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Rund Elba mit Palmaiola und Cerboli

geschrieben von Mark 
Rund Elba mit Palmaiola und Cerboli
23. März 2005 22:37
Liebe Forumsteilnehmer,

habe wie angekündigt Elba erfolgreich umrundet und bin seit Sonntag nacht wieder zurück.

Die Anfahrt:

Letzten Mittwoch nach der Arbeit mit fertig vorbereiteter Ausrüstung noch für 25.- € Lebensmittel gekauft dann ging`s los. Durch Zürich und Luzern am schönen Vierwaldstätter See bei Sonnenuntergang entlang, durch den St. Gotthard-Tunnel runter nach Bellinzona und Lugano. Über die italienische Grenze, spätestens ab Mailands „Tangentiale-Est“ merkt man daß man in Italien ist: Haarstäubendes Drängeln, sinnlose Überholmanöver, hektisches Auffahren, Langsamfahren bei leerer Autobahn auf der linken Spur, Fernlicht-Brennenlassen u.s.w, - Anarchie auf der Straße - irgendwie sympathisch aber anstrengend, italienisch eben.
Mit 160 Km/h die Po-Ebene runter, von Parma nach La Spezia dann Ruhe, die Hälfte der Autobahn einspurige Baustelle, sieht nicht so aus, als ob das irgendwann mal fertig würde. Kassieren dennoch 35.- € Maut für die einfache Strecke. Dann Livorno, Pisa endlich in der Toskana. Hab` mich um 1.00 Uhr nachts an der Maremma Pisana in die mir bekannten Sanddünen eines Pinienwaldes gelegt, 20 Km vor Piombino.

Einbooten:
Bei Sonnenaufgang nach Piombino gefahren mit einem logistischen Problem: Wo kann ich 4 Tage Parken und Einbooten ohne daß mein Auto geklaut wird ? Habe keine Diebstahlversicherung. Am Fährhafen von Piombino steht was von „Parking-Attended“ und Video-Control. Allerdings alles offen, nirgendwo ein Mensch zu sehen. Schließlich kommt ein Italiener mit einem neuen Jaguar, den frage ich ob das hier sicher sei. Er meint „Si, si“ und zeigt auf eine Baracke mit einer Satellitenschüssel vor der einer 911-er Porsche steht. Das gibt mir Vertrauen und irgendwann schlappt ein Jugendlicher aus der Baracke. Der Parkplatz kostet 8.- € pro Tag, dafür ist das Auto versichert. Die 32.- € zahle ich gerne, kann ich mich doch darauf verlassen nach 4 Tagen mein Auto wiederzubekommen.
Betroffen sehe ich auf die 2m hohen Kaimauern des Fährhafens, wo soll ich da ein vollbeladenes Kajak einbooten ? Der Jugendliche spricht nur italienisch, ich deute auf das Kajak und das Meer und frage „possibile ?“. „Si, si“ meint der und zeigt auf den Fährhafen. Mittlerweile hat eine Fähre angelegt, vier ankommende Italiener betrachten mein Kajak und fragen erstaunt: „Canale Piombino ?“ „Si, si“ antworte ich und karre skeptisch den Esplora hinunter zum Fähr- und Industriehafen. Alle Gebäude sind rostbraun verfärbt, die Luft von der Eisenverhüttung dunstig, die morgendliche Sonne ist trüb zwischen den Abgasen der qualmenden Schlote.
Und tatsächlich, ca. 200m links bei „SMEP“ gegenüber dem Offshore-Terminal liegt ein Kai mit verschmutzen Segel- und Fischerbooten und einer vermooste Slipanlage auf der zahlreicher Müll herumliegt. Was will man mehr ? Bootswagen angekettet, in den Trockenanzug und los geht’s:

Die Tour (1. Tag):

Zwischen den Containerschiffen und Eisenerzfrachtern ging es hurtig quer durch den Fährhafen. Solange die an der Leine lagen war ich sicher. Ich folgte einem tuckernden Fischkutter entlang der endlosen Kaimauer hinaus auf den Canale Piombino, der Schiffahrtsstrasse zwischen Elba und dem Golfo Follonica. Von hier zum „Cappo Porro“ auf Elba sind es ca. 13 KM. Jetzt mußte ich das Ufer verlassen und nach Elba queren. Im Gedächtnis Seglergeschichten aus dem Internet von 2m hohen Wellen durch die ständig verkehrenden Fähren. Das stimmte gar nicht. Die Wellen der Fähren, die ich allmählich alle einzeln kennenlernte, waren harmlos. Etwas steiler kamen die brechenden Wellen von größeren Fischkuttern, deren Kapitäne den Hebel auf den Tisch gelegt hatten. Man sah die Wellen von weitem mit brechendem Kamm herankommen, so daß man bequem das Kajak stevengerecht ausrichten konnte.
Ziemlich flott war auch der Kapitän des Tragflächenbootes unterwegs. Ein dumpfes Maschinengeräusch hinter mir und schon nähert es sich bedenklich schnell. Mit welchem Kurs eigentlich ? Ach so, genau auf mich. Wegpaddeln ist zu langsam, also Nico rauskramen, da dreht er bei. Ist o.K. der Bursche, sieht wegen der hohen Geschwindigkeit bedrohlicher aus als er ist, machte kaum Welle. Wünsch` mir fast einen Rückspiegel.
Noch einige Fahrwasser und Routen ein- und auslaufender Fähren gekreuzt (wie ist das erst in der Hochsaison ?), als mir ein sanfter Südost Richtung Elba half.

Und da lag sie Elba - die Schöne - die Konturen ihrer Berge hoben sich aus dem orangen Dunst des Morgens gegen das Azurblau des wolkenlosen Himmels ab. Ich halte auf die vorgelagerte Insel Palmaiola zu, einem Fels im Meer. Steil abfallende, erodierte Klippen, eine Macchia-bewachsene Schräge, darauf ein Leuchtturm, einsamer Schutzpatron der Seefahrer. Das eisenhaltige Gestein des Monte Calamita soll die Kompassnadeln der alten Seefahrer abgelenkt und manchmal zu tragischem Orientierungsverlust geführt haben......
Palmaiola ist unbewohnt, nur Hunderte von Silbermöven, die weißleuchtenden Wächter der Insel sitzen in den bizarren Felsformationen, die erodiert wie trockenes Leder aus dem dunkelgrün schimmernden Wasser ragen. Ich paddle an der Südost-Seite entlang, zwischen vorgelagerten Felsen auf denen die weißen Seevögel so gleichmäßig wie Laternen einer Allee sitzen. Auf der Südostseite finde ich eine winzige Bucht mit einer kleinen Kaimauer. Warum sollte ich mich jetzt eigentlich nicht erstmal 2 Stunden in die Sonne legen und nichts tun ? Es ist zu schön um weiterzupaddeln. Isomatte ausgebreitet und nackt in die Sonne gelegt. Ich lege mein Thermometer in die Sonne und messe um 12 Uhr mittags 36.6 ° C. Vor mir die unbewohnte Insel Cerboli und die Lichtreflexionen in der Weite des Mittelmeeres.
Trockenanzug ? Vergiss` es. Kurzärmliges Neo-Shirt, Badehose und weiter Richtung Elba, allmählich näherkommend. Auf einer Felskuppe liegt eine jener mondänen Villen römischer Architektur, deren mit Zypressen bewachsenes Anwesen die typische Eleganz des toskanischen Stils ausstrahlt.
Ich halte nordwestlich Richtung Isola dei Topi zu, das Meer spiegelglatt, fast kommt Langeweile auf. Ca. 100m vor mir sehe ich das Auftauchen und Verschwinden einer stark gekrümmten Flosse – Delphine -. Ich komme auf etwa 15m heran. Zuerst einer, dann ein Delphin-Pärchen. Nach einem kurzen Schnauben tauchen die beiden, aneinander geschmiegten Delphine völlig synchron auf um dann lautlos in einer ruhigen, vollkommen gleichmäßigen Nickbewegung wieder abzutauchen. Sie zogen still in einer Geraden durch das ruhige, perlmuttschimmernde Meer.
Nordseitig um das Capo della Vita herum paddelnd, an unbewohntem Felsufer, mit Macchia, Pinien und Steineichen überwuchertes Niemandsland, bis auf 15m Tiefe reichende Sicht durch das klare Wasser, schimmernd aus verschiedenem Tönen von türkis, petrol, dunkelgrün und tiefblau, im Kontrast zum Rotbraun der Korallenmoosarten am Felsgrund. Unzugängliche Felsküste, unberührte von Land nicht erreichbare Kiesstrände. Mittlerweile schätzungsweise 40 ° C in der Sonne. Wann bitte, paddelt man im Meer im Schatten ?
Der erste Tag neigt sich dem Ende, in der Bucht von Portoferraio hellocker leuchtende, menschenleere Sandstrände. Die Festungsarchitektur von Portoferraio, mit seinem Leuchtturm aus wertvollen, böhmischen Kristalllinsen sieht mächtig aus. Ich quere letztmals das Fahrwasser der Fähren und halte auf Scoglietto zu, einem 1200m vorgelagerten Felsen mit Leuchturm zu, um auf einem Fels im Meer mein Nachtlager zu errichten. Es ist verboten den Fels zu betreten, dort brüten viele Silbermöven, außerdem ist Anladen auf dem Fels nicht ohne Kratzer möglich, so daß ich den Plan verwerfe und mir einer der vielen, menschenleeren Strände bei Punta Aquaviva aussuche. Dort schlage ich mein Zelt auf und freue mich auf Bier und Pasta. Leider Feuer vergessen. Mit dem Gaskocher in der Hand steige ich einen Pfad die Felsen hinauf auf der Suche nach Menschen. Zur Not wäre ich auch 15 min. mit brennendem Gaskocher zurückgelaufen, sosehr freute ich mich auf meine Pasta. Ich fand einen Elbaner der mir sofort seine gesamten Zündholzer schenkte und mein Angebot ihm hierfür Geld zu bieten empört ablehnte. Rasch zog Seenebel auf und es kühlte auf 9 ° C ab.

2. Tag:

Anfangs im Nebel, aus dem Möwen kamen, brach ab 10 Uhr erneut die Sonne durch als ich in Richtung Marciana Marina, dem Wassersportzentrum der Insel unterwegs war. Da lagen doch Bootsrümpfe am Strand, waren es Seekajaks oder Teile von Hobbie-Cats ? Erst nach dem Anlanden konnte ich erkennen, daß es beides war. Da lagen richtige Seekajaks, kein Touri-Badespass-Krempel sondern ernsthaftes Material, 3 Luken, feste Lenzpumpe, Grönland-Latten, allerdings in erbarmungswürdigem Pflegezustand, mit schwarzer, rutschfester Farbe überstrichen, könnte mal ein P&H gewesen sein. Darauf stand was von „Seekajaking-School-Italy“. Immerhin.
Wollte endlich eine Batterie für meinen Foto kaufen, die Hälfte der Läden offen, ziemliches Chaos innen, aber Batterie bekommen. Keine Touris, der Ort verschlafen, viele italienische Mütter mit ihren Kindern und Alte unterwegs, eine junge Signorina taxierte mich sehr genau. Nach Cappuchino und Dolci in einer Bar zog es mich wieder auf Wasser.
Es ging Richtung Elbas Westküste, zunächst noch Sand- Lehm- und Kalkgestein mit Tafoniverwitterungen (vom korsischen „tafonare“ = durchlöchern). Felsen mit Riefen wie Elefantenhaut, mit Wannen- und kugelförmigen Hohlräumen, weich gerundet, mitunter kühne Kompositionen der Natur, manche grottenförmig, darin das Farbspiel des reflektierten Wassers. Elbas Westen ist zunehmend rauher, immer längere Abschnitte mit unzugänglicher, wilder Felsküste. Der Wind drehte zunehmend auf Nordwest und begann aufzufrischen. Nach P. della Zanca nahm die Clapotis zu, erstaunlich wie weit die rausreicht. Dann war ich am Westufer Elbas, der Nordwest wurde durch Düseneffekte der Felsküste parallel zur Küste abgelenkt und verstärkt. Die Kämme begannen zu brechen, die Welle steilte auf. Ein geschätzter 4 er blies mich die sonnenverbrannte Westküste Elbas runter. Es war nicht schlimmer als ein 6er oder 7er auf dem Bodensee, aber anfangs etwas unheimlich, weil ich alleine in unbekanntem Terrain unterwegs war und nicht wußte was noch alles kommen würde. Das war die ganze Faszination unseres geliebten Seekajaksports: Ich lies den Vierer für mich Strecke machen, beschränkte mich hauptsächlich darauf den Esplora am Ausbrechen zu hindern und genoß die weißen Wellenkämme über der Weite des thyrennischen Meeres, irgendwo rechts von mir lag Korsika.
Der Südwesten Elbas unterscheidet sich völlig vom Norden und Osten. Die sonnenveerbrannten Südhänge des 1018m hohen Mt. Capanne, die den salzhaltigen, heißen Winden ausgesetzt sind, lassen nur eine spärliche mediterrane Macchia gedeihen, oberhalb 800m nur noch Fels, Erinnerungen an die Sinai-Halbinsel werden wach. Im Süden der Insel wieder Windstille, meine Arme geröstet wie rosa Langusten. Ich fand eine ideale kleine Bucht mit einer „Naturmatratze“ (meine Isomatte war inzwischen undicht, was mich kaum wirklich störte) aus getrocknetem Seegras im Golfo die Campo. Mein Zelt stand weniger als einen Meter vom Wasser, ca. 20 cm. erhöht, knapp kalkuliert, aber nicht fortgespült worden. Die Sonne versank im orangeroten Dunst, auf einem Felsen das lautlose Blinken eines Leuchturmes. Kein Nebel, heute nacht war „Cabrio-Zelten“ d.h. nur mit Moskito-Netz ohne Außenzelt angesagt. Über mir das klare Leuchten des Sternenhimmels und das Blinken von Kristalleinschlüssen in den Felsen um mich im Mondlicht.

3. Tag:

Nach der täglichen Rasur mit Handspiegel auf einem Felsen und dem morgendlichen Bad im Meer (ich halte gute Körperpflege auf Tour für unerläßlich um auch psychisch in Form zu bleiben) ging es weiter Richtung Porto Azzuro. Der Südosten der Insel, mit Schiefer- Gneis- und Marmorvorkommen unterscheidet sich geologisch wieder von den anderen Inselteilen. Insbesondere am Monte Calamita gibt es zahlreiche Eisenerzvorkommen, so daß die Felsküste dort rostbraun erscheint. Zwischen den verlassenen, alten Flözen, heruntergekommenen, terassenförmigen Erzgewinnungsanlagen, vollkommen menschenleerer, zum Teil trostloser Küste in der sengenden Sonne zu paddeln war im wahrsten Sinne des Wortes „Durststrecke“.
Plötzlich wechselte das Küstenbild. Senkrechte, mit winzigen Grasflecken bewachsene, riesige Felsen auf denen Silbermöwen nisteten. Ich hatte die „Costa die Gabbiani“ erreicht, die „Möwenküste“, einem Naturschutzgebiet mit der größten Silbermöwenkolonie des thyrennischen Meeres.
Am Horizont flimmerte das Meer, viele weiße Flecken waren zu erkennen. Waren das alles Möwen ? Ich tat zunächst, als ging mich das alles nichts an. Langsam wurde mir klar, daß dies keine Möwen sondern brechende Wellen waren und ich genau dorthinein paddeln muß, wenn ich in 4 Tagen „rumkommen“ will. Eine Yacht mit gerefften Segeln kam entgegen. Die Felsküste senkrecht. Noch um das Capo dei Brache rumgepaddelt und sofort blies mir ein 4 er mit ordentlicher Welle ins Gesicht. Anständig was los. Gut Konzentrieren, immer die Wellen im Auge behalten, stützen, ruhig bleiben. Nach 10 min eine steile Kiesbucht. Raus, Esplora-Boden auf grobem Kies hin oder her, Kinkilatz. Erstmal relaxen, was trinken, überlegen, langsam Fleece-Underall und Trockenanzug angezogen, Welle abwarten, wieder rein, ruhig bleiben. Ich liebte jede Faser meines Trockenanzugs, wie eine Lederkluft beim Motorradfahren. Clapotis und nochmals Clapotis. Entgegen dem Angsttrieb immer weiter raus in die z. Teil fies steilen Wellen. Die kamen mit mindesten 30 Km Fetch den Canale Piombino runter. Unter 200m vom Fels weg ging nicht viel. Der Vierer von Vorn, ziemlich anstrengend mit Schulterschmerzen dagegen an, dabei einige „Spülungen“ kassiert, aber mit „Trocki“ harmlos.
Nach zäher Paddelei gegen den sich langsam abschwächendem Wind nordwestlich die Hafeneinfahrt von Porto Azzurro. Im inzwischen abendlichen Licht, eine Hügelkette spitzkegelig wie ein Zuckerhut, einer mit goldenem Kreuz, dahinter ein Bergkamm mit einzelnen, windschiefen Pinien, leuchtende Strände und die Hafeneinfahrt mit großem Leuchtturm und Festungsanlage ließen fast karibisches Flair aufkommen. Dankbar paddelte ich dem geschützten Hafen entgegen mit dem Wunsch mir in der nächsten Hafenkneipe einen hinter die Binde zu gießen.
Da ich mir aber noch einen Strand für die Nacht suchen mußte, und nicht besoffen paddeln wollte (was würde Udo Beier dazu sagen ? ) verwarf ich den Gedanken. Da ich nichts mehr zu trinken und zu essen hatte mußte ich anlanden. Zog mich im Hafen erstmal um. Wer will schon mit Trockenanzug am Samstag abend auf den italienischen Corso ? Einige hübsche Italienerinnen in den engen Gassen von Porto Azzuro mit den vielen kleinen Fischlokalen. Im Alimentari Pasta, schwarze Oliven und einige „Birra Muratti“ gekauft, wieder ins Boot mit offenem Trockenanzug zum nächsten menschenleeren Strand, diesmal das Zelt auf Sand aus feinkörnigem, schwarzer Roteisenstein aufgestellt.
Ich lies gerade Speck aus, als 2 Labrador-Retriever magisch vom Speckgeruch angezogen sich mir unaufhaltsam näherten. Ich legte mein Paddel zurecht (damit kann man ja zur Not auch einem Köter eine aufs Dach geben) und wartete. Als ich den Stein einer Olive ins Meer warf rannte der Größere der Beiden vor Angst davon, so daß ich lachen mußte. Diesmal suchte ich mir nicht einen Strand mit Sonne bis Sonnenuntergang, sondern einen mit Sonne ab Sonnenaufgang, da ich früh los wolle.

4. Tag

Nach Rasur und rituellem Bad im Meer beschloß ich die letzte Etappe als „Offshore“- Etappe über das freie Meer zu paddeln und ca. 17 Km von Elbas Küste auszulassen. Direkt zurück nach Piombino waren es 20 KM über offenes Meer. Da lag aber noch eine unbewohnte Felsinsel, die Isola Cerboli 16 Km entfernt auf Kurs 42 °, die mich anzog. Von dort sind` s dann noch 8 Km nach Piombino. Mit einem „Eureka“ stach ich mit Kurs 42 ° in See.
Das Meer leicht geriffelt, ein sanfter Südwest half mir. Die Konturen von Cerboli anfangs unscharf im Dunst kaum näherkommend. Dann völlige Windstille, das platinschimmernde Meer und das Blau des Himmels schienen ineinanderzulaufen, es konnte einem fast schwindelig werden, wie eine Luftspiegelung unwirklich die Insel herausragend, aussehend wie eine Phantasielandschaft aus Herr der Ringe.
Ich war ca. 6 Km draußen als zwischen der Insel und mir wieder eine gerkrümmte Flosse auftauchte. Kein Zweifel: Delphine. Vielleicht konnte ich ja noch näher kommen.
Ich legte zu und hatte Glück: Sie schwammen direkt auf mich zu. Vor der Kulisse der kegelförmigen Insel sprangen zwei aus dem Wasser, berührte sich und verschwanden wieder. Nach kurzer Zeit war ich alleine in einer Gruppe von 8-10 Delphinen (schwierig zu zählen) die mich von allen Seiten umgaben. Der mutigste Bursche schwamm auf etwa fünf Meter an mein Kajak heran. Er tauchte mit seiner weichen grauen Haut und einem Schnauben aus dem Wasser und verschwand wieder im Meer. Die aufsteigenden Luftlblasen blieben neben meinem Kajak stehen. Hoffentlich wird er nicht direkt unter meinem Kajak wieder auftauchen. Tat er aber nicht. Rechts von mir waren einige Delphine und ein Delphinbaby, wohl neben seiner Mutter herschwimmend. Ich hörte zu paddeln auf und beobachtete die Delphine. Rechts gegen die glitzernde Sonne sprangen erneut zwei Delphine vollständig aus dem Wasser, berührten verspielt ihre Schnauzen und tauchten in den Lichtreflexionen des Meeres unter. Mir jagte es einen Kälteschauer nach dem anderen durch meinen Trockenanzug. (Seit einmal im roten Meer ein Delphinbaby umdrehte, auf mich zu schwamm und verspielt an meinem Schnorchel knabberte, berühren mich diese Tiere tief).
Innerlich gerührt paddelte ich nach Cerboli, umrundete die Insel, stellte fest das Anlanden ohne Kajakbeschädigung unmögich ist und paddelte gegen einen plötzlich aufgekommenen 3 er aus Nordwest die 8 Km nach Piombino. Vor dem Hafen Clapotis und ein aus dem Becken wehender 3 er von Ost mit komischen Wellen. Zum Schluß tat`s nochmal weh, aber das war sowas von egal, angesichts des Reichtums den ich erleben durfte.

Zurück:

Zurück im verdreckten Industriehafen, das Auto stand noch da, meine Arme haben ernsthafte Verbrennungen. Am Nachmittag nochmal 9 h Autofahren. Zwischen Genua und Mailand Staus, Hektik, Nervosität, Gedrängel, Motorradfahrer die bei 140 Km/h durch den Mittelstreifen überholen, ständige Spurwechsel etc. etc.

Nichts von alldem konnte meine innere Ruhe und Dankbarkeit erschüttern das Meer so tief erlebt habe zu dürfen.

Viele Grüße Mark


Re: Rund Elba mit Palmaiola und Cerboli
24. März 2005 00:19
Hallo Mark,
tolle Geschichte mit Erlebnissen, die nur das (Paddler)Leben schreibt. Ich persönlich hätte mir eventuell mehr Zeit gelassen.
Aber schön, daß Du gesund wieder zurück bist.
Gruß Guido
Re: Rund Elba mit Palmaiola und Cerboli
24. März 2005 00:37
Gratulation zu der gelungenen schnellen Runde ... da wir vor ein paar Jahren (2002:[kvu.der-norden.de]) ebenfalls rund sind, allerdings ohne die Überfahrt von Piombino, z.B. weil eben das Einbooten dort schon nicht sehr attraktiv ist und wir anschließend auf der Insel noche etwas wandern wollten....
Fast möchte ich sagen: natürlich - man kanns in 4 Tagen machen, vor allem wenn man Glück mit dem Wetter hat, aber etwas mehr Zeit, etwas mehr einkehren in die netten kleinen Orte, mal nen Capuchino, mal ne flasche Wein und ne Pasta....mal über einen der Märkte schlendern...
Was sind auch die Hügel schön, eine duftende mediterane Flora, der Blick von der Höhe gen Korsika, und auf die kleinen Inseln umzu....
oder mal verbotenerweise durch die alten Bergwerke schlendern...

Trotzdem - toll das mal wieder einer eine Fahrten"abenteuer" schreibt und zum Nachfahren anregt.
Und Elba ist es wert !!!! trotz der vielen Bustouristen und Münchner Villenbesitzer, die das Ambiente zuweilen stören.
Danke
Wolfgang
Re: Rund Elba mit Palmaiola und Cerboli
24. März 2005 13:39
Moin Mark,
Hut ab,
und Glückwunsch von der Schlei für die gelungene Runde.
Regt durchaus zur Nachahmung an, mit ein bisschen mehr Zeit zum Genießen
wäre es wahrscheinlich noch schöner.
Matthias von der Schlei
Anonymer Teilnehmer
Re: Rund Elba mit Palmaiola und Cerboli
25. März 2005 08:07
Hallo Mark,
ein sehr schöner Bericht!

Ich lese immer gern Tourenberichte wie diesen, solange sie nicht langweilig sind, und das ist deiner gewiss nicht. Weiter so. Da möchte man doch auch gleich wieder mal ans Mittelmeer...Naja , hier oben an der Ostsee wirds ja auch langsam wieder wärmer beim Paddeln.
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