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Anas Acuta & Qajariaq

geschrieben von dalank 
Anas Acuta & Qajariaq
28. November 2014 20:01
Valley Canoe Products VCP

ANAS ACUTA & QAJARIAQ / "Q-Boat"

1.: ANAS ACUTA

Mein erstes Seekajak von Valley kaufe ich 2010, es ist ein gebrauchtes ANAS ACUTA aus den Achzigern mit Ocean-Cockpit (kleine Luke). Die Ausstattung: Handlenzpumpe hinterm Sitz, zweifach geschottet mit kleinen runden Lukendeckeln, Rundumleine. Kein Skeg, kein Steuer. In die nur 51 x 40 cm kleine Seeluke rutsche ich mit gestreckten Beinen übers flache Achterdeck rein, raus komme ich nach einer anstrengenden Tour nur mit Mühe, ein Einstieg in hüfttiefem Wasser ist fast unmöglich. Mit seinen ca. 290 Litern Volumen ist es gebaut für Paddler bis ca. 1,80m / 80kg mit schmalen Hüften. Die Zuladung ist bereits durch die Luken stark begrenzt, viele Dinge passen einfach nicht durch eine 20cm kleine Öffnung hindurch... Mit meinen 1,87m / 85kg fühlt sich das Boot wie eine zu enge Jeans an, was mir beim Rollen jedoch sehr entgegen kommt. Und das ist es, was dieses Boot auszeichnet: Es ist ein Rollator, man kann probieren, spielen, linksrum, rechtsrum, Handrolle, vorne, hinten, jede Rolle scheint zu gelingen. Das hintere Deck ist ultraflach. Dieses Boot gibt einem das Gefühl, es hätte selbst Spaß daran... Ich kaufe mir eine Tuilik von Reed sowie ein Grönlandpaddel und entdecke die wundervolle, fast schon meditative Welt des Rollens.



Die verstellbaren Fußrasten entferne ich, da die vordere Schottwand perfekt zu meiner Beinlänge paßt. Anfangs plane ich einige Modifikationen, ich entferne z.B. die defekte Henderson Handlenzpumpe, deren Hebel mir beim Rollen ständig ins Kreuz sticht und schotte den so gewonnenen Platz hinterm Sitz mit einer selbstgebauten Macrolonplatte (Plexiglas) ab. Die Öffnung der Pumpe im Deck weite ich mit der Stichsäge auf und setze einen Prijon-Lukendeckel mit Bajonettverschluß ein. Dieser Umbau bewirkt eine wesentliche Verbesserung der Lenzbarkeit und schafft eine sehr praktische Tagesluke hinter dem Cockpit. Die neueren Modelle haben diese Schottwand inzwischen ab Werk. Auf das Vorderdeck montiere ich einen Kompaß Silva UN. Den Plan, ein versenkbares Steuer von Pietsch und Hansen einzubauen, verwerfe ich mangels Zeit...

Mein ANAS ACUTA mit seinem Knickspant und dem ausgeprägten Kielsprung ist mit seinen 24 kg für diese Größe ( 524 x 52 cm) nicht gerade leicht, die Anfangsstabilität ist anfängertauglich, die Endstabilität passabel. Allerdings neigt das Boot durch den Knickspant aufgekantet ab einem bestimmten Punkt zum überraschenden kippen, vergleichbar mit dem Balancieren auf des Messers Schneide. Bei Seitenwind verlangt das ANAS ACUTA jedoch nach genau diesem starkem Aufkanten, da ansonsten der Kurs nicht zu halten ist, was dem fehlenden Skeg geschuldet ist. Das durfte ich selbst bei einer Tour auf der Ostsee erfahren, als es mehrere Kilometer mit einem auflandigen 4er Seitenwind zu bewältigen gab. Ich war gut im Training und dennoch überrascht, wie schwer dieses Boot allein durch aktives Paddeln auf Kurs zu halten war. Das dürfte heute kein Thema mehr sein, denn die neueren Modelle sind ja bereits mit einem Skeg ausgerüstet. Im Surf ist es sehr gutmütig, muß jedoch auch hier aktiv bewegt werden.

Das ANAS ACUTA ist auf ruhigem Wasser kein Rennboot, bei ca. 7,5km/h baut sich eine spürbare Wand auf. Bei unruhigen Bedingungen spielt es dann seine Qualitäten voll aus. In der Gruppe bin ich mit diesem Boot dann eher vorn unterwegs... Die Verarbeitungsqualität in Diolen ist top, dieses Boot ist eigentlich nur mutwillig kaputt zu kriegen.

Alles in allem ist dieses Boot jedoch für einen Paddler meiner Statur nicht gut geeignet, weshalb ich mich 2013 entschließe, mich von ihm zu trennen.

Fazit: Ein kleinvolumiges Spielboot für kleine bis mittelgroße Paddlerinnen und Paddler. Das Cockpit ist sehr eng, die Beine sind eher schwach angewinkelt, Andruck der Knie unters Deck ist möglich, alles paßt sehr knirsch. Aktuelle Modelle sind mit Keyhole-Cockpit, verstellbarem Skeg sowie dreifach geschottet erhältlich.




2.: QAJARIAQ / The Q-Boat

Schon während ich mit dem ANAS ACUTA unterwegs bin, halte ich Ausschau nach einem gebrauchten QAJARIAQ, da es durch das Keyhole-Cockpit und die größeren Dimensionen bei ähnlicher Bauweise verspricht, ein würdiger Nachfolger des kleineren ANAS ACUTA zu werden. Erst in 2014 endet meine Suche erfolgreich: Ich erwerbe hier im SKF-Flohmarkt ein Modell mit Skeg, Knierohr, Schenkelpumpe von Henderson und integriertem Kompaß SILVA P. Alles in gepflegtem und unbeschädigtem Zustand, die serienmäßige Sitzschale aus Laminat ist durch einen neueren Ergonomic-Sitz aus den PE-Booten ersetzt.

Mein erster Eindruck: Dieselbe Top-Verarbeitung des Laminats in Diolen, der vertraute Knickspant, das flache Achterdeck, ein deutlich auszumachender Kielsprung. Durch das voluminöse Kartendeck wirkt das QAJARIAQ auf mich etwas unförmig. Aber was soll´s, die ovalen Lukendeckel vorn und hinten sind riesig und die Maße versprechen dem größeren Paddler den entsprechenden Komfort. Eine dritte Luke mit rundem Deckel hinterm Sitz ist auch vorhanden. Die Lukendeckel haben allerdings dieselbe Krankheit, die ich bereits von meinem früheren PE-NORDKAPP kenne: Fingerbrecher. Warum kann man hier nicht die nötigen 0,5mm Toleranz fertigen, damit die Deckel von selbst in den Falz rutschen? Besonders mit klammen Fingern ist das wasserdichte Schließen und Öffnen der Lukendeckel ohne Werkzeug eine Qual... sechs, setzen! Abhilfe schafft das anfasen der unteren Außenkante am Lukendeckel mittels einer sehr scharfen Klinge, die Fläche der Fase sollte 1mm nicht überschreiten und mit ruhiger Hand möglichst gleichmäßig ausgeführt werden. Ein kunststoffverträgliches Schmiermittel (Silikon, Vaseline, Hirschtalg) rundet die Handhabung ab.

Die Maße: 549 x 54 cm , 28kg, Keyhole-Luke 75 x 40,5 cm. Das Volumen litere ich bei Gelegenheit mal aus... Die erste Ausfahrt schockt mich: dieses Boot will nicht geradeaus fahren, es erinnert mich an die unruhigen 4m-Boote aus den 70ern, die anfangs scheinbar immer im Kreis fahren wollen. Fühle mich wie ein Anfänger, die Unruhe des Bootes bleibt, bis ich das Skeg einen Zentimeter ins Wasser tauche: siehe da, plötzlich läuft es geradeaus! Keine Ahnung, ob das so sein soll, mir erscheint das jedenfalls merkwürdig. Auch beim Surf auf der Motorbootwelle ist dieses Boot unruhiger, als ich es von meinem ANAS ACUTA kenne. Aber wenn das QAJARIAQ dann geradeaus läuft, dann läuft es leicht.

Da ich keine Geräte zur Geschwindigkeitsmessung mitführe, sind die Eindrücke zwar subjektiv. Dennoch scheint dieses Boot bei gleicher Geschwindigkeit weniger Krafteinsatz zu benötigen, als mein EXPLORER von Nigel Dennis. Zumindest in der bekannten Konstellation unserer Gruppenausfahrt empfinde ich das so. Letztendlich wird das nur in reproduzierbaren Tests feststellbar sein doch dazu fehlt mir momentan die Motivation...

Der nächste Schock dann bei Kenterübungen auf dem Tegeler See: Ich komme beim Paralleleinstieg fast nicht in mein, eigentlich riesiges, Boot, denn der Raum zwischen Knierohr und Lenzpumpe ist sehr klein bemessen. Beim umdrehen passiert es dann, ich schäle mir an der scharfen Kante des Knierohrs ordentlich die Haut am (nackten) Schienbein runter und blute wie ein Schwein. Super... wie soll das erst im Winter im Trocki werden? Entweder muß ich das Knierohr, welches ja zur Mitführung einer Trinkflasche sehr praktisch ist, polstern, was den Raum noch weiter einschränkt, oder das Knierohr muß weg &%! Also erstmal Gebastel.



Die Rollqualitäten meines QAJARIAQ sind mit denen des ANAS ACUTA vergleichbar, vielleicht ein wenig schwerfälliger. Im Cockpit fühle ich mich trotz erschwertem Einstieg gut aufgehoben, auch ein breiter gebauter Paddler paßt locker rein. In die hintere Luke geht aufgrund der geringen Höhe und des Skegkastens nur Kleinkram rein, dafür finden vorn lässig Zelt, Bootswagen, Schlafsack und Kocher Platz. Ganz schön groß!

Vorläufiges Fazit: Ein mittelvolumiges Spielboot, welches seine Tourqualitäten noch beweisen muß. Die Lenzpumpe funktioniert tadellos, die Beine können angewinkelt unters Deck geklemmt werden, meine Beine passen zusammen nicht mittig zwischen die Schenkelstützen, Ausstrecken unter Deck ist locker möglich. Mittelgroße bis große Paddlerinnen und Paddler finden großzügig Platz, das Cockpit ist jedoch nicht vergleichbar mit den komfortablen Ausmaßen der großen (Expedition-) Lettmänner oder des Kodiak, eher wie NORDKAPP. Ob dieses Boot aktuell noch bei Valley erhältlich ist, konnte ich nicht herausfinden, gebraucht wird es sehr selten angeboten.

Naja, mal sehen, ob wir warm werden miteinander...

Viele Grüße vom Erik aus HVL.


Für weitere Fragen zu den Booten steht der Forumsthread Anas Acuta & Qajariaq unter "Seekajaks aus dem Forum" zur Verfügung.

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Video Anas Acuta kayak - "Angel Paddle" rolling greenland style (Ansicht Unterschiff)

Igdlorssuit - der Vorgänger des Anas Acuta

Historie und Stammbaum Ken Taylor's Igdlorssuit Kayak Duncan Winning
Bauplan Building Ken Taylor 1959 Kayak – the Igdlorssuit und Igdlorssuit, the Boat Before Anas Acuta


Schöne Grüße
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