Moin !
Unter anderem aus Gewichtsgründen sind die Rümpfe, Tragflächen und / oder Leitwerke einiger kleinerer Flugzeuge auch heute noch mit leichten, stabilen Stoffen bespannt. Es ergeben sich da gewisse Parallelen mit dem Bau bespannter Kajaks und deshalb stellen ich hier einmal vor, wie diese Bespannstoffe im Flugzeugbau befestigt werden. Die Anforderungen sind zum Teil ähnlich. Müssen doch größere Gewebeflächen faltenfrei und z.T. vorgespannt auf eine meist nicht plane Struktur aufgebracht werden. Das bedeutet meist lange, schmale Klebeflächen und man könnte beim Verkleben dutzende Hände gebrauchen, die alle gleichzeitig an den verschiedenen Ecken anpacken, spannen und Falten verhindern.
Verwendet wird bei den zu beschreibenden Verfahren ein Einkomponentenklebstoff auf Lösungsmittelbasis. Als Gewebe kommen solche Stoffe in Frage, die eine offen Gewebestuktur besitzen. Stoffe mit geschlossener Beschichtung lassen sich auf diese Weise nicht verarbeiten.
Auf die fertig konservierte, fett- und staubfreie Struktur wird der Klebstoff mit einem Pinsel in mehreren Schichten aufgetragen, wobei darauf zu achten ist, das jeder Auftrag vollständig abgelüftet, also "trocken" ist, bevor der nächste Auftrag erfolgt, wobei jeweils die neu aufgebrachte Schicht die darunterliegende Schicht anlöst und so ein dickerer, einheitlicher Klebstoffauftrag entsteht. Als optische Kontrolle des ausreichenden Klebstoffauftrags sollte dieser ein "speckiges" Aussehen haben. Hier spielt auch der aufzubringende Bespannstoff eine Rolle. Je dicker der Bespannstoff ist, umso mehr Klebstoff wird auf der Klebefläche benötigt. Letztlich muß ausreichend Klebstoff aufgebracht werden, um die gesamte Gewebestruktur in der Klebefläche zu durchdringen. Vor dem Aufbringen des Bespannstoffes muß der Klebstoff auf der Klebefläche vollständig "durchgetrocknet" sein.
Der großzügig zugeschnittene Bespannstoff wird jetzt lose auf die zu bespannende Struktur gelegt und ausgerichtet. An allen Seiten sollte ausreichend Überstand vorhanden sein, um den Stoff zum Vorspannen greifen zu können. Der finale Zuschitt erfolgt erst nach der Verklebung.
Jetzt kommt der Trick bei diesem Verfahren: Mit einem Pinsel wird jetzt immer nur ein kleiner Bereich des Gewebes satt mit Lösungsmittel getränkt. Das Lösungmittel löst den unter dem Gewebe liegenden Klebstoff und man reibt ihn mit dem Handballen solange in das Gewebe hinein, bis das Lösungsmittel verdunstet ist. Es werden immer nur kleine Abschnitte der Klebefläche mit Lösungsmittel getränkt und dann anschließend mit dem Handballen verrieben. Auf diese Weise lassen sich auch sehr lange Klebeflächen von einer oder zwei Personen handhaben und die Verklebung kann kontrolliert erfolgen. Auch kleinere Korrekturen sind möglich, indem man bereits verklebte Bereiche durch erneuten Auftrag von Lösungsmittel wieder löst. Vorteilhaft ist es aber, wenn man möglichst den Klebstoff nur an den Klebeflächen in das Gewebe einbringt. Bei größeren Korrekturen könnte auch Klebstoff in die Flächen geraten und dann anschließend beim Auftrag von Spannlack, oder was auch immer verwendet wird, stören.
Traditionell wurden und werden z.T. noch immer Flugzeuge mit Baumwolle bespannt. Der dazu verwendete Klebelack dringt mit diesem Verfahren in die einzelnen Zellen der Baumwollfaser ein und die Folge ist eine außerst stabile Verklebung, bei der man den Bespannstoff mechanisch später nur mit einiger Gewalt im Schälriss von der darunterliegenden Flugzeugstruktur reißen kann.
Auch im Flugzeugbau werden inzwischen Bespannstoffe aus Kunstfasern verwendet. Auch dabei ergeben sich stabile Verklebungen. Allerdings haben die Kunstfasern per se keine Zellstruktur wie die Baumwolle, in die der Klebstoff eindringen könnte. Die Haftung der Verklebung kommt also nur durch die Adhäsion des Klebstoffes auf der Faseroberflächen und das Umschließen der einzelnen Fasern zustande. Damit die Umschließung der Fasern möglichst vollständig erfolgt, ist bei der Verklebung einigen Bespannstoffen aus Kunstfaser, wie z.B. Ceconite, vorgeschrieben, abschließend die Klebeflächen noch einmal von außen mit einem Überzug des verwendeten Klebelacks zu versehen. Bei Bespannstoff aus Baumwolle ist dieser abschließende Anstrich nicht üblich.
Ich weiß, das bei SOFs das Gerüst meist in das Gewebe eingewickelt wird und eine Verklebung dort i.d.R. nicht erfolgt.
Ich weiß nicht, ob dieses Verfahren nicht auch im Kajakbau schon lange verwendet wird und ich somit nur kalten Kaffee aufgerührt habe. Wenn das so ist, dann steinigt mich einfach. Vielleicht habe ich dann ja zumindest etwas zu Eurer Unterhaltung in dieser vorweihnachtlichen Zeit beigetragen. Hier vor meinem Fenster schneit es und das zu dieser Jahrezeit von mir bevorzugte Gewässer "liegt still und star".
Euch ein schönes Fest mit denen, die Ihr liebt.
Bernd
... der sich eine schöne Werkstatt wünschen würde und der sich jetzt gleich einen Tee aufbrüht.