Nach einer Woche genossener Paddelabstinenz möchte ich hier meine Eindrücke des für mich ersten aktiven Hiddenseemarathons wiedergeben.
Berufliche Verpflichtungen machten es mir jahrelang unmöglich, am Marathon teilzunehmen. In diesem Jahr sollte es erstmalig klappen. In der Vorbereitung gab es leider den erstem Dämpfer, der mir für den kompletten März nach der Mittelelbefahrt das erforderliche Training verleidete. Ab April ging es aber verschärft los. Mehrere Trainingsrunden in der Woche, im Schnitt über 30 km, wurden bis wenige Tage vor dem Marathon durchgezogen, sodass es um die allgemeine und mentale Fitness ganz gut bestellt war. Dazu kamen noch mehrere Fahrten, die in ihrer Länge der Marathondistanz nahekamen.
Als Zweierpartner konnte ich Steven aus meinem Verein gewinnen, der selbst schon den Hiddenseemarathon im Einer mit Grönlandpaddel(!) absolviert hatte. Trotz anfänglicher Bedenken harmonierten wir nach einigen hundert Metern recht gut. Als Boot haben wir meinen Lettmann Atlantik 2, vorne durch mich gesteuert, eingesetzt. Nach dem Start konnten wir das Boot gut Richtung Kubitzer Bodden schieben und lagen recht weit vorne. Mit dem kräftigen Schub war es dann vorerst vorbei, als wir auf dem Kubitzer Bodden die Wellen in boddentypischen kurzen Abständen von schräg hinten bekamen. Jedes Mal, wenn wir den Zweier mit kraftraubenden Schägen in Fahrt gebracht hatten, drehte er sich nach Luv und kam quer vor die Wellen. Mit dem Fußsteuer, nicht dem serienmäßigen, sondern größeren Flippoffsteuer, konnte ich das Boot nicht in der Spur halten. Ich wähnte mich schon nach dem Marathon vorerst gehunfähig, so sehr habe ich meine unteren Extremitäten beansprucht.
Als nächste Variante versuchten wir, einen Zickzackkurs zu fahren, was, wie wir am Abend erfahren haben, andere Teilnehmer irritierte. Sie vermuteten wohl, dass wir Untiefen ausweichen wollten. Etwas Abhilfe brachten Stevens Heckruderschläge, die aber auch wieder das Boot bremsten und außerdem den zweiten Antrieb ausfallen ließen.
Nach dem Passieren des Schaproder Boddens und dem Einschwenken auf einen östlichen Kurs kamen wir wieder gut in Fahrt. 20 Meter vor der Wendebarkasse im Libben machte es im Boot "Peng", ein spürbarer Ruck ging durch den Bootskörper und mein rechter Fuß trat ins Leere. Die Steuerung hatte vor dem Dauerdruck kapituliert. An der Wendebarkasse erklärte ich uns für manövrierunfähig, eine Reparatur der Steuerung auf See erschien mir unmöglich, deshalb mussten wir an Land. Dort konnten wir innerhalb weniger Minuten das Malheur beheben und die Fahrt fortsetzen.
Die Wellen, die uns auf den Bodden auf der Hinfahrt so zusetzten, kamen jetzt von vorne. Innerlich pries ich den Gegenwind, der uns eine wesentlich leichtere Fahrt als auf der Hintour ermöglichte. Allerdings baute sich nach Passieren der Halbinsel Ummanz eine dicke Regenfront auf, garniert mit satten Böen, die die Freude über den Gegenwind schnell relativierten. Wieder wurde es auf dem Kubitzer Bodden ungemütlich. Das Boot stampfte von einer Welle zur nächsten, an Essen oder Trinken war nicht mehr zu denken. Bald verschwanden im Regen auch die Landmarken für das Ziel, zuerst die Pylonen der Rügenbrücke, dann die Stralsunder Kirchtürme und schließlich auch der Mast vom Parower Haken. Zuletzt war nur noch schemenhaft der Busch von Parow zu erkennen. Um den als Orientierung ausmachen zu können, bedurfte es aber schon guter Ortskenntnis.
Die Begleitboote, die uns schon bei unseren Boddenmanövern und der Reparaturpause fürsorglich beobachteten, kamen wieder näher und fuhren ziemlich schnell hin und her. Steven meinte, dass wir damit rechnen müssten, dass das Rennen aufgrund der geringen Sichtweite abgebrochen werden könnte.
Mit dieser Einschätzung hatte er recht, zum Glück entschied die Rennleitung nicht auf Abbruch. So erreichten wir etwas später, als wir es uns nach unsren Trainingszeiten ausgerechnet hatten, aus eigener Kraft den Stralsunder Bootssteg.
Glück hat viele Facetten. Sportfreunde, denen ich mich seit Jahrzehnten freundschaftlich verbunden fühle, auf dem Steg im strömenden Regen applaudieren zu sehen, hat mich sehr berührt. Rennleiter Heiko Papenfuß, mit dem ich schon oft nach Hiddensee gepaddelt war, gratulierte uns und meinte, dass ich mir für das erste Mal nicht den leichtesten Hiddenseemarathon ausgesucht hätte.
Ich danke den Organisatoren und Freunden aus Stralsund, die unter denselben widrigen Wetterbedingungen, wie wir sie mit dem Boot durchkämpften, den Rennablauf sichergestellt haben. Dank der vielen Helfer, die mit uns in Begleitbooten auf dem Wasser waren, habe ich mich sicherer als auf so mancher Wanderfahrt gefühlt. Die Sturmböen auf der Rückfahrt haben mich aber auch in meiner Haltung bestärkt, bei bestimmten Windverhältnissen nicht mehr auf eine unbegleitete Wandertour zu gehen.
Nett war die Siegerehrung mit Tombola, an der sich auch mein Berliner Lieblings-Kanuhändler mit Preisen beteiligte. Schön war es auch, einige Forumsnutzer persönlich kennenzulernen.
Gruß
Roland