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Lettmann Biskaya Skeg LV

geschrieben von Lars-Bn 
Lettmann Biskaya Skeg LV
06. Oktober 2013 19:22
Seekajak- Bootstest - Lettmann Biskaya LV -



„Die Spritzdecke mit klammen und kalten Fingern geschlossen, kurzer Schlaufen-Check, Reservepaddel für den Notfall in Griffweite, Kraftschluss zum Boot… Passt! Es bleibt keine weitere Zeit zum Überlegen, die ersten Wellen brechen sich über meinen Bug… jetzt muss das Timing stimmen! Drei Vier Beschleunigungsschläge, dann mit einem „Powerstroke“ über den Kamm des Brechers greifen um beim tiefen Durchziehen des Blattes das Körpergewicht explosionsartig nach vorne zu werfen…In diesem Moment ist es im Kopf ganz still, …Sekunden kommen einen wie eine Ewigkeit vor… Langsam nehmen die Gleichgewichtsensoren war, dass man sich wieder in der horizontalen befindet. Schnell die restliche Gischt aus dem Gesicht schütteln und mit fokussiertem Blick auf die noch vor mir liegenden Brecher gerichtet, das Setup für die nächsten Brecher vorbereiten…“



Da liegt er vor mir, ein Lettmann Biskaya LV und auch noch ganz in schwarz! Was für eine Augenweide!
Das war vor gut drei Monaten. In dieser Zeit habe ich die Möglichkeit gehabt, den Biskaya auf ganz unterschiedlichen Gewässern und Touren, von Ein- bis Mehrtagestouren, vom entspannten Inselhopping in der dänischen Südsee bis hin zum Nordsee-Brandungspaddeln bei 7 Bft. auf Herz und Nieren zu prüfen.

Bei diesem Biskaya handelt es sich um ein Leihboot, welches mir von der Fa. Lettmann für ein Jahr zur Verfügung gestellt worden ist.

Für jeden die passende Größe
Wie im WW- Bereich schon länger üblich, bietet Lettmann auch den Biskaya in drei Volumengrößen an. Für gestandene „Wikinger“ den HV mit eine Volumen von über 375 Liter, für den normalen Durchschnittseuropäer den MV mit einem Volumen von 325 Litern und für die Leichtgewichte unter Uns den LV mit einem Volumen von 295 Litern.
Bei dem von mir getesteten Biskaya handelt es sich um den LV und somit um den „Kleinsten“ der drei angebotenen Ausführun-gen. Der Biskaya LV ist 535 cm lang und ca. 53,5 cm breit und hat ein Volumen von 295 Litern.
Ich wiege ca. 75 kg und komme in der Regel mit Tagesgepäck und Ausrüstung inkl. Boot auf ca. 110 kg. Bei Gepäcktouren ca. 20 kg mehr. Damit liege ich im unteren bis mittleren Bereich nach der 30- 60 % Gewichts zu Volumen Relation.

Ausstattung
Das Cockpit ist mit einer Keyhole Luke ausgestattet. Das gibt mir die Möglichkeit, mit beiden Knien gleichzeitig aussteigen zu können. Ein elementarer Sicherheitsgewinn. Die Sitz-Ergonomie des MAC (Multi adjustable Cockpit) ist vorbildlich. Der Sitz lässt sich mit nur einer Handschraube auch während der Fahrt in Längsrichtung trimmen. Die anatomischen Comflex-Schenkelstützen lassen sich durch das Lösen zweier Schrauben in Längsrichtung verstellen und somit individuell anpassen.
Die Ergo-Stemmbockanlage dient als Fußstütze und ist auf einer Aluschiene leicht über einen Klemmmechanismus wie beim Fahrradsattel verstellbar.
Das Cockpit ist für schlanke Personen konzipiert, wie es sich für ein Boot in dieser Volumenklasse auch gehört. Für mich ist die Sitzergonomie ideal. Ich habe einen sehr guten Kraftschluss zum Boot.

Materialvarianten
Den Biskaya gibt es in zwei Materialvarianten, in der stabilen DCS Diolen/ Glasfaserversion und in der leichteren und formsteiferen LCS Kevlar/ Carbon-version. In der letzteren Version kommt mein Testboot auf ca. 20 Kg.
Die Qualität und Verarbeitung ist vorbildlich. Das liegt zum Einem an der langjährigen Bootsbauerfahrung der Firma Lettmann, zum anderen stimmen die Qualitätsendkontrollen. Made in Germany! Das gilt im Übrigen auch für den vorbildlichen Service, die kurzen und schnellen Wege im Schadensfall sowie deren kulante Abwicklung.
Ausgestattet ist mein Biskaya mit einer Tagesluke auf dem Vorschiff und einem zweiten Staufach hinter der Sitzluke. Somit habe ich ein dreifach geschottetes Boot, was mir auf Touren zusätzliche Sicherheit und beim Packen den nötigen Durchblick verschafft. Genauso wie die dursichtigen Kunststoff-Schotts, die das übliche Dunkel manches Stauraumes taghell erscheinen lässt. Auch bietet Lettmann den Einbau eines vorderen Schotts auf Maß an. Dadurch erhöht sich das Ladevolumen noch einmal sehr deutlich.

Lettmann-Skeg
Das eingebaute Lettmann-Skeg arbeitet mit einer vorgespannten Feder. Löst man das Halteseil aus der V-Klemme in Höhe des Cockpits, so schnellt das Skeg aus dem Skeg-Kasten. Der Vorteil des vorgespannten Skeg gegenüber dem herkömmlichen Draht-seilskeg besteht vor allem darin, dass das Seil des Skeg bei Bodenkontakt nicht knicken kann. Bei Bodenberührung fährt das Skeg zurück in den Kasten und kann durch Auslösen des Seils einfach wieder runtergelassen werden. Nach einer kleinen Nachjustierung bei Lettmann, verrichtet es jetzt auch bei Sand und Salz seine Funktion tadellos.

Für Steuerfans
Wer möchte, kann aber auch das klassische Kajaksportskeg wählen oder für Steueranlagenfans die Expeditions-Ausstattung mit integriertem Steuer-Skeg. Fährt man dieses zur Hälfte aus, so kann man es als ganz normales Skeg verwenden. Fährt man es komplett aus, so kann man es wie ein normales Steuer mit den Fußpedalen steuern. Natürlich integriert und vorbalanciert.

Ein vor den Kartendeck fest eingebauter Kompass Silva 70 P ist auf dem Vordeck integriert und lässt sich während der Fahrt gut ablesen.
Der Biskaya bleibt der klassischen Grönlandform treu, d.h. die breiteste Stelle befindet sich an den Knien, ebenso gibt es eine gehörige Portion Volumen im Vorschiff und dazu eine tief gezogenen windneutrale Heckpartie. Nur die historisch bauartbedingten Knickspante wurden zeitgemäß verrundet.
Der Biskaya beschleunigt schnell und kann lange auf hoher Geschwindigkeit gehalten werden. Das liegt am fließenden Übergang vom Rundspant zum V-Spant am Bug. Ebenfalls gibt der abgerundete U-Spant unter dem Sitz dem Boot eine gehörige Portion Endstabilität. Die Anfangstabilität ist ausreichend und lädt zum Kanten ein. Somit lässt er sich zu jeder Zeit leicht und sicher über die Hüfte Steuern. Kantet man ihn nicht, wird der Biskaya durch den ausgewogenen Kielsprung zum guten Geradeausläufer. Durch das integrierte Skeg lässt sich das Boot je nach Windsituation gut trimmen.

Das Herzstück des Bootes
Verweilen wir aber noch einen Moment beim Unterschiff des Biskaya. Denn dieses ist es wirklich wert, einmal genauer betrachtet zu werden.
Hier gibt es viele Dinge, die Lettmann ganz anders gestaltet hat, als man es z.B. von den englischen Seekajaks her gewohnt ist.
Das Lettmann aus dem Leistungsport kommt und seit Jahrzehnten schnelle und erfolgreiche Boote gebaut hat, ist beim Betrachten des Unterschiffes des Biskaya nicht zu übersehen.
Ausladende Überhänge, Kanten oder konkave Flächen sowie den häufig verbauten S-Schlag am Heck sucht man vergeblich. Auch sogenannte Mittelkiellinien, eine kleine sich über die gesamte Bootslänge hinziehende abgesetzte Hilfskiellinie, wie von vielen Mitbewerbern als Hilfsmittel zur Unterstützung der Spurtreue eingesetzt, finden sich nicht.
Denn alle diese Hilfsmittel führen zu einer Vergrößerung der benetzten Fläche des Unterschiffes und führen durch mehr Reibung zu einem erhöhten Wasserwiederstand und letztendlich zu einem Geschwindigkeitsverlust.
Darin liegt das Geheimnis des Leichtlaufes von Lettmannkajaks begründet.
Als nächstes fällt auf, das das Unterschiff asymmetrisch aufgebaut ist. Gerade am Bug kann das Auge des Betrachters fasziniert auf den Übergang des Vorderstevens zur Unterwasserlinie verweilen.
Das Herz des Bootes! Man fühlt sich ein bisschen an eine Rennjacht beim Admirals Cup erinnert.
Von dieser Stelle aus beschreibt jede willkürlich gewählte Linie in Richtung Heck ein nach außen gewölbtes Profil, im Bugbereich mehr gewölbt als am Ende. Diese besondere Formgebung ist für den guten Leichtlauf, aber auch für das einmalige Kant- und Kurvenverhalten verantwortlich ist. Denn beim Kanten ergibt sich dadurch ein drehfreudiges asymmetrisches Profil.

Windneutralität
Lettmann hat in der Vergangenheit bei der Konzeption auf eine rennbootspezifische Sitzposition zu Lasten eines windneutralen Lateraldruckpunktes gesetzt. Damit waren die Boote bei defekter Steueranlage bei Wind nur noch schwer manövrierbar.
Diese Gewichtung hat Lettmann bei seinen neuen Boot zur Optimierung der Windneutralität verändert. Solange man den Biskaya beim Packen nicht vorsätzlich vertrimmt, lässt sich das Boot bequem ohne oder eben auch alleine mit der Skegvariante unab-hängig vom Wind gut auf Kurs halten.

Zusammenfassung
Im Ergebnis hat man mit dem Bikaya eine gelungene Symbiose aus allen für ein gutes Seekajak notwendigen Eigenschaften erschaffen. Ein schnelles Unterschiff, ein Boot das gekantet fast auf der Stelle dreht und zwar ohne großen Kielsprung, denn das ist ja die Kunst;-). …und ein Boot, das hatte bisher gefehlt, welches sich sehr windneutral fahren lässt, mit oder ohne Steuer/Skeg….

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Videos
Seekajak Lettmann Biskaya LV
Lettmann Biskaya Lv Kanten- Kurven- Rollen
Lettmann Biskaya Brandungspaddeln 7 Bft

Diskussionsfaden im Seekajakforum mit Kommentaren und Fragen
Lettmann Biskaya LV- Skeg
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