Die Leistung des Paddlers Reinhard sollte unbeding anerkannt werden.
Die scheinbar fehlende großgewässerspezifische Ausbildung und dementsprechende sorgfältige Planung und Ausrüstung erscheinen als ein großes Manko.
Aber das ändert nichts an der großartigen Tour, zu der ich nur gratulieren kann, wenn man die ernsten Hinweise der Redaktion mit einbezieht.
Reinhard ist natürlich auf der anderen Seite des Teiches mit schwierigen Großgewässerproblemen im Canadier bestens vertraut. Dessen wird sich auch die Redaktion und der Berater für die Aufnahme des Artikels in den Kanusport versichert haben. Man kann nicht die ganze sorgfältige zusammengestellte Batterie aller Vorbereitungen unter Berücksichtigung aller Parameter und das gesamte notwendige Fachwissen auch noch in einen an sich touristischen Artikel mit hineinbringen wollen. Meine Unterlagen dazu füllen mehrere Aktenordner. Wir Seekayaker wissen doch, worum es geht, und müssen es nicht überall immer wieder lesen. Der Hinweis der Redaktion zum Artikel erscheint mir auch sehr kurz, aber, bitte, er ist da.
Und nun zur Sache:
Reinhard muß von den Modalitäten beim Durchqueren der Schießgebiete sehr wohl gewußt haben.
Es sind keine absoluten Tabuzonen. Die Schießzeiten sind hier überall in jedem Hafen ausgehängt. Es gibt sogar eine Sommerpause, jetzt bis zum 18,8. Schießbeginn ist sommers erst neun Uhr, vorher darf man legal hindurch. Reinhard war um 9 Uhr hindurch! Abends ist das Ende 16, aber auch erst 18 Uhr. Dienstags und Donnerstags wird bis 24 Uhr geschossen, im Winter ab 10 Uhr morgens. Alles ist auch bei der WSD Kiel abrufbar.
Die orangenen Warnleuchten von Todendorf sind megastark sichtbar. Die roten von Putlos ebenso. Leuchten beide, ist das gesamte Seegebiet, wie aus der Seekarte entnehmbar, gesperrt. Draußen liegen Wachboote, beide mit orangener fetter Warnleuchte. Eindringlinge werden zur Rechenschaft gezogen, aber die Schießplatzkommandatur unterbricht sofort alles Schießen, sofern eine Gefahr erkannt werden kann.
Es ist nicht witzig, dort auch nur ansatzweise sich zu stark zu nähern. Mein Freund Kalli ist bei der Kommandatur als Zivilangestellter mit einem kleinen Buster 4,70 m Boot angestellt, gerade Surfer, Paddler aufzubringen. Er hat dazu die hoheitliche Berechtigung, seine Grenze ist die Hoheitsgrenze, und die ist nicht, wie Jochen schreibt, 2 km vor dem Ufer, sondern drei Meilen. Praktisch ist das Seegebiet bei aktivierter Schießbahn, wie aus der Karte ersichtlich, nicht zu umfahren, denn es geht bis fast an den Kiel-Fehmarn Seeweg.
Was mich erschreckt, ist der fehlende Hinweis auf das Marine Schießgebiet vor Schönhagen südlich Schleimünde. Dort treffen freundliche Granaten ein. Die sind nur aus Beton und enthalten keine Sprengmittel. Reichte aber locker aus, dem Marineschlepper die Stahlbrücke beidseitig zu durchfetzen, als er versehentlich zum falschen Zeitpunkt dort ein Zielscheibenfloß der Marine entlangzog. Die Granate stammte planmäßig von einer Europa-Haubitze in Putlos, quer über See per Überschall. Übrigens, auch U-Boot Übungsgebiet können ungesund werden.
Man tut sehr viel zur sicheren Überwachung. Auf den hohen Türmen sind Spezialkameras, mit 50-fachem Zoom und Videoaufzeichnung. Nachtsicht ist auch möglich. Ausserdem gibt es eine abschießbare Festbeleuchtung, die ggf. das gesamte Seegebiet erhellen kann, und zwar taghell. Ein Hubschrauber steht einsatzklar, immer mit absetzbarem Taucher, den dann allerdings Kalli oder sein Kollege reinholt. Man sammelt ja auch gerne Drohnen und Modellflugzeuge wieder ein.
Bis 6 Bft. wird ein kleines unscheinbares Aluboot angeflitzt kommen, demnächst wird es ein größeres Buster XL mit Sechszylinder sein, das dann auch bei mehr Welle fährt. Kleinboote sind bone-cruncher, das strengt Kalli an, ist echt ungesund und ärgert ihn. Er versteht überhaupt keinen Spaß, wenn es zu Verstößen kommt, und nimmt jeden Eindringling schlicht einfach fest. Es besteht außerdem hohe Gefahr und wird teuer.
Sehr wichtig ist bei einer Ostseebefahrung auch die Einhaltung der naturschutzrechtlichen Bestimmungen. So liegen bei Schleimünde nördlich auf der Ostsee und auch landseitig Richtung Maasholm in der Schlei zu meidende Gebiete, die bis ins Wasser reichen. Bitte ko-operiert, nicht Bauchnabeldenken, sondern miteinander für die gute Sache.
Übrigens - ich habe auch einen Linder Inkas Alu-Canadier, mit kleinem Kiel durchlaufend und Spritzdecken und Spritzschürzen, den sind wir zu zweit bei 6 Bft. auf der Ostsee gepaddelt. Da wir beide vom Polospielen her gut stützen können, gab es keine unlösbaren Probleme. Eine Kenterung damit hätte nach Auskunft der Wapo aber auf jeden Fall zu einer Anzeige geführt, u.a. wegen Gefährdung des Schiffsverkehrs. Eine zügige sichere Bergung ist nämlich schlicht ausgeschlossen. Ähnlich langwierig wird es mit Faltbooten, nur sind da die Fahrer sehr viel besser ausgebildet und ausgestattet, u.a. mit E-Pumpe, Kenterschläuchen etc.. Richtig flitzeschnell bewältigt man doch nur einen Wet-exit im abgeschotteten Einerseekayak, machen wir uns nichts vor. Die Gründe, dennoch eher Canadier zu fahren, sind hier nicht zu erörtern, das gäbe böses Blut. Nur können tun das deutsche Normalpaddler auch und man sieht es auch, z. T. mit Seitenschwertern. Ist nur mit etlichen gravierenden Nachteilen behaftet, u. a. gerade bezüglich der geringeren Sicherheit.-- Jetzt muß ich paddeln, und trinken.- Moin von der Förde!