Nie wieder "wunderschön restauriertes Holzkajak"

Bin mittlerweile am Pinseln bei meinem alten Holzkajak. Unter Anleitung von Rüdiger und Jens habe ich gelernt, wie viele Schritte es braucht, um das Ding liebevoll und vorsichtig zu restaurieren - und wie viele Schritte ich übergehen könnte, ohne dass man es merken würde... In der Kanubox werden hin und wieder "restaurierte" Struer angeboten. Würde ich nie mehr auch nur erwägen zu kaufen. Das Schleifpapier hat 70 Euro gekostet, Beize und Lacke haben mittlerweile knapp 200 Euro gekostet. (Der Zeug ist auf den ersten Blick vom Baumarkt-Billig-Klarlack nicht zu unterscheiden). Ich habe rund einen Monat lang geschliffen und dann die Lacke mit Terpentin und Beize verdünnt zunehmend dicker aufgetragen und geschliffen und aufgetragen und geschliffen. Wenn dann beim "wunderschön restaurierten Holzkajak" ein Preis von 400 Euro VHB aufgerufen wird, dann (ist ausser dem Holz) etwas faul.

... muss nicht unbedingt: Viele möchten ein schönes Holzboot haben, keiner möchte den Preis bezahlen, den die Arbeit eigentlich kosten würde. Ich kenne Vergleichbares aus dem Bereich "klassischer" Segelboote, die bald nach einer guten Restauration für weniger als den Restaurationsaufwand den Besitzer wechseln, weil sonst unverkäuflich.

Moin Bert,

wenn Du jetzt bald fertig bist, dann achte auf den relativ langen Zeitraum von ca. 10 Tagen bis der Lack voll belastbar ist.
Danach kommt die schmerzhafte Phase der ersten Kratzer und Schrammen. Geht aber vorüber. ;-)
Solltest Du auch an anderen Orten als am heimischen Bootshaus einsetzen,
stelle dich auf längere Lade- und Fragezeiten ein - "Ohh, ein Holzboot. Wie Schööön ... ..."

Gruß
Jens

Stell dir mal vor, was sich alles unter dem deckenden Lack eines farbigen Holzbootes verbergen kann ...

Berlin-Spandau • Hammer Team 2000 • Lettmann Combi 2000 • Chesapeake 16 • Half Godthab • North Shore Calypso • SaU N° 2108 • Seebefähigung 2012

Guppy, unter dem Strich ist für 95% von uns ein Kajak halt doch kein bleibender Wert, sondern eher ein Wegwerfartikel, weil:

- man kauft ein Boot und will nach einem Jahr schon das bessere Nächste (und das ist der wichtigste Punkt!)
- die besseren Nächsten werden immer billiger
- die eigene Zeit zum Pflegen und Erhalten wird immer knapper
- die Realeinkommen sinken seit den 90er Jahren
- ein Boot professionell aufarbeiten zu lassen ist unbezahlbar geworden, auch weil die Lohnnebenkosten und andere Abgaben immer weiter steigen

Ich habe mir mein Holzboot überwiegend bauen lassen (hervorragende Arbeit durch Holzkajakwerft.de) und trotz Lackieren und Ausbau in Eigenleistung unter dem Strich fast 4000 Euro reingesteckt. Das machst Du ein Mal, dann baust Du doch selbst oder kaufst Kevlar-Carbon beim Ungarn.

Arnim, da hast Du recht, mit dem Carbon. Nachdem Jürgen mit seinem 39-Zentimeter-Rennkajak vorgelegt hat, werde ich in ein paar Tagen nachziehen. Das wird, anders als eigentlich gewünscht, nicht aus Holz sein können. Ich brauche ein geschottetes Boot, das nass werden darf. Auftriebskörper rein-raus ist bei diesen Booten nervig. Auch Schrammen und Kratzer muss es bekommen können ohne dass das Ding Wasser zieht. Es ist ein Rennkajak und wird hin und wieder (oder auch öfters) mal kentern. Daher wird es wohl Kohle werden. Ich freue mich allerdings auf das gesteigerte Balance-Gefühl wenn ich im Winter dann wieder den Active fahre. Das wird sich dann wie ein Floß anfühlen und das ist im Winter auch gut so.

... ich hab mal angefangen, das Holzgestell eines Kolibri Falters abzuschleifen.....
Wahrscheinlich schmeiß ich das bald alles in die Ecke, geht in die Erbmasse oder auf den Müll....

Hallo Guppy,

so kannst Du das nicht sehen. Ein Holzboot ist immer etwas besonderes und man darf einfach nicht die Zeit und Kosten sehen.

Das ist auch nichts für ausschließlich rational Denkende.
Bedenke mal was ein Leistenkajak kosten müßte. ca. 200 Std. plus 800-1000 Euro Material. Selbst wenn man einen Stundensatz von
25,00 Euro ansetzt wird alles unbezahlbar.
Bei mir ist es die Freude die da Bauen macht, das Boot wachsen zusehen, schauen ab neue Ideen aufgehen oder einIrrtum waren.

Das Boote nachher zu fahren und zu besitzen ist zwar sehr schön aber nur noch am Anfang ein Kick, wie bei einem neuen Auto.

Anschleißend zu überlegen was könnte man Besser machen und zu probieren, das sind die wahren Aufgaben.

Natürlich muß man den Platz und die Möglichkeiten haben sonst geht das nicht.

Ich habe nur noch 2 Karbonboote alles andere Holz.

Bin schon am Grübeln was ich im Winter bauen will. Ist doch besser als ab 18:00 Uhr vor der Glotze zu sitzen.

Gruß


Rüdiger


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im kajak unterwegs, auf dem wasser zuhause

@ Waterwilly

Deine aus meiner Sicht vorbildlichen und eigentlich schon philosophischenn Ansätze des qualitätsvollen (Holz)Boote Bauens erinnern mich spontan an ein intellektuell recht abgehobenes Buch, dass ich mir mal vor vielen Jahrzehnten während meiner aktiven Motorradphase gekauft hatte: Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten
Du könntest eines schreiben wie: "Zen und die Kunst ein Holzboot zu bauen"

Beste Grüße

Wackelpeter schrieb:
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> Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten. Du könntest eines schreiben wie: "Zen und die Kunst ein Holzboot zu bauen"

Da bleibt dann aber keine Zeit mehr "tropfende Wasserhähne zu reparieren" ;-) ,
wenn so ein Buchprojekt umgesetzt wird, oder gar verfilmt wird.

Gruß
Jens

Berlin-Spandau • Hammer Team 2000 • Lettmann Combi 2000 • Chesapeake 16 • Half Godthab • North Shore Calypso • SaU N° 2108 • Seebefähigung 2012

@ Wackelpeter

ich habe mir das Skribt in Wikipedia durchgelesen. Sehr interessante Betrachtung und bestimmt ein sehr lehrreiches Buch.

Auch wenn ich nicht ganz so in die Tiefe gehe, so ist es doch das was ich meine. Wenn man bednekt mit wie wenig Werkzeug
- ich sag mal eine Hand voll- man dafür benötigt, so ist das erstaunlich.

Ich finde auch die Aussagen über die Qualität interessant und stimme dem zu " Qualität kann man eigentlich nicht definieren ",
sie ist immer das Ergebnis einer bestimmten Arbeit und ergeibt sich aus:

- was soll erreicht werden
- mit welchen Materialien
- unter welchen Möglichkeiten / Umständen etc, etc,

Also ich finde das immer spannend.

Gruß

Rüdiger

Höhö... ich hab meine Leitenkajak auch seit Weihnachten unbearbeitet im Keller liegen.

So ist das nun einmal....

VG

Nach einer Woche lackieren-schleifen-lackieren (sechs dünne Schichten) ist der Kiel fertig. Uff. Jetzt drehe ich das Ding um und dann geht es von vorne los - auf Deck. Danach noch einen alten Sitz einbauen, Steuer reparieren (es ist ein altes Blechsteuer und ich habe mir vorgenommen, die Originalteile wiederzuverwenden) und dann schauen wir mal, was die Leute vor 50 Jahren da zusammengepaddelt haben mit ihren Rennbooten :-)

Guppy schrieb:und dann schauen wir mal, was die Leute vor 50 Jahren da zusammengepaddelt haben mit ihren Rennbooten :-)

na, ja, wenn ich mich so recht erinnere sind wir damls mit den Booten die 500 m so um die 1 :45 gefahren und die 1000 m unter
4:00 Minuten.

Dann hau mal rein......


Gruß


Rüdiger

@ Rüdiger:

Kurze Frage noch: Der Lack ist nicht glatt-glatt - es sind immer noch kleine Pocken der Maserung in der Lackoberfläche.

Muss ich solange lackieren bis alles spiegelglatt ist oder reicht das so???

Hallo Guppy,

das ist eine Frage des Geschmacks und ob Du damit zufrieden bist.

Wenn Du ein besseres Ergebnis haben möchtest würde ich den Lack durchhärten lassen und dann noch mal nass mit 250-er Papier schleifen. Danach noch ein oder zwei neue Lackschichten auftragen.

Wenn Du jetzt weiter lackierts bleiben die Pickel.

Wenn Du eine Rolle verwendest roll nicht zu schnell, das gibt kleine Bläschen die sich manchmal nicht wieder glätten.

Am besten ist, wenn Du eine Rolle verwendest danach mit einem guten Pinsel glatt ziehen.


Gruß


Rüdiger

Fürs Lackrollen gibts spezielle Bootslackrollen.

Och naja, es ist Holz. Wieso soll Holz wie Plaste aussehen? So ein wenig rustikal schadet ja eigentlich nüscht und in einem Jahr kann ich ja dann noch mal loslegen - jetzt sollte ich schon langsam mal aufs Wasser sonst ist der Sommer vorbei und ich bin immer noch am schleifen... (wenigstens schwitzt man dann nicht mehr so).

Hallo Bert,

AThobaben schrieb:
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> > Aber wie schrieb mal jemand anderes (Nick Schade):
"Ein Holzboot wird alle Sorgfalt gierig aufsaugen, die wir ihm geben. Das Problem besteht darin den Kompromis zu finden."

Und der von mir bereits erwähnte Herr Westphal erklärte mir "Ein Bootslack wird aus zehn Schritt Entfernung beurteilt" ;-)

Mein Boot hat zweieinhalb Anstriche über dem Epoxy und wartet auf den Winter für Ausbesserungen und weitere Schichten, wir haben uns nur noch nicht darüber verständigt, auf welchen Winter wir warten ...

Gruß
Jens

Berlin-Spandau • Hammer Team 2000 • Lettmann Combi 2000 • Chesapeake 16 • Half Godthab • North Shore Calypso • SaU N° 2108 • Seebefähigung 2012

Yossarian schrieb:
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> ... ich hab mal angefangen, das Holzgestell eines
> Kolibri Falters abzuschleifen.....
> Wahrscheinlich schmeiß ich das bald alles in die
> Ecke, geht in die Erbmasse oder auf den Müll....


...nicht doch. Heißluft + Spachtel (oder Parkettabziehklinge oder Sandvik-HM-Schaber), geht schnell.

Kangoo schrieb:

Und der von mir bereits erwähnte Herr Westphal erklärte mir "Ein Bootslack wird aus zehn Schritt Entfernung beurteilt" ;-)

So etwas nennt man Begutachtungsabstand und der ist nicht genau definiert bzw. hängt von der jeweiligen Arbeit ab.


Gruß

Rüdiger