Solotour nach Helgoland
28. September 2016 23:10
Helgoland ist Deutschlands einzige echte Hochseeinsel – zwischen 40 und 65 km vom Festland entfernt, mitten in der Deutschen Bucht. Sie zu erreichen, ist ein Traum vieler Seekajakfahrer, denn weiter raus kann man in Deutschland nicht.
Da ich es gewöhnt bin, meine großen Fahrten allein zu machen, sollte das auch bei dieser Tour so sein. Dazu müssen alle äußeren Bedingungen optimal sein. Die Tide, also das Hochwasser am Abfahrtsort muss im frühen Vormittag liegen. Es braucht eine stabile Hochdrucklage in Mitteleuropa ohne Gewitterneigung oder Seenebel und leichte Winde aus südlichen Richtungen. Für Samstag, den 10.9.2016 war Süd 1-3 und Hochwasser um 7 Uhr morgens vorhergesagt. Außerdem lag seit Tagen ein ausgedehntes Hoch über Mitteleuropa. Diese Voraussetzungen sind gefühlt nur alle 3-5 Jahre gegeben, besonders wenn man berufliche und familiäre Verpflichtungen mit einrechnet.

Drei mögliche Startpunkte kommen in Frage: St. Peter Ording (40 km Entfernung). Cuxhaven (65 km) und die Insel Wangerooge (40 km). Ich habe mich für die Strecke von Cuxhaven entschieden, weil dann der Ebbstrom der Elbe zumindest die ersten 6 Stunden der Fahrt mit „schiebt“ und weil ich dann nicht die Berufsschifffahrt aus Elbe, Weser und Jade kreuzen muss, wie das beim Startpunkt Wangerooge der Fall wäre. Ich muss nur ganz zu Beginn beim Auslaufen aus dem Fährhafen Cuxhaven das Fahrwasser queren, was durchaus zulässig ist, und das bei „Stauwasser“, also wenn noch keine Strömung läuft. Danach bleibe ich die ganze Fahrt auf der „richtigen“, roten oder Backbordseite und kann dort außerhalb des Fahrwassers bleiben, bis zur letzten Fahrwassertonne in der Außenelbe. Das war für mich der eigentlich entscheidende Grund gegen Wangerooge. St. Peter wäre bei einer PKW-Anfahrt von Süden zu weit weg und bei Südwind auch nicht so günstig gewesen.

Morgens um 6 weckt mich das Handy auf dem Parkplatz am Fährhafen Cuxhaven. Draußen ist es noch dunkel. Ein Kurzfrühstück unter der geöffneten Kofferraumklappe und dann lade ich das Kajak ab und die Sachen (Zelt, Schlafsack, Kocher, Getränke und etwas Proviant) ein und bringe den Wagen zu einem Parkplatz hinterm Deich. Beim Fußweg zurück geht die Sonne dunkelrot hinter der Elbe in Dithmarschen auf. Es ist schon warm, trotzdem ziehe ich zunächst Paddeljacke und Schwimmweste an. Start um 7:10. Nach der Querung des Fahrwassers folge ich den roten Tonnen, die von der 32 bis zur 2 in jeweils in einer Seemeile Abstand wie die Perlen auf der Reihe das Fahrwasser der Elbe markieren. Links zeigen sich das Wahrzeichen von Cuxhaven, die Kugelbake, später die Insel Neuwerk und ganz schwach erkennbar Scharhörn. So geht es immer weiter auf die offene See hinaus. Auf meiner rechten Seite ist schon von Beginn an nur Wasser zu sehen und von Zeit zu Zeit größere Seezeichen. Meine Navigation besteht darin, die Uhrzeit zu jeder 2. Tonne mit wasserfestem Stift auf der Seekarte zu notieren. Die Strömung nimmt bis auf geschätzte 2 Knoten zu, so dass die Abstände kürzer werden.
Die Sonne brennt vom Himmel, Wind ist kaum spürbar, deshalb kann ich die Jacke ausziehen. Der rege Schiffsverkehr in beide Richtungen lässt es nicht langweilig werden. Ein paar Segler, die mich unter Maschine überholen, grüßen freundlich, genauso wie der erste Seehund. Ein Polizeiboot zieht vorbei. Ich denke an Kommentare im Seekajakforum, wo Paddler ihre Papiere vorzeigen mussten und aufgehalten oder zur Umkehr angehalten wurden. Aber diese Küstenwache hat zum Glück ein dringenderes Ziel.

Nach der letzten Fahrwassertonne und dem Turm „Z“ schwenke ich um 11:30 nach rechts, Kurs 310 Grad. Ich bin aber noch nicht allein, da auf der Außenelbe Reede, links von mir mindestens 10 große Frachtschiffe vor Anker liegen. Aber dann lasse ich auch die Reede hinter mir und als Orientierung für die kommenden 12 Seemeilen bleibt der Kompass sowie die Segler und Fahrgastschiffe, die offenbar auch nach Helgoland wollen. Sonst wird es ganz ruhig, der Himmel ist blau und ich bin von Wasser umgeben bis zum Horizont.
Und dann endlich taucht der Felsen mit der Nadel (60 m Funkmast) in der Ferne aus dem Dunst auf. Es ist 13:29. Und immer noch liegen ca. 3 Stunden fahrt vor mir. Um fit zu bleiben trinke ich Schorle und esse Brote, Obst und Riegel. Um 16 Uhr liegt der kleine Leuchtturm der Düne vor mir und ich denke, warum kommt diese verd... Insel nicht endlich näher. Klar, das ist die Flut, die sich auch hier draußen mit 0,5 bis 1 Knoten Strömung gegenan bemerkbar macht. Aber dann nach einem energischen Endspurt knirscht der Sand der Düne unter dem Boot und ich springe raus, endlich nach 9,5 Stunden. Erstmal baden mit den Robben, die gleich zu fünft hinter und neben mir auftauchen. Und jubeln, freuen, tanzen, das Ziel ist erreicht. Wow.
Zelten auf der Düne, dem sandigen „Vorort“ von Helgoland, wo zur Feier des Abends Life Musik im Dünenrestaurant geboten wird. Am Sonntag gibt es dann noch einen Paddelausflug zur Langen Anna und in die verschiedenen Häfen bis zum Südhafen. Dort liegt dann das winzige Kajak zwischen all den Segelyachten etwas verloren. Nach dem Rundgang übers Oberland und dem obligatorischen zollfreien Einkäufen wird das Kajak auf die gasbetriebene „Helgoland“ verladen. Auf der 2stündige Rückfahrt mit Reederei Cassen Eils ziehen alle Tonnen und Seezeichen nochmal an mir vorbei, aber diesmal ohne Anstrengung und äußerst entspannt.
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