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Von Schleswig nach Flensburg - über Schlei, Ostsee und Förde im Frühsommer 2014

geschrieben von NikoT 
Von Schleswig nach Flensburg - über Schlei, Ostsee und Förde im Frühsommer 2014
24. Juni 2015 12:41
Auf der Außenschlei


Im Frühsommer 2014 wurde ein schon seit Längerem gehegter Plan verwirklicht. Ein weiterer Paddelkamerad aus Bonn und ich nahmen die Kajaktour von Schleswig nach Flensburg in Angriff. Diese Tour zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass es sich um ein sehr reizvolles und abwechslungsreiches Revier handelt und Start- und Zielort nicht allzu weit auseinander liegen, so dass das Nachholen des Fahrzeuges relativ wenig Aufwand verursacht.



Am Sonntag reisten wir nach Schleswig an. Beim dortigen Kanu Club „Haithabu“ hatten wir uns schon angemeldet. Auf dem schönen Vereinsgelände wurden die Zelte aufgebaut und danach folgte noch ein Rundgang durch die Stadt und das alte Fischerviertel „Holm“.
Wie bei jeder Gepäcktour folgte die größte Herausforderung am nächsten Morgen: Alles Notwendige in die Boote verstauen. Hier gibt es bei mir noch viel Optimierungspotential. Der Bootswagen musste jedenfalls aufs Achterdeck, was für den Trimm meines Kajaks sowieso besser ist. Außerdem ist der Bootswagen auf diese Art und Weise immer gut erreichbar. Ob er ein Hindernis beim assistierten Wiedereinstieg darstellt? Bei der kompakten Bauweise meines Bootswagens eher nicht (müsste allerdings noch getestet werden). Allerdings stellte sich heraus, dass ich die Spanngummis zum Befestigen vergessen hatte. Auch dieses Problem konnte mit Hilfe gelöst werden und im Laufe des Vormittags konnten wir die Boote zu Wasser lassen und die ersten Meter auf der hier noch sehr ruhigen Schlei paddeln. Zunächst nahmen wir Kurs auf das Wikingermuseum „Haithabu“ und schauten bei den Nachbildungen der Wikingerboote am Haddebyer Noor vorbei. Zurück auf der Schlei paddelten wir mit angenehmem Rückenwind unserem Tagesziel, dem Campingplatz Lindaunis entgegen. Dieser liegt ca. 20 km von Schleswig entfernt und damit auf halber Strecke nach Schleimünde, dem Ausgang der Schlei in die Ostsee. Bereits nach 10 km passierten wir den Zeltplatz des Schleswiger KC in Missunde. Das wäre auch ein sehr schöner Übernachtungsplatz gewesen aber für uns lag dieser Platz noch zu nah am Ausgangspunkt, denn für die Gesamtstrecke von gut 120 km hatten wir maximal 6 Paddeltage zur Verfügung.

Wikingerschiff in Haithabu

Das kleine Örtchen Lindaunis ist deswegen nicht zu übersehen, da hier eine sehr beeindruckende alte Klappbrücke für Eisenbahn und Autos die an dieser Stelle relativ enge Schlei überspannt. Die Schlei ist ja eigentlich ein Teil der Ostsee (sozusagen eine Förde, wie man dort oben sagt) aber teilweise wirkt sie wie ein größerer Fluss (ohne Strömung allerdings) oder wie eine Kette von größeren Seen. Links vor der Brücke geht es zum Campingplatz, bei dem man gut anlanden kann. Wir bekamen einen günstigen Zeltplatz zugewiesen, der nicht weit weg vom Wasser war. Nach einer gründlichen Besichtigung der Klappbrücke von Land aus konnten wir abends in der Campingplatzkneipe das etwas nervenzehrende WM-Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Algerien anschauen. Für jedes Tor gab die Wirtin einen Schnaps aus. Gott Sei Dank blieb es bei einem 2:1. Das Halbfinale gegen Brasilien hätte ich auf diese Weise nicht gut überstanden und wir hätten einen Ruhetag einlegen müssen ….

Alte Klappbrücke in Lindaunis

Am zweiten Paddeltag peilten wir Schleimünde an. Nochmal gut 20 km waren zu paddeln, bei denen uns weiterhin ein angenehmer Rückenwind half. Man sah mehr und mehr Quallen im Wasser – ein sicheres Zeichen, das dies schon Ostseewasser war. Im schönen Örtchen Kappeln machten wir einen kleinen Zwischenstopp. Unter anderem konnte ich hier für eine dauerhafte Lösung bei meinem Problem mit der Bootswagenbefestigung auf dem Achterdeck sorgen. Hier ist die Schlei wieder ganz eng wie ein Fluss und es gibt auch wieder eine Klappbrücke, diesmal aber eine ganz moderne Konstruktion. Kurz hinter Kappeln weitet sie sich erneut und die Ufer werden flacher und der Horizont weiter. Die schmalen Landzungen, die die Schlei von der Ostsee abtrennen, sind aus der Entfernung gar nicht als zusammenhängendes Land zu erkennen. Vielmehr erscheinen sie als Aneinanderreihung von Inseln. Auch wenn diese Außenschlei eine große Wasserfläche darstellt ist die Fahrrinne doch sehr eng und auch für Kanuten wird empfohlen, nicht allzu weit davon abzuweichen, denn sonst wird es flach. Kurz vor dem Erreichen der offenen Ostsee kommt eine ganz enge Durchfahrt vor der wir links an der sogenannte „Lotseninsel“ anlandeten. Dies ist zwar – zumindest derzeit – keine wirkliche Insel, man kommt aber nur auf dem Wasserweg dorthin, denn auf dem Landweg versperrt ein Vogelschutzgebiet, welches nicht betreten werden darf, den Zugang. Das ist nicht weiter schlimm, denn umso reizvoller ist dieses abgelegene Fleckchen, auf dem u.a. ein kleines Lokal (die „Giftbude“) und ein sehr idyllischer kleiner Zeltplatz anzutreffen ist. Dieser hat ein wenig vom Charakter des Zeltplatzes auf Spiekeroog, nur in sehr viel kleiner. An diesem Abend waren wir jedenfalls die Einzigen dort. Alle anderen Übernachtungsgäste waren Segler und Motorbootfahrer, die auf ihren Booten im kleinen Hafen nächtigten.

Erst am nächsten Vormittag, als wir kurz vor dem Aufbruch waren, kamen zwei weitere Paddler, die früh aufgebrochen waren und die gleiche Tour wie wir abfuhren – nur in Gegenrichtung. Nach ein wenig Fachsimpelei ging es wieder aufs Wasser und entlang der Ostseeküste nach Norden. Allerdings kamen wir an diesem Tag nicht so weit und als nächste Übernachtungsstation wurde ein Campingplatz noch vor der Einfahrt in die Flensburger Förde gewählt.

Zelten auf der Großen Ochseninsel

Die nächste Etappe wurde etwas heftiger, denn nach Umfahrung der Landspitze „Geltinger Birk“ bogen wir in westliche bzw. südwestliche Richtung ein. Damit hatten wir nun den Wind von vorn, was insbesondere in größerer Entfernung zum Ufer ein recht kräftezehrendes Paddeln gegen Wind und Welle zur Folge hatte. Hier musste zunächst auch Abstand zum Ufer gehalten werden, da ein Vogelschutzgebiet zu umfahren war. Wenige Tage nach unserer Tour habe ich übrigens in der Zeitung gelesen, dass kurz nachdem wir hier vorbei kamen, mehrfach zwei Buckelwale in dieser Ecke der Flensburger Förde gesichtet worden waren. Das Besatzungsmitglied eines Zollschiffes machte sogar eine kurze Videoaufnahme, die im Internet angesehen werden kann! Leider war uns dieser Anblick nicht vergönnt und auch Schweinswale, die hier schon fast alltäglich sein sollen, haben wir auf der Fahrt leider nicht zu Gesicht bekommen. Ein Grund wieder zu kommen und den Walen noch eine Chance zu geben, sich zu zeigen.
Wir hielten uns dann weiter recht nah am Südufer der Flensburger Außenförde um nach Möglichkeit ein wenig im Windschatten paddeln zu können. Da hier die Ufer meist steil sind, hat das ganz gut geklappt und wir kamen einigermaßen zügig nach Langballig, wo wir unsere Zelte aufschlugen.

An diesem kleinen Ort war man offensichtlich gerade dabei, sich auf die Feriensaison einzustellen, die in wenigen Tagen mit dem Sommerferienbeginn in einigen Bundesländern starten würde. Hier mündet ein kleiner Fluss in die Förde, die Langballigau. Auf den letzten paar hundert Metern dient die Flussmündung gleichzeitig als kleiner Hafen für Motorboote. Wir machten am nächsten Morgen zunächst einen kleinen Abstecher in die Flussmündung und dann kehrten wir um und querten die Förde mit direktem Kurs auf die Dänische Küste. Nach ca. 30 Minuten waren wir dort angekommen und paddelten nun weiter mit dem Nordufer der Förde zu unserer Rechten. Hier gab es schönere Wellen als auf der Südseite und die Paddelei war recht abwechslungsreich. Einige Kilometer weiter lag der Ort Egernsund. Hinter einer Klappbrücke zweigen weitere Wasserflächen von der Förde ab, u.a. das Nübeler Noor. Wir waren zwar neugierig, wie es hier aussieht, aber aus Zeitgründen machten wir nur einen ganz kleinen Abstecher und dann ging es weiter in Richtung auf unser Tagesziel, die Große Ochseninsel. Auf der Insel kann man auf einer Wiese zelten. Diese und ihre Nachbarinsel, die Kleine Ochseninsel, liegen direkt vor der dänischen Küste, ca. 10 km vor Flensburg und sind mit einer kleinen Personenfähre oder auf eigenem Kiel erreichbar. Die Einrichtungen auf der Insel (Restaurant etc.) sind derzeit von Deutschen gepachtet, so dass man dort auch ohne Kenntnisse der Dänischen Sprache und ohne Dänische Kronen sehr gut klar kommt. An diesem Abend war dort ein Konzert angekündigt. Der „Konzertsaal“ war nichts anderes war als die Halle einer ehemaligen, kleinen Bootswerft. Sozusagen als Vorprogramm konnten wir auch noch das Viertelfinale „unserer“ Nationalelf gegen Frankreich verfolgen. Zwischendurch nahmen wir noch die Gelegenheit war und umrundeten die Insel zu Fuß. Von einem kleinen Pfad aus, hat man zum Teil sehr schöne Ausblicke auf die Förde, z.B. Schloss Glücksburg, da die Insel in einem Bereich ein Hochufer hat. Das nachfolgende Konzert einer Hamburger Band war gar nicht so übel, die Zahl der Zuschauer war aber nur sehr knapp im zweistelligen Bereich. Die Band gab dennoch ihr Bestes. Die spezielle Atmosphäre des Ortes wurde noch unterstrichen durch die Dekoration der Hallendecke mit ausgedienten Segeln, die unter anderem verhinderten, dass die Gäste von den permanent in der Halle aus und einfliegenden Schwalben „bombardiert“ wurden.

Letzte Rast vor dem Ziel

Am nächsten Tag stand die Schlussetappe nach Flensburg an. Nach einer Umrundung der beiden Inseln zu Wasser querten wir die Förde wieder Richtung Deutschland und hielten uns dann an der Südseite der Förde Richtung Flensburg. Unter anderem passierten wir noch die Marineschule Mürwik mit ihrem prächtigen Hauptgebäude und näherten uns dann der „Hafenspitze“ unserem vorläufigen Ziel. Hier in der Flensburger Innenstadt war viel los, da an diesem Samstag „Blaulichttag“ war. Organisationen wie Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienst, Zoll etc. präsentierten ihre Arbeit zu Wasser und zu Land. Kurze Zeit später brach ein Unwetter los und ganze Straßenzüge wurden überflutet. Feuerwehr, Polizei etc. konnten sofort von Theorie auf Praxis umschalten und den Verkehr umleiten und die Wassermassen wegpumpen. In der Zwischenzeit waren wir aber noch „trocken“ von der Hafenspitze zu unserem geplanten Ausstieg bei den Flensburger Paddelfreunden gepaddelt. Dort wurden wir sehr gastfreundlich aufgenommen (vielen Dank nochmals dafür an dieser Stelle) und konnten Boote und Ausrüstung trocken in der Bootshalle lagern. Vom Bootshauswart wurden wir umfassend über empfehlenswerte Lokalitäten für den Abend informiert und dann netterweise in Richtung Bahnhof gebracht, da wir mit der Bahn nach Schleswig fahren wollten, um das Auto nachzuholen. Abends ließen wir dann die Fahrt in der Flensburger Altstadt – wo die Wassermassen zwischenzeitlich abgeflossen oder auch abgepumpt waren – ausklingen.

Fazit: Eine sehr reizvolle und abwechslungsreiche Tour. Man kann sie genauso gut auch andersherum fahren aber von der „Dramaturgie“ her scheint es mir interessanter, zunächst die beschauliche Schlei zu befahren um dann über das offene Meer und die zum Teil noch sehr weite Flensburger Förde auf die vergleichsweise große Stadt Flensburg zuzufahren. Die Zugverbindungen zwischen Flensburg und Schleswig sind sehr gut. Alternativ kann man anscheinend auch mit dem Bus fahren. Bei der Einteilung der Etappen gibt es eine Vielzahl an Variationsmöglichkeiten. Man kann die Tour sicherlich auch in kürzerer Zeit als in 6 Tagen fahren. Um noch die eine oder andere Besichtigung zu Lande einzuschieben (Kappeln, Wikingermuseum etc.) müsste man aber eher noch ein paar Tage dranhängen. Übernachtungsgelegenheiten in Form von Campingplätzen gibt es reichlich. Die von uns angesteuerten Plätze waren alle paddlerfreundlich. Fast als „Muss“ für die Übernachtung sind aber die Lotseninsel und die Große Ochseninsel zu bezeichnen. Falls Wind und Wetter es zulassen und man sich eine derartige Überquerung zutraut (und falls man genug Zeit hat) kann man auch am Eingang der Flensburger Förde statt der Umrundung der Geltinger Birk die an dieser Stelle noch recht weite Förde nach Norden queren und zunächst nach Sonderborg an der Dänischen Küste paddeln. Von hier aus bieten sich noch eine Vielzahl an weiteren Erkundungen in Richtung auf die Dänische Südsee an. Wenn man diese Querung scheut und trotzdem nach Sonderborg will, kann man auch etwas mehr im Westen noch gut über die Förde, die hier nicht mehr ganz so weit ist. Es gibt also eine Vielzahl an Gründen nochmal in diese Gegend zu kommen.

Empfohlenes Kartenmaterial: Jübermann Tourenatlas TA 1 Schleswig Holstein (dieser beinhaltet in dem von uns befahrenen Bereich auch die Dänische Küste). Die Neuauflage war für den Oktober 2014 angekündigt.

Bilder von der Tour gibt es auch: [plus.google.com]

Niko

Dieser Bericht erschien in ähnlicher Form bereits im „SEEKAJAK“ Ausgabe 141
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