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Vollgelaufen: Seenotfall nach Kontakt mit Palette

geschrieben von U.B. 
Vollgelaufen: Seenotfall nach Kontakt mit Palette
24. Januar 2018 16:09
Ahoi!

Was war passiert da auf der Kieler Förde?

Der Donnerstag, 18.1.18, war kein normaler Tag. Deutschland wurde vom Sturmtief „Friederike“ heimgesucht, was die Bundesbahn dazu veranlasste, sicherheitshalber die Fernzüge nicht mehr durch Deutschland fahren zu lassen. Auf dem Brocken wurden Orkanböen bis 150 km/h gemessen. Im Norden war es jedoch nicht so kritisch. Vormittags wehte es lt. WINDFINDER.de z.B. in der Kieler Innenförde noch mit 3-4 Bft. aus süd-östlicher, später nord-östlicher Richtung. Erst ab 12.30 Uhr nahm der Wind zu und wehte dann mit 5 Bft. aus nord-östlicher Richtung bis kurz vor 15.30 Uhr. Draußen am Kieler Leuchtturm blies es jedoch zur gleichen Zeit mit 6 Bft. aus Nord-Ost (in Böen: 7 Bft.). Die Wasserschutzpolizei selber sprach von 8er bis 9er Böen auf der Innenförde. Zwischen 10 Uhr und 15 Uhr sanken die Lufttemperaturen auf +1° bis 0° C und die Wassertemperaturen lagen lt. Institut für Meereskunde/GEOMAR bei +1°C und lt. WINDFINDER.de bei +3,5°C:

(Kieler Förde)

Auch für Eckehard, ein erfahrener Kieler Küstenkanuwanderer, waren das raue Bedingungen, aber nicht ungewöhnlich für ihn und seine Mitpaddlerin. Kurz vor 14 Uhr paddelten beide von ihrem Bootshaus in der Innenförde die Förde hinaus bis zum Wendepunkt in der Nähre des U-Boot Ehrenmals Möltenort , Tonne 12.

Zur Ausrüstung: Er paddelte einen „Nordkapp LV“ (540x53 cm) von VALLEY und sie ein bei achterlicher See besonders schnelles Kajak von REBEL: „Big Dog“ (540x57 cm). Er trug einen Trockenanzug mit Latexhalsmanschette , genügend Unterbekleidung (bestehend aus Polypropyläen (CRAFT) plus 200-er Polartec-Unterziehkombi, lange AQUASHELL-Hose), Faserpelz-Kopfhaube und Wintermütze mit Ohrenklappen – alles in leuchtend gelb - sowie dicke Paddelpfötchen. Dazu kam eine auf Halbautomatik geschaltete 17kp rote Rettungsweste mit gelben breiten aufgenähten retroreflektierenden großen Streifen auf Brust und am Rücken in SOLAS-Qualität. Diese Weste der Marke BALTIC schaltet bei Auslösung eine innere Beleuchtung ein, so dass der gesamte Auftriebskörper wie ein heller gelber Gasballon leuchtet! Griffbereit, aber gesichert, hatte er einen PRIJON-Rollsack mit Griff, der als Paddelfloat geeignet ist. Darin befanden sich zwei große Rauchfackeln, eine Fallschirmseenotrakete und ein wasserdichtes Funkgerät (mit AIS-Distress-Taste und GPS) in schwimmfähiger Ausführung. In der Mesh-Tasche der Spritzdecke hatte er ein wasserfestes Tag/Nacht-Signal der Firma COMET, an deren einem Ende eine kleinere Rauchfackel und am anderen ein Magnesium-Rotlicht integriert ist. Auf dem Deck fuhr er eine Seenotbake der Marke AQR „Aquarescue“ (mit GPS-Positionsübertragung und Seefunkbakenfunktion für die Anpeilung), registriert bei der RNLI in London. Der Text, der dazu in London hinterlegt war, führte aber letztlich dazu, dass Eckehard es zunächst nicht einzusetzen gedachte, da dort seine Fahrtleiter- und Ausbilderfunktion vermerkt war und die Zahl der Mitpaddler mit bis zu weiteren 6 Personen angegeben war, was u.U. hätte dazu führen können, dass „Großalarm“ ausgelöst worden wäre.

6 km gegen Wind & Wellen: Zunächst paddelten die beiden Kanuten gegen den Wind und gegen die Welle. Als Wind & Wellen inmitten der Heikendorfer Bucht vor der Tonne 12 immer mehr zunahmen, hielt die Mitpaddlerin an und meinte, dass die 6 km Streckepaddeln für heute genügen müsse. Daraufhin begannen beide, zurück zu surfen.

„Surfing as usual!“: Das waren Gewässerbedingungen, bei denen jeder genug mit sich selber zu tun hatte, aber die schon oft von beiden erlebt wurden, sodass keiner Bedenken haben musste, dass der andere bei diesen Bedingungen an seine „Grenzen“ stoßen würde. Also paddelte jeder vor sich hin. Jeder mit sich selbst und den überholenden Heckseen beschäftigt. Den Überblick konnte – immer bloß mal ganz kurz, augenblicksweise – nur der hinten fahrende Kanute behalten. Selbst beim Nebeneinanderherpaddeln kann man seinen Mitpaddler nicht mehr konstant im Auge behalten. Alle Aufmerksamkeit galt jetzt den von hinten anrauschenden Brechern und den manchmal quer dazu eintrudelnden Heckwellen vorbeifahrender Schlepper. Nur die Wahl der passenden Paddelschläge (einer Mischung aus Vorwärts-, Stütz- und Heckruderschlägen) musste reflexartig erfolgen; denn bei diesen Bedingungen galt es auf alle Fälle zu vermeiden, dass das Seekajak „ausbricht“ und quer zu den Brechern treibt. So kam es, dass Eckehards Mitpaddlerin nichts ahnend vorauspaddelte und die Surfritte genoss, aber auch die Brecher parieren musste, wenn das Kajak immer mal wieder den Wellenhang hinuntergerutscht war und quer zu den Wellen zu treiben kam. Halb genoss sie den Sport, halb verfluchte sie ihn. Es war alles kraftraubend und mitunter heikel; denn die Rolle konnte sie noch nicht. Aber das verunsicherte sie nicht; denn noch niemals war sie, auch nicht im Poloboot oder im Wildwasserboot, unfreiwillig gekentert. Ja, das Ganze war eine sehr sportliche Angelegenheit. Zeitweise glitten sie im Highspeed-Surf. Dann brach das Boot aus, bremste ab. Sie mussten die Brecher dann durch Stützen parieren und immer wieder das Seekajak mit viel Krafteinsatz auf den Kurs bringen, bis der nächste Surf begann.

Palette von achtern: Wie beide es gewohnt waren, baute sich eine zunehmende Distanz zwischen ihnen auf. Zudem musste Eckehard etwas Fahrt aus seinem Kajak nehmen; denn in Höhe Kitzeberg schwammen im Seegang allerhand Treibholz & Planken und große frisch gesägte Obstbaumteile vermutlich dänischer Provenienz herum und denen galt es auszuweichen. Plötzlich spülte inmitten der Brecher die Hecksee eines achterlich querenden Schleppers eine Holzpalette auf sein Achterdeck. Der Aufprall war so ungünstig, dass der ovale Lukendeckel von VALLEY sich löste und verloren ging. Hätte Eckehard nun die Ränder seines Valleydeckels - wie es empfohlen wird - sorgfältig in die Dichtkante „einmassiert“, wäre vielleichte nichts passiert, aber im Winter ist das eine mühsame, Fingernägel brechende Angelegenheit. Also verzichtet er darauf, zumal dadurch die Wasserdichtigkeit dieses Deckels nicht gefährdet war.

Wassereinbruch: Zunächst bemerkte Eckehard nicht den Verlust dieses Deckels, bis er feststelle, dass die Surfritte zunehmend langsamer wurden und schließlich ausblieben. Die Geschwindigkeit nahm rapide ab. Über die offene Achterluke begann sich der ca. 85 Liter umfassende hintere Stauraum seines 3-fach abgeschotteten Seekajaks schnell zu füllen. Auf halbem Wege zwischen Tonne 4 und der 5 inmitten der Förde, etwas querab des Ostuferkraftwerkes, sackte schließlich das Heck ab und der Bug neigte zu Kerzen. Trotz alledem paddelte er weiter, nur brachte das keinen Streckengewinn in Richtung des nächstgelegenen Ufers am Sportboothafen Düsternbrook. Er entschloss sich daher auszusteigen.

Nasser Ausstieg: In Anbetracht dessen, dass sein Seekajak mit voller Sitzluke und vollem Achterdeck halb unter Wasser trieb und bei dem rauen Seegang nicht mehr zu stabilisieren war, da es anfing, um die Längsachse zu rotieren, trennte sich Eckehard von seinem Seekajak und versuchte an Land zu schwimmen. Jedoch stauchen sich in diesem Bereich der Förde die Wellen. Er erkannte schnell, dass die Wellen ihn stärker in Richtung Arsenalmole drückten, als dass er in absehbarer - und damit überlebbarer - Zeit ans Ufer gekommen wäre. Die kurze dreihundertfünfzig Meter Strecke hinüber zum Sportboothafen erschien auch unüberwindbar. Der Wellentransport war in der Richtung unbrauchbar, phasenweise nicht so stark, dafür aber überkippend. Die Wellen steilen sich dort unregelmässig auf. Dazu kommen noch die vielen vom Ufer reflektierte Wellen. Einzelne Wellen liefen auch voll durch und warfen ihn weiter in die Fördemitte.

Seenotalarm: Als er merkte, dass er nicht vorankam, holte er aus der Mesh-Tasche seiner Spritzdecke ein Tag/Nacht-Notsignal der Firma COMET und zündete es. Der etwa 18 Sekunden lang ausgestoßene orangene Rauch wurde sofort vom Wind erfasst und wehte flach übers Wasser. Dank der Aufmerksamkeit eines Mitarbeiters des Institutes für Weltwirtschaft wurde aber die Notlage erkannt. Er alarmiert sofort die Wasserschutzpolizei. Zur Auslösung eines zweiten Seenotalarms kam Eckehard nicht mehr; denn inzwischen rückte das WaPo-Boot aus, ein fast 40 Knoten schneller Gleiter der 9m Klasse. Die Beamten fuhren Richtung See ..… in ca. 100 m Abstand an Eckehard vorbei! Im Wellensalat hatten sie keine Chance, den Schwimmer zu erblicken. Jedoch wurde dem aufmerksamen Beobachter an Land die prekäre Lage schnell klar. Er dirigierte übers Telefon das Boot zurück.
Zwischenzeitlich erkannte die WaPo, dass bei den Gewässerbedingungen ihr Boot kaum noch geeignet für solch einen Rettungseinsatz ist, wie sie auch in der Meldung bei der Zeitung KN-Online vermerkte. Sie löste daraufhin um 15:14 Uhr den Seenotalarm über die Seenotleitung (MRCC) Bremen aus. Daraufhin wurde sofort das 8,2 m kurze Tochterboot „Steppke" vom DGzRS Seenotrettungskreuzer „Berlin“ eingesetzt, welches bei acherlicher See von Laboe aus zum ca. 5 Seemeilen entfernten Notfallort „brummte“.

Retter vor Ort: Wir können nur ahnen, wie glücklich der allmählich frierende Eckehard war, als er das inzwischen gewendete WaPo-Boot auf sich zukommen sah. Aber er behielt seinen Notfallpäckchen fest bei sich, ahnend, dass die Bergung bei dem örtlichen Seegang mit Klapotis und wiederum auch unregelmässig, aber kräftig einlaufenden, schiebenden höheren Wellen sehr erschwert sein würde. Der Steuermann des WaPo-Bootes agierte jedoch sehr ruhig & umsichtig und immer entschieden, den Schwimmer nicht durch den Schiffsrumpf seines Bootes zu gefährden. Immer wieder, auch wenn das Boot sich im idealen Winkel annäherte, wurde es urplötzlich von der See weggehoben & weggeschoben.
Deshalb wurde Eckehard angekündigt, dass in nur 10 Minuten das DGzRS-Boot mit Bergepforte eintreffen würde. Wer verdenkt es da dem im Wasser treibenden Kanuten, schneller an Bord kommen zu wollen. Nach einigen Anläufen des WaPo-Bootes, deren Erfolg immer im allerletzten Moment die See vereitelte, trösteten sie ihn: „Jetzt nur noch fünf Minuten bis zum Eintreffen der DGzRS!“ Doch die zunehmende Unterkühlung machte Eckehard, ein trainierter Rettungsschwimmer, ungeduldig: „Werft mir einen angeleinten Rettungsring zu und zieht mich rüber in die Bucht vor der Schwentinemündung. Dort ist der Seegang etwas ruhiger!“ Zugerufen und in die Tat umgesetzt: Mit Rückwärtsfahrt vor der See, den Schwimmer im Auge, die angreifenden Brecher im Auge, nahm das WaPo-Boot langsam und so vorsichtig Fahrt auf, dass Eckehard nicht durch zu viel Wasserdruck unter Wasser gezogen wurde.

An Bord: Dann ging alles relativ schnell. Mit letzter Kraft kletterte Eckehard unter Mithilfe der Besatzung an Bord, was etwas beschwerlich war; denn zum einen war seine der Kälte ausgesetzte linke Hand recht kraftlos und zum anderen hatten sich in den Beinen des Trockenanzugs jeweils mehr als 5 Liter Wasser angesammelt, Wasser, das beim Schleppen wohl wegen des abnormen Wasserdrucks über die intakte Halsmanschette in seinen Trockenanzug gedrückt wurde!

+32,8° C: Insgesamt etwa 40 Minuten trieb Eckehard im eiskalten Wasser. Trotz Trockenanzug reichte das aus, um seine Körperkerntemperatur auf +32,8° C (lt. Messungen im Rettungswagen) sinken zu lassen. An Bord der WaPo setzte sofort sehr starkes, extremes Kältezittern ein. Trotzdem konnte er bald darauf – an beiden Schultern gestützt – von Bord gehen hinüber zum nahen Rettungswagen. Wegen der niedrigen Kerntemperatur wurde jedoch umgehend ein Notarzt nachgefordert. Danach ging es in die Klinik. Anschließend lief das volle „Anti-Unterkühlungs-Programm“ an mit Warmluftgebläse, Blutgasanalyse und Infusionen.

(Fazit folgt) (Ich danke dem Havaristen für die unzähligen sachdienlichen Hinweise!)

Gruß nach Kiel: Udo Beier


ModEdit: Fazit zum Kieler Seenotfall: 10 potenzielle Schwachstellen
Re: Vollgelaufen: Havarie nach Kontakt mit Palette
24. Januar 2018 16:24
Und die Mitpaddlerin genoß weiterhin den Surf, paddelte in den Sonnenuntergang und wart nicht mehr gesehen?

Gut, daß er nicht solo unterwegs war... haha... aber wenn beide es gewohnt sind, daß sich bei solchen Bedingen eine gewissen Distanz aufbaut, wird das schon o.k. sein...

Jonas
Re: Vollgelaufen: Havarie nach Kontakt mit Palette
24. Januar 2018 16:51
Moin moin zusammen,
gute Besserung und hoffentlich keine bleibenden Nachwirkungen für Eckard.
Da sieht man, wie auch erfahrene Paddler durch die Bootskonstruktion in Schwierigkeiten kommen können.
Ein großer Fan von Gummideckeln war ich nie, schon aus optischen Gründen.
Deshalb habe ich , bis auf 2 Ausnahmen, in meine Boote Lukendeckel aus GfK gebaut, die halten solche Belastung sicher aus.
Schöne Grüße,
Tomas.
Re: Vollgelaufen: Havarie nach Kontakt mit Palette
24. Januar 2018 17:26
Erstmal: gut, dass nicht mehr passiert ist. So wie sich der Report liest, war es knapp (Kerntemperatur unter 33°C)


raue Bedingungen, aber nicht ungewöhnlich für ihn und seine Mitpaddlerin.

Das ist schon erstaunlich: die Bedingungen - Sturm, Luft und Wasser um den Gefrierpunkt - sollten durchaus als ungewöhnlich erkannt werden. Da muss man an der Einschätzung der Realität arbeiten.



Seenotbake der Marke AQR „Aquarescue“ registriert bei der RNLI in London. Der Text, der dazu in London hinterlegt war, führte aber letztlich dazu, dass Eckehard es zunächst nicht einzusetzen gedachte,

Das ist dann gleichbedeutend mit "nicht dabei gehabt"



Halb genoss sie den Sport, halb verfluchte sie ihn, denn es war alles kraftraubend und mitunter heikel, denn die Rolle konnte sie noch nicht

Das ist ein Scherz, oder?



Plötzlich spülte inmitten der Brecher die Hecksee eines achterlich querenden Schleppers eine Holzpalette auf sein Achterdeck. Der Aufprall war so ungünstig, dass der ovale Lukendeckel von VALLEY sich löste und verloren ging.

Pech. Das ist eben der Unfall, den man echt nicht voraussehen kann, und dagegen hilft auch die beste Paddeltechnik nix. Allerdings komme ich wieder zur "Einschätzung der Lage" zurück: Die Wellen eines vorbeiziehenden Schleppers spülen diese unseelige Palette auf sein Achterdeck. Wie nah war er bitte dem Schlepper gekommen? Denn wenn die anderen Retter ihn nicht aus wenigen Metern sehen konnten, war er wohl auch für den Schlepper unsichtbar... Was hat unter den oben genannten Bedingungen ein Kajak auf oder nah an einer Wasserstrasse verloren?



Hätte Eckehard nun die Ränder seines Valleydeckels - wie es empfohlen wird - sorgfältig in die Dichtkante „einmassiert“, wäre vielleichte nichts passiert, aber im Winter ist das eine mühsame, Fingernägel brechende Angelegenheit. Also verzichtet er darauf,

Es sind die kleinen Sachen .... und es ist immer WAHNSINNIG einfach, nachher oberschlau daher zu reden. Aber die Deckel gehen halt viel leichter "fest" drauf, wenn man sie regelmässig mit Silikonspray an den Kanten einnebelt. Dann ist das auch im Winter plötzlich einfach und überhaupt kein Problem mehr für die Fingernägel!
Re: Vollgelaufen: Havarie nach Kontakt mit Palette
24. Januar 2018 18:34
Zitat
U.B.
Der Aufprall war so ungünstig, dass der ovale Lukendeckel von VALLEY sich löste und verloren ging. Hätte Eckehard nun die Ränder seines Valleydeckels - wie es empfohlen wird - sorgfältig in die Dichtkante „einmassiert“, wäre vielleichte nichts passiert, aber im Winter ist das eine mühsame, Fingernägel brechende Angelegenheit. Also verzichtet er darauf, zumal dadurch die Wasserdichtigkeit dieses Deckels nicht gefährdet war.

-Was bedeutet die Dichtkante einzumassieren - Wo wird das empfohlen (/beschrieben)???
-Wie soll die Wasserdichtigkeit nicht gefährdet sein, wenn der Deckel nicht ordentlich sitz?
-Wieso ging der Deckel verloren - sind die bei VALLEY nicht gesichert?

Meine Lukendeckel von Kajaksport sind noch recht neu,
und auch bei Temperaturen um 2° noch relativ weich und flexibel.
Wenn sie durch Witterungseinflüsse hart werden, werden sie (wie bspw. Scheibenwischer) ausgetauscht,
da die Funktion beeinträchtigt ist.
Fingernägel brauche ich weder zum öffnen noch schließen.

GUT DAS ES NOCH SO GLIMPFLICH ABGELAUFEN IST ...!
Re: Vollgelaufen: Havarie nach Kontakt mit Palette
24. Januar 2018 19:11
Moin moin zusammen,
was mich noch etwas irritiert, die Deckel sind üblicherweise mit einer Sorgeleine gesichert. Auch wenn diese eventuell nicht ewig hält, merkt man doch, wenn sich der Deckel neben dem Boot befindet statt auf der Luke.
Dann kann Kamerad/in eventuell etwas lenzen und ihn wieder aufstülpen.
Wenn die Beiden allerdings einen so großen Abstand hatten, daß selbst ein Zuruf nicht mehr möglich war, warum fährt man denn zu zweit ?
Schöne Grüße,
Tomas.
Re: Vollgelaufen: Havarie nach Kontakt mit Palette
24. Januar 2018 19:52
Zitat
pm
Wenn die Beiden allerdings einen so großen Abstand hatten, daß selbst ein Zuruf nicht mehr möglich war, warum fährt man denn zu zweit ?

Zuruf funktioniert ja nur in "Griffweite".
Bei Wind & Wettereinflüßen ist ja selbst die Signalpfeife ab ca. 50 Meter,
ein ernüchterder/Atemluftzehrender Lolli.

Man kann wohl nicht immer auf Sichtkontakt fahren, aber wenn man zu zweit oder in Gruppe startet,
sollte man sich auch ab und an mal umdrehen...und versuchen zusammenzubleiben.
Re: Vollgelaufen: Havarie nach Kontakt mit Palette
24. Januar 2018 20:11
Für Eckehard erst einmal die besten Wünsche!

Obwohl eigentlich eher Randthema, habe ich drei ausrüstungstechnische Fragen:

1. Das "Einmassieren" des Lukendeckels in die dafür vorgesehen Nut ist (bei mir) meiner Erfahrung nach immer ein bisschen kritisch: sogar bei guten Bedingungen und "eigentlich" sorgfältigem Schließen sehe ich gelegentlich, wenn ich dann im Boot sitze, doch noch eine "ausgelassene" Stelle, sowohl bei bei Valley- als auch bei Kajaksport-Stülpdeckeln. Von Kajaksport gibt es ja die Click-On-Deckel. Hat jemand damit Erfahrung?

2. Trockenanzüge (und Paddeljacken) gibt es ja im Allgemeinen nur mit Halsmanschette aus Neopren oder Latex, nicht aber nicht mit "face seal"-Kapuze wie man sie von Tuiliqs oder Überlebensanzügen kennt. Beim Abschleppen wie im geschilderten Fall wäre, da ja der Kopf (hoffentlich) meistens über Wasser ist, ein Wassereintritt in den Trockenanzug zumindest gemindert worden. Gibt es irgendwelche Gründe, die gegen solch eine Kapuzenkonstruktion sprechen, oder warum wird auf dem Markt nichts dergleichen angeboten?

3. Ist das dichtere Boot nicht vielleicht doch das sicherere Boot? Also gar keine Gepäckluken, "Mannloch" (Seesocke plus Packäcke/Auftriebskörper für den Ernstfall)?
Re: Vollgelaufen: Havarie nach Kontakt mit Palette
24. Januar 2018 21:03
Zitat
Tiefwasser
sogar bei guten Bedingungen und "eigentlich" sorgfältigem Schließen sehe ich gelegentlich, wenn ich dann im Boot sitze, doch noch eine "ausgelassene" Stelle,

Wie kann es kommen, dass man diese Stelle nicht beim klarieren, aber dann im Boot sieht??

Zitat
Tiefwasser
Von Kajaksport gibt es ja die Click-On-Deckel. Hat jemand damit Erfahrung?

Die kenne ich nicht.
Wie funktionieren diese/ gibt es Infos dazu?

Zitat
Tiefwasser
Halsmanschette aus Neopren oder Latex,
Das man mit Latexmanchette ( die sitzt) vollaufen kann, erschließt sich mir noch nicht...

Zitat
Tiefwasser
Ist das dichtere Boot nicht vielleicht doch das sicherere Boot? Also gar keine Gepäckluken, "Mannloch" (Seesocke plus Packäcke/Auftriebskörper für den Ernstfall)?

Habe in jeder Luke jeweils wasserdicht verpacktes Gepäckgut.
Das ist schon einmal Volumen das nicht volllaufen kann.
Aus diesem Bericht über einen erfahrenen Kanuten,
stellt sich mir die Frage, ob ich die Luken am besten immer relativ voluminös (wenn auch leer) vollpacken sollte...
Re: Vollgelaufen: Havarie nach Kontakt mit Palette
24. Januar 2018 21:38
'Klickdeckel' von Kajaksport: kein großer Unterschied zu den weicheren Deckeln, nach meiner Erfahrung. Einfach nur 'draufklicken' ist da auch nicht, und sicherer sind sie glaube ich nicht.

Diese Gummideckel sind eigentlich so beschaffen, dass sie, wenn man sie ordentlich schließt, nicht von allein oder durch die auf dem Wasser zu erwartenden Einwirkungen sich lösen können. Da reißt eher der ganze Rahmen raus.

Was da passiert ist, ist ein 'freak accident', ein sehr unwahrscheinlicher Notfall. Aber es erinnert daran, dass man das Schließen der Lukendeckel wirklich sehr ernst nehmen sollte, gerade wenn man gerne etwas weiter vom Ufer weg fährt.

Aber man sollte sich auch klar machen: wir Menschlein werden sehr schnell sehr klein und schwach, wenn die Elemente toben, wenn wir mit Massen und Kräften zu tun haben, die unsere eigenen weit übersteigen. In einem winzigen Kajak ist das nun mal der Fall. Wenn es lange, lange gut gegangen ist, glaubt man irgendwann, man hätte alles im Griff, das ist nur menschlich. Oft ist das aber nur eine Illusion, weil die andere Seite einfach noch nicht wirklich ernst gemacht hat. Ich habe Landwirtschaft gelernt, und musste dabei in bergigem Gelände viel Trecker fahren. Z.B. Gülle fahren auf vereister, hängiger Wiese. Man sitzt auf diesem kraftvollen Trecker wie in Abrahams Schoß ... bis man plötzlich abschmiert, gar nichts mehr kontrollieren kann und stattdessen die Aussicht erhält, von drei Tonnen Stahl zermalmt zu werden. Da erlebt man dann den Inbegriff eines Realitätsschocks. Bei Sturm, giftiger Welle, schlechter Sicht und zu weit draußen das Boot zu verlieren und schwimmen zu müssen ist dem nicht unähnlich. Wer weiß, was jemandem mit weniger Erfahrung und Kampfgeist als Ekkehard passiert wäre.
Re: Vollgelaufen: Havarie nach Kontakt mit Palette
24. Januar 2018 21:57
Zitat
ak67
Wer weiß, was jemandem mit weniger Erfahrung .... als Ekkehard passiert wäre.

Panik und Stress sind in solchen Situationen wohl die größte, zusätzliche Gefahr.
Zum Glück konnte Eckehard dem mit Besonnenheit/seiner Erfahrung entgegenwirken!...
Re: Vollgelaufen: Havarie nach Kontakt mit Palette
24. Januar 2018 23:36
Ich habe den Eingangspost überflogen und habe die potentielle Lesezeit dazu genutzt, um mal ne Runde mit Eckehard zu schnacken.

War ein nettes Gespräch.


***

"Die Welt wäre ohne Euch ohne Euch."
(Helge Schneider)

*****

Persönliche Kontaktmöglichkeit jederzeit über PN.

Re: Vollgelaufen: Havarie nach Kontakt mit Palette
25. Januar 2018 10:37
So ein Paletten-Treffer ist ja wie ein Sechser im Lotto !

Hat sich das Seekajak eigentlich auch wieder gefunden ?
Anonymer Teilnehmer
Re: Vollgelaufen: Havarie nach Kontakt mit Palette
25. Januar 2018 11:08
So ein Paletten-Treffer ist eher wie bei Sturm im Wald vom Baum erschlagen zu werden. Angesichts der vielen Bäume die stehen bleiben eher unwahrscheinlich. Andererseits sieht man immer mal wieder Treibgut. Es geht auch nicht alles sofort unter, was irgendwo mal über die Kante gefiert wird.
Rettung nach Havarie durch Kontakt mit Palette / Boot und Ausrüstung geborgen
25. Januar 2018 12:10
Zitat
ruditi

Hat sich das Seekajak eigentlich auch wieder gefunden ?

Polizisten retteten Kanufahrer

Zitat
KN-online
Das aus Laboe kommende Tochterboot „Steppke“ barg das Kanu sowie die Ausrüstung des Kanuten. 

Schön dass die Sache so einigermaßen glimpflich ausgegangen ist. Trotz Udos umfassenden Bericht, Eckehard sollte über die Anschaffung einer Action-Cam nachdenken ;-)

Gruß
Jens
Re: Rettung nach Havarie durch Kontakt mit Palette
25. Januar 2018 13:11
Ich empfinde es als sehr befremdlich dass man bei bei diesen recht rauen Bedingungen zu zweit aufs Wasser geht, sich dann aber soweit trennt dass man nicht man mehr in Rufweite ist, scheinbar nicht nacheinander geschaut bzw. aufeinander gewartet wird und scheinbar auch keine Handfunkgeraete im Einsatz waren mit denen sich die beiden Paddler regelmaessig ueber den Status des anderen haetten informieren koennen. Noch befremdlicher ist das Ganze unter der Praemisse, dass die andere Paddlerin scheinbar nicht uebermaessig erfahren war und es alleine aus diesem Grund angebracht gewesen waere, beide Paddler dicht zusammenzuhalten.

Ja, der geloeste Lukendeckel war viel Pech, das Ganze haette aber, mit einem zweiten Paddler als Assistenz, nicht in einem Seenotfall enden muessen. Eine Plastiktuete, Muellsack, Regenjacke, Trockenbeutel oder aehnliches haette in Verbindung mit einer Handlenzpumpe und reichlich Ducttape das Boot wohl lange genug schwimmfaehig gehalten um das Ufer zu erreichen.
Re: Rettung nach Havarie durch Kontakt mit Palette
25. Januar 2018 13:13
Ist das jener Eckehard, der in den "Baltic Surge" Videos gelegentlich zu sehen ist, der vom DKV?

Diese Geschichte liest sich für mich mehr als gruselig.
Wenn es DIESER Eckehard ist den ich meine, und der andauernd parieren musste weil es auch ohne die Palette schon
brenzlig war...
Hier steht dass kein Blick mehr möglich war nach achtern oder auch nur seitlich.
Deshalb erscheint mir die Aussage eines Kollegen weiter oben

Dann kann Kamerad/in eventuell etwas lenzen und ihn wieder aufstülpen.

obsolet zu sein. Wenn man kaum noch paddeln kann ohne zu kentern, wie soll man da einen Lukendeckel auf See raufkriegen?
Meine Kajaksport Deckel am P&H gehen schon an Land schwer drauf, obwohl ich die Lukenränder mit Stahlwolle überarbeitet habe.
Silikonspray mag das erleichtern, gleichzeitig erleichtert es aber auch den Verlust.

Was ich gerne wissen würde: Er verwendete eine orange Rauchfackel, der Wind war aber so stark, dass der Rauch sofort verweht wurde.

Was wäre unter diesen Bedingungen das beste?
Raketen mit Fallschirm?

Ich hab vom Christkind eine Odeo Distress LED - Flare geschenkt bekommen und eine Blitzlichtlampe (weiß / rot) für den
Schultergurt der Schwimmweste.
Was nützte das, wenn die WaPo bei den Wellen den Schwimmer nicht sieht?

Und nun fällt mir auch der Thread mit den Reflektoren/Radarreflektorfolie am Boot wieder ein.
Was nützte sowas im Notfall bei den Wellen?
Kann mir nicht vorstellen das selbst wenn er noch im/beim Kajak gewesen wäre, dies erkannt würde.

Würde es "schneller/besser" gehen mit der Rettung, wenn er am Handy den Notruf mittels der DGzRS App inkl. GPS - Ortung
eingesetzt hätte (Registrierung seiner Bake in England???)
Was wohl am meisten nützte, wäre erst gar nicht zu paddeln bei den Bedingungen.
Re: Rettung nach Havarie durch Kontakt mit Palette
25. Januar 2018 13:33
Moin,

erstmal alles Gute an Eckhard und schön das es ihm offenbar besser geht. Und Danke an Udo für den Unfallbericht.
Für mich nehme ich mit,
das ich wirklich immer eine Fackel oder Leuchtsignal mitführe (zu Hause nützt es nichts)
Auch habe ich eine Rettungsdecke Immer dabei, auch bei der kurzen Trainingsrunde im Surfski.
300 m sind lang
Wie Shovelhead schriebn: Am gefährtesten sind Fortgeschrittene Anfänger.

Guter „Reminder“

Tillmann
Re: Rettung nach Havarie durch Kontakt mit Palette
25. Januar 2018 14:13
Moin moin zusammen,
wenn der/die zweite Paddler/in sich neben den Havarierten legt, hat man eine recht stabile Katamarankonstruktion.
Zum Festhalten, an den ja massenhaft vorhandenen Seilen, können sie beide halten und stabilisieren.
Dann ist es kein Problem, auch einen Lukendeckel wieder zu befestigen.
Eckard selbst wird das schon hunderte Male gemacht haben, bei jeder Schulung wird es geübt.
Dazu MUSS dann aber auch jemand DA SEIN, und nicht irgendwo.
Schöne Grüße,
Tomas.
Anonymer Teilnehmer
Re: Rettung nach Havarie durch Kontakt mit Palette
25. Januar 2018 14:47
Moin,

erstmal auch von mir gute Besserung.

Zu den Deckeln von Valley:
Die gehen zum Teil sehr schwer drauf. Die erste Stufe, das normale Aufbringen, ist wie mit jedem Deckel. Zusätzlich sollte aber der Rand noch in die Nut gepresst werden(das Einmassieren). Das kann dauern und tut weh an den Fingern. Ist aber sinnig..hält viel besser und ist nochmal dichter.

Dazu habe ich noch 2 Empfehlungen: Bei grossen Unterschieden in der Temperatur Boot/Luft/ Bootshaus lege ich das Boot erst ne Zeit ins Wasser und bringe dann die Deckel entgültig auf. Sonst ensteht häufig Unterdruck. Dies entscheidet bei meinen Greenländer T/ Nordkapp beim Rollen schon deutlich die eindringende Wassermenge.

Zur Pflege der Valleydeckel ist, meiner Erfahrung nach, Silicon das falsche Mittel. Mir ist mal ein Deckelsatz nach 1,5 Jahren komplett zerbröselt(tiefe Risse im ganzen Rand, Entwicklung sieht man innen beim leichten Biegen des Deckels nach Aussen) Bei der Verwendung eines Cockpitpflegemittels für Gummi/Plastik (Milch von Nigrin) trat das nicht mehr auf. Und dies hilft auch beim Massieren..äh Einmassieren natürlich:-))

Beste Grüsse HM
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