Es war 1972 - Pfingsten. Abi gearde in der Tasche, nachste station Bund in Munster, davot mußte noch ne Außenwesertour sein.
Wir waren 4, Boote damals 2 nachbauten Pavel Bone Combi 430, 1 Mendesta Isere, und Hermann - der Brauer mit einem Pavel Bone Nanuk. Herman war auch Besitzer eines Grünen US-Army Parka und einem Heinkel Motorroller Tourist, und wenn er auf dem mit Parka saß, hatte man schon den Eindruck, ein Phantom kommt da angeschossen ... aber das hat noch nix mit einem Kajak zu tun, außer dass er bei Vereinsfahrten häufig so erschien.
Nein Unsere Pfingsttour ging am freitag abend von der Geeste-Mündung rüber übers Langlütjenwatt nach Fedderwarden wo wir an dem kleinen Sielpriel nördlich des Fedderwarder Hafens zelteten - war zwar auch nicht besonders legal aber damals recht eagl. Das Wetter war gut, kaum Wind, auch der nächste Tag begann als wunderbarer Tag. Früh waren wir in den Booten und fuhtren raus zum Hohen Weg Leuchtturm.
Dort machten wir einen kurzen Besuch bei den beiden Leuchtturmwärter, kann nicht sagen, ob wir da auch noch was zu futtern bekamen, man kannte sich ja gut und wir besuchten sie häufiger, sie wußten schon von weitem wer sie da Besuchen kommt, aber meist hatten sie schon was auf dem Herd für uns; sicher ist nur, wir guckten noch mal ins Lampenhaus und fotografierten von oben unsere Boote und die Sicht Richtung Knechtsand und dann verabschiedeten wir uns, bekamen ein paar gute Wünsche und kreuzten dann das Fahrwasser rüber zur Tegeler Plate. Die Prins Oberon, das Fährschiff, daß damals noch nach Harwich in England führ, rauschte vorrüber mit gr0ßer Bugwelle und wir ereichten das Ende der Tegeler Plate. da sahen wir ne weiße Wand auf uns zukommen und im Nu waren wir in dicken Seenebel (damals war noch nix mit GPS, Kompass und Seekarte mußte reichen. Irgenwie erreichten wir die kleinen Knechtsände und paddelten durch die Labyrithe der kleinen Sände und Priele - unter den Umständen mehr raten als kontrollierte Fahrt. Irgendwann erreichten wir eine Prigge und beschlossen, daß es wohl eine im Westertill sein müsse. Langsam war die Tide gekentert und wir schon 6 Stunden im Boot. Die sicht reichte gerade von einer Prigge halb bis zur nächsten. Irgendwie mit Strömung und Wind aus Nordwest konnten wir uns von einer Prigge zur nächsten hangeln - sie standen damals auch noch dichter als heute, wo die WSA's am liebsten gar keine Priggen mehr stecken möchten, un die wenigen meist von den Fischern gesteckt werden.
Nun - unser Ziel war eigentlich der Bauhafen in Neuwerk und krampfhaft suchten wir nach den abzweigenden Priggen des Neuwerker Priels - aber irgenwie verloren wir bald alle Priggen. da kam schemenhaft ne E/W-Tonne und wir hörten Nebelhörner, Schiffsmaschinengeräusche und alles so als wären sie direkt hinter uns, bei Nebel sind ja alle Geräusche viel intensiver.
Gewisse Panik erreichte uns, denn wir waren bald 11 Stunden auf dem Wasser und offensichtlich an Neuwerk vorbei. Nun wohin?
Der Wind blies aus Nordwest, also legten wir uns in die Wellen und irgendwann erschien schemenhaft etwas das wie zwei Hochäuser aussah. Damals gab es nur 2 in Duhnen, also paddelten wir auf den Strand von Duhnen zu. wir hielten uns mehr rechts von den Hochhäuser und außerhalb des Strandes hinter Lahnungsfeldern suchten wir uns einen Platz in den Salzwiesen.- Nationalpark gab es damals ja noch nicht. Völlig erschöft und durchgefroren bauten wir 2 Sportberger-Zelte auf und machten noch ein warmes Süppchen. Alle hatten Schwielen und Blasen an den Händen, 14 Stunden etwa waren wir auf dem Wasser und ziemlich fertig. Am nächsten Tag war es nieselig feucht und kalt. aber wir mußten ja weiter wieder zurück Richtung Bremerhaven.
Und nun sagte Hermann, er wolle nur nach Sahlenburg paddeln, bort an den Strand und seinen Vater anrufen, damit er ihn abholt....
Na gut - dann eben nur noch wir 3. Wir fuhren ziemlich querfeldein über die Knechtsände, denn wir wollten ja nicht mit der Tide wieder in die Elb oder Wesermündung sondern gegen die Ebb-Strom-Richtung nach Süden, aber an Land auf Niedrigwasser warten ging ja auch nicht, in Duhnen fiel ja schenll alles trocken. Irgendwo auf dem Knechtsand bei immer noch etwas Nebel machten wir bei recht gedrückter Stimmung Mittagspause und warteten auf die aufkommende Flut. Da nicht alle einen Bootswagen dabeihatten war auch mit rollern über den Sand nicht viel aber einge Strecken wurde das Boot doch geschleift - irgendwie schafften wir es dann zum Misselwarder Siel und zelteten dort Vordeichs am Siel. Die Sonne kam abends wieder raus und in einem phantastischen Sonnenuntergang zeichneten sich am Horizont die 4 alten Leuchttürme Eversand Ober- und Unterfeuer sowie Meyers Legde Ober- und Unterfeuer im tief orangenen Licht ab (es paßten aber nur 3 zugleich auf ein Foto...)
Für's Fotografieren geht man ja am besten auf den Deich, denn ein erhöhter Standpunkt gibt häufig ne andere oder bessere Perspektive.
Da dröhnt Motoradlärm hinterm Deich - auf dem Deichverteidigungsweg nähert sich besagter
Heinkel Tourist Roller (173ccm, 9 PS - war damals noch was...) mit dem grünen aufgeblähten Parka-"Ungeheuer" Helm und Brille - Integralhelm war auch noch nicht - mit nicht unerheblicher Geschwindigkeit über den holperigen Weg, der eigentlich nur für landwirtschaftlichen Verkehr freigegeben war, und hinten angetüdelt (angehängt konnte man da wirkllich nicht sagen) zog der Roller den Nanuk - damals ein Traum von Eski, außer dass das Polyester lausig war - auf einem hölzernen Bootswagen - dessen Konstruktionsweise eigentlich dafür bekannt war, sehr kopflastig zu sein und ab und an auch mal ein Rad abzuschmeißen. Der Bursche hatte den Weg vom Strand in Sahlenburg bis zum Misselwarder Siel auf den holperigen Wegen sicher nicht mir 30 Km/h zurückgelegt - mehr hat er wohl gedacht, mit ordentlich Geschwindigkeit fliegt das boot und die Räder brauchen keinen Bodenkontakt.... und er hat das nicht zum ersten mal gemacht...ist immer gutgegangen...
Also - wir erlebten da gerade die perfekte Kombination motorisiertes Zweirad - Bootswagen - Kajak...
Hermann ließ seine Heinkel binnendeichs, paddelte am nächten Tag mit zurück nach Bremerhaven, als sei nix gewesen, und abends mit Vaddern zusammen mußte der Bock wieder heimgeholt werden - es fehlte halt noch das Kajak-verstaubare Faltmotorrad - bis heute, oder? (Hab Hermann leider fotografisch nicht digitalisiert und das Dia weit verbuddelt)
Ein bischen Off-Topic, auch weil zu der Zeit noch kein TM Boot bei uns gefahren wurde (später haben wir - glaube ich - auch mal einen TM Express nach Grönland (1983) mitgenommen) aber...
Wolfgang