änderungen des Kurses und/oder der Geschwindigkeit sollen vermieden werden."

§ 10 SeeSchStrO:
Abs. 2: "... Fahrzeuge unter Ruder ... (haben) mindestens ein weißes Rundumlicht
im Sinne von Regel 21 Buchstabe e der KVR (Anm.: "Mindesttragweite 2 Seemeilen")
zu führen."
Abs. 3: "Fahrzeuge im Sinne von Absatz 2, auf denen die hiernach
vorgeschriebenen Lichter .... nicht geführt werden können, dürfen in der Zeit,
in der die Lichterführung vorgeschrieben ist (Anm.: z.B. "zwischen
Sonnenuntergang und Sonnenaufgang" (Regel 20 b KVR)), nicht fahren, es sei denn,
dass ein Notstand vorliegt. Für diesen Fall ist eine elektrische Leuchte ... mit
einem weißen Licht ständig gebrauchsfertig mitzuführen und rechtzeitig zu
zeigen, um einen Zusammenstoß zu verhüten."

(D.h. ein Küstenkanuwanderer ist lt. SeeSchStrO dazu verpflichtet, auch tagsüber
z.B. eine wasserdichte Taschenlampe in seinem Seekajak mit sich zu führen.)

Regel 10 (Verkehrstrennungsgebiete) KVR:
(c) Ein Fahrzeug muss soweit wie möglich das Queren von Einbahnwegen vermeiden,
ist es jedoch zum Queren gewzungen, so muss dies möglichst mit der Kielrichtung
im rechten Winekl zur allgemeinen Verkehrsrichtung erfolgen."

(Übrigens, die letzte Regel gilt nicht für Fahrwasser, die keine
Verkehrstrennungsgebiete sind; dennoch sollte man beim Küstenkanuwandern diese
Regel bei allen Fahrwassern mit Schiffsverkehr befolgten, quasi als eine weitere
"gesunde Grundregel".)

Wenn nun Eckart schon dabei ist, eine "gesunde Grundregel" zu formulieren, die
uns helfen soll, im Verkehr auf dem Wasser zu recht zu kommen, so frage ich
mich, ob nicht auch schon andere solche "Grundregeln" formuliert und zur
Beachtung empfohlen haben. Schaut man in die BSH-Broschüre "Sicherheit im See-
und Küstenbereich. Sorgfaltsregeln für Wassersportler" (telefonisch bestellbar
über Tel. 040/31900), so findet man in der Ausgabe 2001 auf S.9-12:

"Zehn Sicherheitsregeln für Wassersportler"

die u.a. das Folgende besagen:

Regel 8: "Verlassen Sie keinen sicheren Liegeplatz bei Nebel.
Werden Sie von Nebel oder schlechter Sicht überrascht, möglichst umgehend
Fahrwasser und Schifffahrtswege verlassen ..."

Regel 9: "Halten Sie sich von der Berufsschifffahrt nach Möglichkeit fern.
Meiden Sie Schifffahrtswege und halten Sie sich im Fahrwasser soweit wie möglich
rechts oder außerhalb des Fahrwassers, sofern dies ohne Gefahr möglich ist ..."

Das wär's für heute.

Gruß aus Hamburg
Udo Beier, DKV-Referent für Küstenkanuwandern
Anonymer Teilnehmer
Auf dem Meer und an den Küsten nix Neues
11. März 2002 23:16
Ob nun ein Seekajak einen Maschinenantrieb hat oder nicht, ist doch egal. Der Gesetzgeber hat uns Paddler nun mal nicht extra erwähnt. Und wer als Paddler die KVR anwendet, als wäre der Paddler = einem Maschinenfahrzeug, der macht nix verkehrt. Udo sagt absolut nichts Neues und kann den vermeintlichen Widerspruch in meinen Ausführungen m. E. nicht herausarbeiten. Nur von der Aussage in Carlos Beitrag, daß wir Paddler ausschließlich gem. § 3 Abs (1) der SeeSchStrO einzustufen sind, davon ist zum Glück keine Rede mehr.

Mir düngt, wir streiten um des Kaisers Bart. Ich wünsche allen Lesern, dass sie nie in eine Bredouille mit anderen Verkehrsteilnehmern geraten mögen.

Beste Grüße, Eckart Pfeffer
Anonymer Teilnehmer
Re: Auf dem Meer und an den Küsten nix Neues
12. März 2002 12:14
Jo Eckart, hab ich auch so empfunden.
Habe nach Carlos erstem Beitrag die KVR durchgeguckt (nicht total intensiv) und bin in den wesentlichen Punkten zu den gleichen Erkenntnissen gekommen. Einen entsprechender Beitrag hat dann mein Doof-System wieder geschluckt...

Punkt a) spricht auch ganz klar von allen Fahrzeugen, wir sind auch Fahrzeuge und damit von der KVR erfasst. Der Rest sind Begriffsbestimmungen um in anderen Punkten klare Unterscheidungen ausdrücken zu können.

Wa abba gut, das man mal drüber nachgedacht hat.. :-)

Wenn denn dochmal irgendein WaPo-Mensch mosert, Name und Dienststelle geben lassen, damit man weiß wen man für eine Fortbildung dringend emfehlen darf. :-) :-)

tschö
Anonymer Teilnehmer
Vorfahrtsregeln auf dem Prüfstand
12. März 2002 20:31

Nach der hier weiter anregenden Diskussion, insbesondere mit Udo Beier, möchte ich vorläufig abschließend kurz darauf hinweisen, daß ich zum Thema nochmals einen ausführlichen Beitrag verfaßt habe, der hoffentlich bald im Kanu-Sport zu lesen ist.
Vielleicht läßt sich das alles gemäß der Anregung von Eckart Pfeffer auch ´mal in einem Workshop diskutieren.
Drei Punkte möchte ich vorab jedoch nochmals unterstreichen:

1.In keinem Gesetz und keiner Verordnung findet sich ein Hinweis auf die immer wieder angesprochene Gleichstellung von Kajaks mit maschinengetriebenen Fahrzeugen. Diese Form der Gleichbehandlung wäre nach Art und Stärke des Antriebs bzw. der Manövrierfähigkeit auch überhaupt nicht nachzuvollziehen. Sie sollte daher auch begrifflich nicht mehr verwendet werden, selbst dort, wo die Ausweichpflicht von Kajaks gegenüber Segelfahrzeugen gesetztlich festgelegt ist.

2.Der für Seekajakfahrer weite und wichtige Bereich der Flächen außerhalb der Fahrwasser ist hinsichtlich der konkreten Vorfahrtsregeln zu Seglern und Maschinenfahrzeugen weder in den KVR noch in der SeeSchStrO geregelt. Wie bereits ausführlich dargelegt und von der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord bestätigt, gelten hier im wesentlichen die Grundsätze der guten Seemannschaft gemäß § 3 I der SeeSchStrO.

3.Angesichts der sehr differenzierten und unbestimmten Rechtslage des Fahr- und Vorfahrtsrechts der Paddler zu den Seglern und maschinengetriebenen Fahrzeugen
stellt sich für mich die Frage nach einer klaren und verbindlichen Vereinheitlichung für alle Bereiche.
Das Vorfahrtsrecht für Paddler gegenüber maschinengetriebenen Fahrzeugen darf bis auf die bereits erwähnten Ausnahmen im Fahrwasser keine Frage mehr sein. Die entsprechende konkrete oder auch unbestimmte Ausweichpflicht der Paddler gegenüber den Seglern gehört insgesamt auf den Prüfstand. Welche guten Gründe gibt es eigentlich, einem Segler in voller Fahrt die Vorfahrt gegenüber einem Kajak oder gar einem Ruderboot zu gewähren ?

Und eine abschließende kleine Belehrung, lieber Eckart, möchte ich mir noch erlauben: Helgoland liegt zwar weit weg von der deutschen Küste, aber nicht außerhalb des Geltungsbereichs der SeeSchStrO. In einem Umkreis von ca. 2 – 10 km zieht sich der entsprechende Geltungsbereich um Helgoland herum. Auf dem Weg nach Helgoland allerdings passiert man für ca. 6 sm die hohe See. Der deutsche Hoheitsbereich endet dagegen sogar erst weiter hinter Helgoland – in seiner weitesten Ausdehnung ca. 20 km nordwestlich - . Zur besseren Übersicht emfpehle ich jedem Interessierten die sehr schöne farbliche Überischt in der Broschüre „Sicherheit auf See“, zu beziehen beim Bundesministerium für Verkehr, Bau u. Wohnungswesen.

Mit besten Grüßen – Carlo.
Anonymer Teilnehmer
Re: Vorfahrtsregeln auf dem Prüfstand
14. März 2002 17:49
Moin Carlo,

ich habe mir alle Mühe gegeben, aber wir kommen wohl auf keinen gemeinsamen Nenner. Ich denke, die Schwierigkeit liegt in der Erfassung aller Regeln und Vorschriften. Du bist der Meinung, dass wir Paddler grundsätzlich die Schwächsten sind. Deswegen gefällt Dir auch der Grundsatz der guten Seemannschaft gemäß § 3 I der SeeSchStrO. Das ist m. E. eine falsche, weil unvollständige Auslegung der KVR und SeeSchStrO. Man darf keineswegs Regelungen, wie z.B. das Manöver des vorletzten und letzten Augenblicks bzw. das Setzen von Signalen (Manövrierunfähig) und die Definition des Begriffes "Fahrzeug" vergessen. Deswegen werde mich mich auch weiterhin gemäß den Regeln verhalten, wie von mir beschrieben. Ich kann mir auch aus meiner Paddelerfahrung nicht vorstellen, damit etwas Falsches zu tun. Ganz im Gegenteil.

Einen Gedanken möchte ich noch loswerden. Wenn ich mich recht entsinne, hast Du im Falle des tödlich verunglückten Reimer Siemen dafür gestritten, daß er (als Paddler) vor dem Seeamt für eine Verhandlung zugelassen wird. Und Du hattest doch in einem Deiner Artikel erwähnt, dass man beim Seeamt Kiel dagegen war, weil man sich eigentlich nur mit Fahrzeugen beschäftigen wollte, die mindestens eine Kajüte haben. Ist das richtig wiedergegeben?

Wenn ich also argumentiere, dass wir Paddler Fahrzeuge im Sinne der KVR sind, dann geht das doch in dieselbe Richtung, wie Deine damalige Argumentation. Wir sind Verkehrsteilnehmer, weil wir ein "Fahrzeug" fahren. Und wenn man ja sagt zu "Fahrzeug", dann muss man andererseits auch eine Eingruppierung in den Fahrzeugtyp vornehmen. Und da bin ich aus besagten Gründen zum Maschinenfahrzeug gekommen. Betrachte das doch mal von der Seite. Ich bin gespannt auf Deine Antwort.

Beste Grüße, Eckart Pfeffer

P.S.: Deine Belehrung ist korrekt. Das hatte ich so gemeint und und freue mich, wenigstens dieses kleine Stückchen Gemeinsamkeit gefunden zu haben. Also doch nen büschen mehr KVR ;-).
Anonymer Teilnehmer
Re: Vorfahrtsregeln auf dem Prüfstand
14. März 2002 17:54
Moin Jchen,

danke, aber denk' dran: Ausweichregeln nur für in Sicht befindliche Fahrzeuge. Mögest Du nie mit der WaschPo in Trouble kommen ;-))

Beste Grüße, Eckart
Anonymer Teilnehmer
Re: Vorfahrtsregeln auf dem Prüfstand
14. März 2002 21:28
Äh, die Sache mit der Kajüte bezog sich auf die "damalige" Defintion von Sportboot, wonach ein solches eine Kajüte hat, begehbar ist und nen Fremdantrieb hat (??). Wenn ich nciht irre...
Und dem Kajak hat man nach der Definition die Kajüte abgesprochen. Irgendwie so war das. Alles so ne Auslegungssache wo es stark davon abhängt wie der jeweilige Vor-Sitzende darüber (hier über Kajaks) selber denkt oder diese kennt(oder eben nicht).
ajo
Anonymer Teilnehmer
Vorfahrtsregeln: Zwischen Theorie u. Praxis unterscheiden !
15. März 2002 10:44

Lieber Eckart,

wir sind gar nicht so weit auseinander wie Du denkst. Man muß nur zwischen dem theoretischen Ansatz der Vorfahrtsfragen und und ihrer praktischen Umsetzung ein wenig differenzieren.
Theoretisch gibt es nach meiner Auffassung eine klare Rangordnung zwischen den Verkehrsteilnehmern auf See, die der Gesetz- und Verordnungsgeber auch zum Ausdruck gebracht hat, nämlich in der Reihenfolge: Maschinenfahrzeug, Segelfahrzeug, Kajak, Ruderboot. Dabei spielt auch ersichtlich die Art des Antriebs und die Möglichkeit der schnellen Fortbewegung und Manövrierfähigkeit eine große bzw. sogar entscheidende Rolle.
Die von mir betriebene Anerkennung des Seekajaks als Verkehrsteilnehmer auf See bedeutet nicht, daß wir nun plötzlich wie Maschinenfahrzeuge angesehen werden, sondern daß wir in dieser Rangordnung unseren berechtigten Stellenwert haben.
Theoretisch halte ich es auch für sehr frag- und diskussionswürdig, ob das teilweise verordnete Vorfahrtsrecht der Segler gegenüber den Paddlern wirklich berechtigt ist.

Im praktischen Verhalten ist dem Paddler natürlich zu empfehlen, Konflikt- und Kollisionssituationen durch rechtzeitige und vorausschauende Manöver zu vermeiden.
Das praktiziere ich auch als Segler selbst für den Fall, daß mein Vorfahrtsrecht gegenüber einem anderen Segler eindeutig gegeben ist.
Gleichwohl wird deshalb der theoretische Anspruch und die entsprechende Rechtsgrundlage nicht unwichtig:
Zum einen nämlich für spätere rechtliche Auseinandersetzungen, wenn tatsächlich etwas passiert ist und sich ein Schaden ereignet hat.
Zum anderen gewinnt die Theorie plötzlich auch dann an praktischer Bedeutung, wenn die Situation auf dem Wasser wegen großen Betriebes gar kein konfliktvermeidendes Manöver mehr zuläßt. Diese Situatuionen haben wir hier auf der Unterelbe vor Blankenese an schönen Sommertagen sehr häufig. Oder man denke nur an die „knallvolle“ Hamburger Außenalster an entsprechenden Tagen ( Dort gilt die SeeSchStrO ! ) . Man befindet sich plötzlich in einem Pulk von Seglern, Wassersportlern, Fahrgastschiffen etc.und weiß gar nicht mehr, wohin man eigentlich noch fahren soll.
Dann stellt sich die Frage des Vorfahrtsrechts oder der Ausweichpflicht ganz konkret und akut. Das ist dann wie auf einer belebten Kreuzung im Straßenverkehr.

Nach allem: Nach dem theoretischen Ansatz dürften Maschinenfahrzeuge gegenüber Paddlern immer ausweichpflichtig sein.( Abgesehen von den bereits erwähnten Ausnahmen ! ) Sie sind es ja schon gemäß der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung gegenüber den unter Segel fahrenden Booten. Deshalb sollte hier auch theoretisch nicht immer wieder von der Gleichstellung von Kajaks gegenüber Maschinenfahrzeugen gesprochen werden.
Gegenüber Seglern sind die Paddler nach der BinSchStrO ausweichpflichtig. Im Bereich der SeeSchStrO ( außerhalb der Fahrwasser ) dürfte es diesbezüglich auf die Umstände des Einzelfalles und die Grundsätze einer guten Seemannschaft ankommen.
Unabhängig davon sollte aber das praktische Verhalten der Paddler auf See eher an Konflikt- und Kollisionsvermeidung als an der Behauptung eines Vorfahrtsrechts auf einer dann doch etwas unbestimmten Rechtslage orientiert sein. Ich denke, da kannst Du doch letztlich zustimmen.

Mit besten Grüßen – Carlo.
Anonymer Teilnehmer
Re: Vorfahrtsregeln: Zwischen Theorie u. Praxis unterscheiden !
17. März 2002 21:59
Hallo Eckart, zu Deinen Ausführungen kann ich nicht viel sagen, außer daß das Thema für einen Aussenstehenden auch recht interessant sein kann.
Ich schreibe Dir, weil ich über Deinen Namen im Internet gestolpert bin, denn ein Freund aus meiner Kindheit hatte den selben Namen. Wenn Du aus Hamburg
kommst und in Osdorf aufgewachsen bist, melde dich doch mal.
Gruß Jörg
Anonymer Teilnehmer
Re: Vorfahrtsregeln: Zwischen Theorie u. Praxis unterscheiden !
20. März 2002 19:00
Moin Carlo,

klar, Schaden vermeiden ist oberstes Gebot. Da stimme ich Dir zu, gerade als Kajakfahrer. Wenn man aber im Pulk oder Verkehrsgetümmel ist, dann halte ich es mit dem Maönver des vor- bzw. letzten Augenblicks. Wenn ich einen sicheren Passierabstand nicht gewährleistet sehe, dann handle ich als Kurshaltepflichtiger. Ab einem gewissen Moment muss ich das auch. Aber vorher frage ich, ob nicht mein Gegner die schlechteren Karten hat und in seiner Manövrierfähigkeit eingeschränkt ist. Dann bin ich ausweichpflichtig, wie bereits erläutert.

So, wie Du das schilderst, tust Du das doch auch. Das ist richtig und entspricht guter Seemannschaft.

Beste Grüße, Eckart Pfeffer
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