Es gibt
zwei klassische Szenarien, wann der Bug abtaucht:
1) (relativ) steile Welle genau von hinten und geringe Eigengeschwindigkeit. Anstatt die einlaufenede Welle weit draussen zu erwischen und vor ihr zu surfen hat man sich nicht soooo weit raus getraut. Jetzt kommt die Welle an, hebt plötzlich und stark das Heck, man rutscht noch ein wenig steil runter, der Kahn steckt die Nase weg, und dann geht es (je nach Wellenhöhe) entweder ganz über Kopf oder man schlägt quer; meist schon mit deutlicher Schieflage und einem Kentern ins Wellental hinein. In den allermeisten Fallen hat man dieses Problem übrigens bei ablaufendem Wasser.
So, liebe Kinder, surf man ja auch nicht. Man muss schon etwas weiter raus und die Welle surfen, wenn sie sich noch aufbaut; nicht im Beach-Break an der Stelle, wo sie bereits einen weissen Kamm hat und bricht. Das ist natürlich von Welle zu Welle und Spot zu Spot verschieden. Mein bevorzugter Spot ist Sangatte, und die schlimmsten, unsurfbarsten Wellen sind die ca. 1,20 hohen Dinger bei ablaufendem Wasser und ablandigem Wind. Erst kommt gar nix, dann "steht" die Welle plötzlich still, wird sehr, sehr steil - und plötzlich bricht sie auf grosser Breite gleichzeitig - quasi eine "Implosion". Funfaktor: Null!
2) Wenn man in einem kurzen Wellensystem ist und die Länge des Bootes den Abstand zwischen zwei Wellen deutlich übersteigt. Das passiert mir durchaus häufig, denn ich surfe regelmässig die Gezeitenwelle an der Baie de Somme. Diese ist je nach Tidenkoeffizient und Verschiebung der Sandbänke am Priel so zwischen 0,50 und 1,00 m hoch. Es ist fast unmöglich wirklich vorn - vor der ersten Welle - zu surfen und dort zu bleiben. Der "Mascaret" ist steil und kurz, vor allem fehlt mir aber eine optische Referenz für "gerade vor der Welle", und wenn man erst mal 15° aus der Achse ist, kann man das Boot kaum noch einfangen und wird quer vor die brechende Fassade gespült (Sidesurf).
Seit einiger Zeit surfe ich daher "die zweite Welle" - lasse die Fassade also durchziehen und klemme mich direkt dahinter. So habe ich eine Linie vor mir, an der ich meinen Kahn ausrichten kann, und die mir ewig lange zur Orientierung reicht. Je nach Tagesform können die nachfolgenden Wellen sehr dicht hinter der Fassade laufen - und dann steckt mein Boot auch mal das komplette Vordeck bis zum Gepäckgummi weg, ohne deswegen unsteuerbar zu werden. Dieses Video zeigt perfekt, worum es geht:
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youtu.be]
Der Mascaret war an diesem Tag etwa 0,6 bis 0,8m hoch (+/- Esstisch). Man sieht das bei einer Helmkamera kaum vernünftig, aber in einer Szene irgendwo zwischen 2:30 und 3:30 kann man erkennen, wie mein Kumpel Mathieu weiter vorn komplett hinter der Welle verschwindet - das sollte einen Anhaltspunkt geben.
Neun Monate später, wesentlich kälter und mit viel kleineren Wellen (obwohl grösserer Koeffizient)
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youtu.be]
Wir sind an diesem Tag 26 km unterwegs gewesen und haben davon tatsächlich etwa 6 km surfend zurückgelegt (sagt das GPS-Log). Dabei waren die Wellen kaum höher als eine Bierkiste (30-40 cm?).
Wie man es NICHT macht, sieht man in diesem Video: es gibt darin bei etwa 03:30 das Musterbeispiel eines Idioten, der mit seinem Kajak nicht weit genug raus paddelt, und dann von einer steilen Welle bei viel zu langsamem Tempo umgeschmissen wird. Vollpfosten - aber wenigstens mit Helmkamera!
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vimeo.com]
Back to Entertainment:
Steile Welle + geringe Geschwindigkeit = feuchte Nase und ich würde weder vorn noch hinten sitzen. Eine mittige Körperhaltung erlaubt mir am besten die notwendige Körperrotation, um das Boot mit dem Paddel zu steuern.