Willkommen! Anmelden Ein neues Profil erzeugen Nutzungsbedingungen

Erweiterte Suche

Zur Exzellenz von Skeg-Seekajaks

geschrieben von U.B. 
Zur Exzellenz von Skeg-Seekajaks
14. Juni 2016 22:15
Ahoi!

Im SEEKAJAK, Nr. 147/2016, S.40-41, nimmt Bernhard Hillejan, der Ausbildungsleiter der SaU, eine vergleichende Bewertung von den folgenden Kurshalte- bzw. Steuerungstechniken vor:

versenkbaren Skeg,
versenkbares Steuer („Ruder“))
angebauten Heck(um/hoch)klapp-Steuer („Ruder“)

Anlass dafür war der Beitrag „SaU quo vadis?“ von Benno Glock (erschienen in: SK 146/16, S.5), in dem moniert wurde, dass bei diversen Veranstaltungen der SaU Kanuten, deren Seekajaks mit angebautem Steuerblatt (hier: Heckumklapp- bzw. Heckhochklapp-Steuer) ausgerüstet sind, nicht zugelassen werden.

Bernhard Hillejan versucht in einer tabellarischen Gegenüberstellung die Vor- und Nachteile dieser drei „Kurshalte-„ bzw. „Steuerungsvarianten“ aufzuführen, wobei auf die Vorteile eines Steuerblatts nicht eingegangen wird. Drei Beurteilungskriterien legt er dabei zugrunde:

1. Beurteilung der Funktion,
2. Beurteilung der Eignung bei Gruppenfahrten,
3. Beurteilung des Einflusses auf das Lernen & Entwickeln von Paddeltechniken.

Leider versäumt er es, eine vierte Kurshalte-Variante mit aufzuführen, nämlich die:

• „Unten-Ohne“-Variante,

d.h. der Verzicht auf jegliches Skeg bzw. Steuer, der durchaus von einigen sehr erfahrenen Seakayakern präferiert wird; denn mit solch einem Seekajak zu paddeln, das ist „Sea Kayaking Pure“, bei dem nichts, höchstens der Kanute kaputt gehen kann, …. und bei dem sich sehr schnell herauskristallisiert, ob ein Kanute eine echter Seakayaker ist oder bloß ein die Abgeschiedenheit suchender „Küstenkanuschlenderer“!?

Vom Skeg zum Steuer

Das verstellbare, im Heck versenkbare Skeg ist der erste Schritt weg vom „puren“ Seakayaking. Die Briten waren einst die ersten, die es in ihre Seekajaks einbauten. Es sollte das Seakayaken etwas komfortabler machen, d.h. mit ihm wollten sie die Luv- bzw. Leegierigkeit eines nicht richtig getrimmten Seekajaks in den Griff zu bekommen.

Zuvor wurde mit starren Skegs (Flossen) experimentiert (zu denken ist an den „Nordkapp HM“ von VALLEY; aber auch an den kleinen „Godthab“ von LETTMANN), was zu wie auf Schienen fahrenden Seekajaks führte … wehe aber, wenn die Schiene eine leicht Biegung machte; denn dann kurvten solche Seekajaks einfach hinterher.

Mit diesem versenkbaren Skeg waren die Briten lange Zeit zufrieden; denn auf Grund der Nähe des Briten zum Meer machten sie überwiegend nur Tagestouren oder spielten sogar nur in den Tidalraces. Nach solchen Touren hatten die Briten dann genügend Zeit, sich zu Hause wieder von den Strapazen, ein Skeg-Seekajak gepaddelt zu haben, zu erholen. Richtig gelesen: Das Paddeln in einem Skeg-Seekajak ist anspruchsvoller, wir können auch „sportlicher“ sagen, aber das ist gewollt. - Natürlich paddelten die Briten mit Skeg-Seekajaks auch längere Touren gepaddelt, letztlich weil ihnen anfänglich keine geeigneteren Seekajaks zur Verfügung standen!?

In Deutschland fand demgegenüber eine andere Entwicklung in Sachen Großgewässerpaddeln statt. Aufgrund der meist größeren Entfernungen zwischen Wohnort und z.B. Küste wurden weniger „Spritztouren“, sondern überwiegend Wandertouren mit Gepäck (Übernachtungsgepäck & Verpflegung) unternommen. Tagtäglich wurden –zig Kilometer Strecke gepaddelt. Die Brandung wurde möglichst auf dem kürzesten Weg durchfahren und nicht zum „Spielen“ genutzt. Da die mitgeführte Ausrüstung, welche teilweise auch auf Deck verstaute wurde, meist dazu führte, dass ihre Kajaks (=> „Langeiner“ bzw. „Eskis“) vertrimmt waren, und weil es keinen Grund gab, das bei den Faltbooten bewährte „Heckhochklappsteuerblatt“ nicht einzusetzen, ging man lange Zeit in Deutschland überwiegend mit Steuer auf Tour. Das taten übrigens schon früher auch jene Briten, die Gefallen an dem „Long Distance Kayaking“ fanden. Sie sägten dafür extra ein Stück vom Heck ihres Seekajaks ab und schraubten dann dort ein Steuer („Rudder“) dran, welches wegen seiner tieferen Position recht effektiv funktionierte.

„Player“ vs. „Tourer“

Und jetzt? Nachdem für das Spielen in den Tidalraces und in der Brandung extra Seekajaks entwickelt wurden (sog. „Player“) (z.B. „Hammer“, „Delphin“, „Aries“ von P&H, „Extra“ von TIDERACE, „Gemini“ von VALLEY), die kürzer sind und über mehr Kielsprung verfügen, entwickelten die Briten für jene, die zusätzlich auch Gefallen am Streckepaddeln haben, extra Seekajaks (sog. „Tourer“) (z.B. „18X Sport“ von EPIC, „Inuk“ von KIRTON, „Freya 18“ von POINT 65°N, „Taran 18“ von ROCKPOOL, „Rapier 18“ von VALLEY; „Pace 18“ von TIDERACE), die etwas länger sind und über weniger Kielsprung verfügen sowie über ein Steuer, das einen ermöglicht, mit weniger Kraftaufwand Strecke zu paddeln und Kurs zu halten. Da es sich bei diesen „Langeinern“ meist um ein „Zweitseekajak“ handelt, mit dem nicht in Tidalraces bzw. in der Brandung „gespielt“ wird, hat bislang auch kaum einer Anstoß daran genommen, dass diese Seekajak meist mit einer angebauten Heckhochklappsteueranlage ausgerüstet werden, die nicht „brandungstüchtig“ ist.

Jürgen Pietsch

Übrigens, der Nordfriese Jürgen Pietsch hat die Idee des Steuers Anfang der 80er Jahr weiterentwickelt und perfektioniert; denn er konnte damals noch nicht ahnen, dass es auch bei Seekajaks ein Trend zum „Zweitseekajak“ kommen könnte. Er ging davon aus – und das gilt für Deutschland auch heute noch, sofern wir nicht direkt an der Küste wohnen - das ein Seekajak stets ein „Allroundseekajak“ sein wird, mit dem wir „Spielen“ und „Touren“. Er hatte erkannt, dass die traditionellen „Klappsteueranlagen“:

• weniger effektiv sind, weil bei Seegang vom Steuerblatt mehr ober- als unterhalb der Wasserlinie hängt;
• beschädigungsanfälliger sind, weil bei Seegang (=> Surfen, Brandung) das Steuerblatt sich verbiegen und sogar abbrechen kann;
• zur Luvgierigkeit führen, wenn das Steuerblatt hochgezogen wird (=> Anlandeprobleme);
• im Falle einer Kenterung Probleme mit dem Steuerblatt haben (=> löst sich aus der Halterung);
• bei Rettungsaktionen zu Personen- bzw. Sachschäden führen kann!

Heraus kam die Steueranlage mit dem sog. „integrierten“ Steuerblatt, also einem Steuerblatt, welches im hochgezogenen Zustand im Unterschiff, wo das Steuer am effektivsten funktioniert, versenkt wird. Auf diese Weise gelang ihm ein Steuer, mit dem man in einzigartiger Weise bei Wind & Welle gleichermaßen Kurs halten also auch Kursänderungen vornehmen kann. Klaus Lettmann hatte übrigens diese Idee aufgegriffen und für seine Seekajaks weiterentwickelt.

Seitdem herrschte mehrere Jahrzehnte Stillstand bei der Entwicklung versenkbarer Steuer. Erst in jetzigen Jahrzehnt haben die Briten die Effektivität eines solchen versenkbaren Steuerblatts erkannt haben. Sie entwickelten das versenkbare Skeg insoweit weiter, als es auch drehbar gemacht wurde. Herausgekommen ist dabei ein Skeg, welches im herausgezogenen Zustand zugleich ein Steuer (engl.: „Rudder“) ist. Es ist naheliegend, eine solche Steueranlage „Skudder“ zu nennen. Wir finden dieses Skudder z.B. bei britischen Seekajaks von VENTURE und P&H sowie neuerdings auch bei LETTMANN (z.B. bei der „Biskaya“-Serie).

Das Skeg, ein "Markenzeichen" der SaU

Der lange Rede kurzer Sinn: Die 1985 gegründet Salzwasserunion (SaU) orientierte sich von Anfang an sehr am von den Briten betriebenen „Sea Kayaking“. Das trifft insbesondere für den großen Teil jener Mitglieder zu, denen das Faltbootpaddeln mit Steuer, Rückenlehne und Schlafsack als Sitzkissen allzu altbacken vorkam. Kein Wunder: Von den schlanken GFK-Seekajaks, die mit purer Paddeltechnik dirigiert wurden und aus denen man nicht herausfiel, wenn man kenterte, sondern einfach wieder hoch rollte, ging schon eine Faszination aus, …. die auch heute noch anhält … und manchmal dazu beiträgt, dass Außenstehende denken, diese SäUe da seien doch arg arrogant!

Insofern kann ich es verstehen, dass Benno Block sich in seinem Beitrag daran stört, dass nicht bei jeder SaU-Veranstaltung Kajaks mit Klappsteuer willkommen sind. Bernhard Hillejan versucht das zu rechtfertigen und führt dafür diverse Gründe auf:

(a) Sicherheit: Steueranlagen können
1. durch Verschleiß bzw. Überbeanspruchung (z.B. Brandung) funktionsuntüchtig werden;
2. bei Kontakt mit Dritten zu Personen- bzw. Sachschäden führen;
3. nach einer Kenterung den Ausstieg bzw. Wiedereinstieg behindern;
4. beim Schleppen die Schleppleinenführung erschweren.

(b) Paddeltechnik: Steueranlagen verhindern, dass wir eine effektive Paddeltechnik (=> Bug-/Heckruder, Bogenschläge; An-/Wegkanten) erlernen, die wir aber brauchen, wenn die Gewässerbedingungen schwieriger werden.

Auch diese Gründe kann ich verstehen. Neben einem Skeg-Seekajak und einem alten Abfahrtsboot („ohne alles“) fahre ich ebenfalls ein Seekajak mit versenkbarem Steuerblatt. Im Laufe der Jahrzehnte, die ich paddle, ist an meiner Steueranlage eigentlich schon alles kaputt gegangen: die Steuerseile rissen, die Pedalen verrutschten beim Seegang bzw. brachen von der Halterung ab, das Steuerblatt verbog sich oder löste sich vom Steuerkopf bzw. verdrehte sich bei einer Kenterung in der Brandung um 270° usw. usf. Trotzdem bin ich bei meinem Steuer-Seekajak geblieben, letztlich weil ich damit recht komfortabel auf Tour gehen kann. Dank des Steuers bin ich imstande:

• beim Streckepaddeln bzw. Surfen mühelos Kurs halten!
• mühelos den Kurs zu ändern, um z.B. einen gefährlich aufsteilenden Brecher von vorne zu nehmen oder um einer drohenden Kollision schnell auszuweichen!
• allein mit meinem Segelschirm Fahrt machen zu können!

Mein Skeg-Seekajak habe ich jedoch in der Zwischenzeit abgegeben; denn für einmal im Jahr Brandungsübungen zu machen, dafür brauche ich eigentlich kein zweites Seekajak.

Ich habe auch Verständnis für die Ausbilder und Fahrtenleiter der SaU, die nur Kanuten mitnehmen, die über ein Skeg-Seekajak verfügen. M.E. ist es nicht zumutbar, von ehrenamtlich tätigen Ausbildern bzw. Fahrtenleitern zu verlangen, gegen ihren Willen und gegen ihre Überzeugung Kanuten mit am Heck angebauten Steueranlagen mitnehmen zu müssen. Wem das nicht behagt, möge selber Ausbilder bzw. Fahrtenleiter werden und sich dann den Steuerpaddlern anbieten.

… und ich?

Ich selber, einst Fahrtenleiter und Ausbilder bei der SaU, bin zurzeit beim Hamburger Kanu-Verband Referent für Küstenkanuwandern. In dieser Eigenschaft biete ich Kurse und Fahrten an. Ich freue mich über jeden Teilnehmer meiner Veranstaltungen, der mit einem Skeg-Seekajak ankommt. Am meisten graust es mich vor Kanuten mit Seekajaks, die lediglich über eine hinten angebaute Steueranlage verfügen, dessen Steuerblatt sich nur hoch, aber nicht umklappen lässt … oder mit nicht senkbaren Flossensteueranlagen. Wie kriege ich einen solchen Kanuten nur zurück ans Festland, wenn z.B. in der Brandung mit Grundberührung (z.B. Rückwärstsurf beim Start durch die Brandung) das Steuerblatt abgerissen wird? Auch tut mir manchmal mein eigenes Seekajak leid ob der unweigerlich „eingefangen“ Kratzer, wenn nach der Kenterung eines Kanuten mit einem Seekajak mit Heckklappsteueranlage mal wieder ich es bin, der Hilfestellung leisten muss, weil gerade kein Mitpaddler mit einem ebensolchen Seekajak als „Retter“ bereit steht.

Aber wer bildet dermaßen ausgerüstete Kanuten, die erst am Anfang ihrer „Seakayaker-Karriere“ stehen, sonst aus wenn nicht der DKV oder die SaU? Können wir denn wirklich von diesen „Seeanfängern“ verlangen, schon bei einer Einweisungsfahrt (zum Erwerb von EPP 3 Küste oder dem A-Schein) vollkommen ausgerüstet zu sein? Oder anders ausgedrückt: Können die „Seeanfänger“ von den Ausbildern bzw. Fahrtenleitern egal welcher Vereinigung verlangen, hinaus aufs Meer mitgenommen zu werden, auch wenn sie und ihr Kajak nur bedingt „seetüchtig“ sind?

Ich persönlich lasse solche „Seeanfänger“ (nicht jedoch Paddelanfänger) auf meinen Touren zu, auch wenn ihr Seekajak mit einer am Heck angebauten Steueranlage ausgerüstet ist, sofern sie neben einigen Ausrüstungsbedingungen (z.B. doppelte Abschottung, Schwimmweste, u.U. Schutzhelm, mind. Bugtoggle, griffige Rettungshalteleinen, Lenzpumpe, Nicosignal o. Rauchsignal, auf Deck montierter Kompass, auf Deck gelagerte Seekarte, u.U. Lesebrille, u.U. Kälteschutzj) u.a. die folgenden Bedingungen erfüllen:

• Teilnahme an einem 2-tägigen Workshop inkl. Rettungs- und Seitwärtssurfübungen im Hallenbad,
• Teilnahme an 2-tägigen Brandungsübungen,
• ca. 100 Paddel-Kilometer in den letzten 6 Wochen.

Bislang ist bei meinen seit 30 Jahren angebotenen Veranstaltungen kein anderer Mitpaddler durch diese „Tretbootfahrer“ zu Schaden gekommen. Vielleicht würde ich aber anders denken, wenn ein Schadensfall mal einträte und ich dann letztlich als Ausbilder/Fahrtenleiter zur Verantwortung gezogen werde, z.B. weil die Mitpaddler ja nicht ahnen konnten, welch „höhere Gewalt“ vom Wind oder von einer Brandungswelle ausgehen kann, oder weil ich einer Mitpaddlerin nicht deutlich genug darauf aufmerksam gemacht hatte, wie wichtig es ist, dass sie mit ihren Füßen auch die Steuerpedalen erreicht …

Gruß aus Hamburg: Udo Beier
Re: Zur Exzellenz von Skeg-Seekajaks
14. Juni 2016 22:34
Ist schon spannend... Besonders griffig finde ich die 100km in den letzten 6 vor-Udo Wochen... So was gibt's vor Karfreitag auch... Geht alternativ auch sexuelle Enthaltsamkeit...? Gähn...
Re: Zur Exzellenz von Skeg-Seekajaks
14. Juni 2016 22:41
Ich finde übrigens auch die Logik mit der deutschen Geografie und der Tourenpaddelei geil... Danach müßten Holländer hs zum Langlaufen oder Ski Touren kommen... Hm...
Re: Zur Exzellenz von Skeg-Seekajaks
14. Juni 2016 23:13
Naja, soviel zur Technik am Kajak.
Diese Diskussion sollte erst starten wenn über die Eignung des/der Fahrer/in abschließend entschieden wurde.
Mal ehrlich, was nutzt die beste Technik am Kajak wenn der/die Fahrer/in nicht funktioniert (aus welchen Gründen auch immer..)?

Da machen nach halber Strecke die "Fahrer" schlapp, trotz bester Kajaks (nach welchen "Standards" auch immer) und müssen geschleppt werden confused smiley

Denkt mal drüber nach.

Viele Spaß dabei
Jörg
Re: Zur Exzellenz von Skeg-Seekajaks
15. Juni 2016 12:27
...ich frag mich gerade welche "Vereinigung" wohl dogmatischer daherkommt? DKV oder SAU? Gruselig was da so im Netz für ein Eindruck entsteht. Schön das es in der Realität dann doch anders aussieht und ich dort überwiegend nette Mitpaddler treffe.
Ich denke auch, das allein das Paddlerkönnen das Kriterium sein sollte....
Re: Zur Exzellenz von Skeg-Seekajaks
15. Juni 2016 13:26
Als ausschließlich-mit-Steuer-Fahrer bin ich von sowas natürlich auch erst mal angepiekst. Aber andererseits kann ich die SAU verstehen. Wenn man einen Anfänger vor sich hat, will man wenigstens die vom Equipment ausgehenden Risiken minimieren. Wenn die (überwiegend eher spirrelig ausgeführten) Anhängesteuer den Ausbildern hierbei in der Vergangenheit besonders negativ aufgefallen sind, dann ist es in deren Ermessen, solche Boote auszuschließen. Alternativ könnte man ja das Steuer für die Dauer des Kurses demontieren, sofern sich das Boot dann noch halbwegs mit Paddelschlägen steuern lässt.
Re: Zur Exzellenz von Skeg-Seekajaks
15. Juni 2016 15:03
Zitat
Am meisten graust es mich vor Kanuten mit Seekajaks, die lediglich über eine hinten angebaute Steueranlage verfügen, dessen Steuerblatt sich nur hoch, aber nicht umklappen lässt …

Mich würde ja mal interessiern, was z.B. die Firma Lettmann dazu sagt, das somit den Kajakmodellen Meridian, Magellan, Aurora, Tasman und Archipel der Seekajak-Status nur auf Grund des Balance-Steuer aberkannt werden soll.
Gibt es überhaupt eine rechtssichere Definition des Begriffes "Seekajak" ?

Da gibt man 2,5 k€ oder mehr aus und dann heißt es DU nicht...! Sehr bedenklich!

Grüße
Mario
Seekajak: 22 Definitionsversuche
15. Juni 2016 15:12
Nun, Mario,

eine "rechtssichere" Definition des Sportgeräts "Seekajak" gibt es m.W. nicht,
wohl aber Definitionsversuche. Ich habe mal 22 dieser Versuche im folgenden Beitrag zusammengefasst.
Na, für welche dieser Definitionen würdest Du Dich entscheiden?
Wie Du leicht siehst, nimmt bei diesen Definitionsversuchen das "versenkbare Skeg" keine dominierende Rolle ein.
Kein Wunder, denn der Beitrag stammt von 2005!

Gruß aus Hamburg: Udo Beier
Anonymer Teilnehmer
Re: Seekajak: 22 Definitionsversuche
15. Juni 2016 17:55
Hallo zusammen,
ob Steuer oder Skeg, beides kann kaputt gehen und dazu führen, das das Boot nur noch schwer zu manövrieren ist
und der Paddler eventuell überfordert, ist.
Natürlich kann man mit entsprechend viel Übung solch eine Situation besser beherrschen.
Aber wer den Komfort erst mal kennt, hat dann natürlich keine Lust mehr längere Etappen, ohne zu fahren.
Übrigens sind mir bisher mehr Skeg Probleme bekannt.
Weiterhin hilft eine regelmäßige Kontrolle und ein pfleglicher Umgang der entsprechenden Anlage Defekte zu vermeiden.

Beides hat seine Vor- und Nachteile und ich finde, wir sollten lernen damit zu leben und die Entscheidung des jeweiligen Paddlers zu akzeptieren. Ein Skeg Paddler ist sicherlich nicht automatisch der "bessere" Paddler.

Wen ein Fahrtenleiter mitnimmt, ist natürlich seine freie Entscheidung. Notfalls muss man eine Tour selber organisieren oder einen anderen Fahrtenleiter suchen.

Gruß
Ralph
Re: Seekajak: 22 Definitionsversuche
15. Juni 2016 18:21
Moin!


Zitat
xpert1509
Übrigens sind mir bisher mehr Skeg Probleme bekannt.
Hmmmm ... bei den drei NDK's hatten wir NOCH NIE gravierende Probleme mit dem Skeg. Bei den Naraks mit dem Unterschnallskeg schon mal, wenn irgendwas drangekommen war. Bei den Umklappsteuern der Naraks wie auch der drei Triton Faltboote habe ich regelmäßig mich mehr oder weniger schlimm über die Teile geärgert ...

Ergo: Nie Probleme mit Skeg, immer mit Steuer.


Marc
Re: Seekajak: 22 Definitionsversuche
15. Juni 2016 19:22
Udo, vielen Dank für Deine kompetente Literaturkritik!

Aus meiner Erfahrung kann ich ein Skeg-Boot auch nur dann als sinnvoll und gut gewählt bezeichnen, wenn das Boot zum Paddler und der vorgesehenen Strecke passt. Mein Tiderace Xplore classic hat als Expeditionskajak mächtig Volumen und ist daher für das Spielen in der Welle für Personen meiner Statur und Masse wenig geeignet. Nach 50 km im fast leeren Boot mit schrägen Winden verflucht man (ich) die hohe Nase und das riesig aus dem Wasser stehende Heck - da geht mehr Kraft und Bewegungsmotivation in das Kurshalten als in Vortrieb. An dieser Stelle sehnt man sich nach etwas Gesteuertem! Wer jedoch der Meinung ist, bei Bedingungen, die sich auch schon 'mal während einer Tour ändern können, immer gut mit einem Skegboot in Zonen mit Befahrungszeitbeschränkungen durch Tide ausgerüstet zu sein, muss m.E.n. schon ein Paddler mit sehr guter Konstitution sein....
Andererseits ist das Skeg natürlich ein probates Mittel zum Ausgleich von Kursveränderungen - keine Frage!

RST ohne Steuer? Wer denkt sich das aus?
Nach meiner inkompetenten Schätzung sind etwa die Hälfte der Kajaks, die an der Küste unterwegs sind, mit Steuer ausgerüstet. Warum soll also ein potentieller Kenterbruder (gegendert -schwester) nicht mit dem Kajak seine Rettungstrainings absolvieren, mit dem er die Rettung auch auf einer Tour benötigt? Und wieso sollte der Skegbootliebhaber nicht auch lernen, dass ein Steuerbootpaddler ohne eigene Verletzung zu retten ist? Natürlich geschieht eine Kenterung meist bei Bedingungen, die denen beim RST nicht entsprechen, und das Risiko von Bootsbeschädigungen und Verletzungen steigt... Aber genau darum geht es beim RST: Lernen, wie man sich bei einer Rettung verhält! (als Retter und Geretteter) Hat man die Technik und das mentale Drumherum verstanden, klappt es hoffentlich auch bei rauhen Kenterbedingungen, wo die Schocksituation des Gekenterten noch ein zusätzliches, unkalkulierbares Risiko sein kann.

Das Mitfahren auf Touren habe ich als Mitfahrer bisher immer geschätzt, weil ich immer einiges gelernt habe bzw. mein Horizont für weiteres Lernen geöffnet wurde. Das Mitnehmen war mir bisher auch wichtig, da es die eigenen Führungsfähigkeiten stärkt. Da hatte ich schon Kanuten, die nach 8 von 30 km eine Temporeduzierung forderten, was mir bei Tideneinfluss gruselig vorkommt. Andererseits waren auch schon Kanuten mit uns unterwegs, die bei den erfahrenen Bedingungen allein nie ins Kajak gestiegen wären und die Tour als ihre 'schwierigste' Seekajakfahrt bezeichnet hatten. Wer im offenen Wasser paddeln möchte, braucht nicht das schönste Boot, sondern Paddeltechnik, das erforderliche Leistungsvermögen und nötigenfalls einen Durchhaltewillen. Und mit Udo als Fahrtenleiter würde ich mich auch gern 'mal auf unruhiges Wasser begeben!

Mein Fazit: Ich habe zwei Gesteuerte und eines mit Skeg. Gekentert bin ich schon mit allen Dreien und bin meiner Mitpaddlerin dankbar, dass sie mir beim Wiedereinstig geholfen hat. Sie hat sich dabei nie verletzt, Beschädugungen haben die Kajaks aus ganz anderen Gründen zur Genüge und verletzt war bisher nur meine Seele, weil ich gekentert war....

Carsten
Re: Seekajak: 22 Definitionsversuche
15. Juni 2016 22:57
Ein RST halte ich immer ohne Trimmhilfe ab, da ja ein Teil des RST ist, die Paddeltechnik anzusprechen, zu erklären und üben zu lassen. Gut einen Tag RST ist zu wenig - ein Wochenende eigentlich auch, aber das ist deutlich machbarer. Ich mache immer den ersten Tag Paddeltechnik Grundlagen. Erklären der Begrifflichkeiten wie Oberkörperrotation, Kanten (Hüftknick), C to C (bezogen auf die Situative flache Stütze). Mind. 2 - 3 Std. am Vormittag werden die Bewegungsabläufe auf dem Trockenen verdeutlicht und mittels verschiedener Methoden erklärt und erfahren. Da gibt es auch bei sehr erfahrenen Teilnehmern immer wieder Aha Erlebnisse. Dann, bevor es aufs Wasser geht wird der Kraftschluß zum Boot geprüft - viele sitzen einfach viel zu locker im Boot. Das wird korrigiert und dann kommt nach nächste Aha Erlebnis. Spielereien wie Seitwärtsfahren und Rückwärtsfahren lockern die Teilnehmer dann auf und schwupp hat man die Oberkörperrotation,... Alleine bei diesem Teil hat weder Steuer noch Skeg etwas zu suchen. Am Ende des ersten Tages sind eigentlich immer alle TN deutlich entspannter im Boot und im Umgang mit ihrem Boot ohne Trimmhilfe.

Bezogen auf den Nassen Teil am nächsten Tag ist meine Devise, daß sich niemand in Übungs- und Lehrsituationen ernsthaften gesundheitlichen Gefahren aussetzen muß. Ich weise meine TN auch immer wieder darauf hin, daß sie sich zu Übungszwecken gerne eine Nasenklammer aufsetzen sollen, da sich keiner in einer Übungssituation eine Nebenhöhlenentzündung o.ä. riskieren soll. (Binnengewässer bergen gerne mal Keime, auf die einige Personen sehr empfindlich reagieren).
Die Problematik mit einem offenliegenden Steuerseil z.B. bei dem sich nachweislich schon einige Finger ordentlich verletzt haben oder offene Steuerseile im Inneren eines Kajaks, bei dem sich auch schon nachweislich der ein oder andere mit dem Fuß verheddert hat - bestenfalls bei Übungseinheiten auf der See (dieses Jahr im Frühling wieder passiert) - werden angesprochen und zwar sehr deutlich. Das kann zu extremen Gefahren führen, die in einen echten Seenotfall enden können.

Ok, ich bin bekennende SaU, heiße aber auch nicht alles gut, was da so in dem Kreis der Fahrtenleiter und Ausbilder verzapft wird. Áber dort wird sich gezielt damit beschäftigt, wie man das Seekajakfahren sicher und sicherer gestalten kann, vor allem auch im Hinblick der Personen, die sich von dieser wunderbaren Sportart haben anfixen lassen und immer mehr dem Konsumverhalten entsprechend verhalten. Diese Personen kommen dann mit dem vermeintlich super Material und sagen: Mach mal - führ mich sicher übers Meer. Die SaU ist ausschließlich ehrenamtlich unterwegs und bekommt max. eine Aufwandsentschädigung für ihre Angebote (auch wenn immer wieder etwas anderes gefordert wird innerhalb der Anbieter).

Erst kam der Anschnallgurt, dann irgendwann die Kopfstützen, dann die Airbags, jetzt das technikgesteuerte Fahren mit Abstandswarnern,... Irgendwann darf ein Fußgänger auch nur noch mit Personenairbag auf die Straße... Von daher...


***

"Die Welt wäre ohne Euch ohne Euch."
(Helge Schneider)

*****

Persönliche Kontaktmöglichkeit jederzeit über PN.

Re: Seekajak: 22 Definitionsversuche
16. Juni 2016 09:02
Hallo nochmal,
U.B., sehr schöner "Beitrag" den du da in 2005 gebracht hast winking smiley
Udo wenn die Brandung verhindert das ich auf das Wasser komme sollte ich wohl besser an Land bleiben.....egal mit was für einem Boot.

Caesar, Zitat "RST ohne Steuer? Wer denkt sich das aus?" Bin da voll deiner Meinung, wenn man sich zum Ziel setzt Paddler auszubilden sollte man nicht denn Teil ausschließen der mit Steuer die Meere erobern möchte.

Anke, hast natürlich recht den Anfängern erstmal zu vermitteln wie man ein Kajak ohne weitere Hilfe als dem Paddel richtig steuert, aber danach sollte (wann auch immer der Zeitpunkt erreicht ist) es jedem selbst überlassen sein ein System zu wählen was er/sie für geeignet hält. Wenn es dann ein "Steuerboot" wird bitte nicht schimpfen und eine Weiterbildung" des Paddlers aufhalten.

Schöne Sommerloch Diskussion.
Gruß
Jörg
Re: Seekajak: 22 Definitionsversuche
16. Juni 2016 10:26
Jeder weiß, das eigentlich keiner mit seiner ersten Ausrüstung alt wird. Ich finde es immer wieder spannend zu sehen, mit welchen veränderten Ausrüstungsgegenständen man sich im Laufe der Jahre begegnet.
Bei zB RST's (und generellen Paddelveranstaltungen) bieten sich immer wieder Gelegenheiten andere Ausrüstungsgegenstände zu testen, andere Paddel, verschiedene Schleppsysteme,... Auch Bootswechsel kommen nach getaner Arbeit vor. Da holt sich jeder die Anregung, die grade bei ihm Thema ist. Wenn es ein Steuerboot ist, sollten die Gefahren halt bekannt sein.


***

"Die Welt wäre ohne Euch ohne Euch."
(Helge Schneider)

*****

Persönliche Kontaktmöglichkeit jederzeit über PN.
Re: Seekajak: 22 Definitionsversuche
16. Juni 2016 18:45
Zitat
Udo
• „Unten-Ohne“-Variante,

d.h. der Verzicht auf jegliches Skeg bzw. Steuer, der durchaus von einigen sehr erfahrenen Seakayakern präferiert wird; denn mit solch einem Seekajak zu paddeln, das ist „Sea Kayaking Pure“, bei dem nichts, höchstens der Kanute kaputt gehen kann, …. und bei dem sich sehr schnell herauskristallisiert, ob ein Kanute eine echter Seakayaker ist oder bloß ein die Abgeschiedenheit suchender „Küstenkanuschlenderer“!?

cool smileydamit bin ich ja schön raus aus dem Thema.

Da ich noch immer mit Vorliebe ohne Steuer und Skeg und dann noch mit kleiner Luke fahre und oft auch noch das Grönlandpaddel als gleichwertig zu anderen Paddeln verteidigen muss, ich aber auch weiss, dass ich damit einer kleinen Minderheit angehöre, bin ich allem anderen gegenüber schon tolerant geworden. Außerdem habe ich auch noch ein Boot mit Skeg u d Surfski mit Unterflursteuer. Damit kenne ich auch die andere Seite.

Gruß aus Münster, U.B.
Re: Seekajak: 22 Definitionsversuche
16. Juni 2016 20:05
Wer bei Wind und Welle auf's offene Meer herausfährt sollte sein Sportgerät schon beherrschen, egal welches Steuer oder Skeg an welchen Boot hängt und egal ob Schein oder nicht.
Dazu gehört auch mal an Land zu bleiben, wenn's zu dolle weht (Stichwort: "die eigenen Fähigkeiten richtig einschätzen" )
Surfen (Downwind, nicht Brandung), also das was richtig Spaß macht, ist aber nur mit großen Unterflursteuer gut möglich.

Grüße Bernd
Re: Seekajak: 22 Definitionsversuche
16. Juni 2016 21:11
Bernd, ich stimme dir voll und ganz zu, wenn du deinen letzten Satz korrigierst zu: es macht die Sache wesentlich einfacher und effektiver.
Denn für Downwind benötigt man den passenden Rumpf, kein Steuer!

Ansonsten sollten die einen akzeptieren, dass jeder, der Verantwortung für andere übernimmt, die Bedingungen selber festlegen darf, und die andern einsehen, dass es auch andere Vorstellungen vom Paddeln gibt als die eigenen.

Würde ich erwarten, dass ein Jeder im Kanu-Verein so paddelt wie ich, dann könnte ich wohl in Zukunft immer alleine paddeln.
Re: Seekajak: 22 Definitionsversuche
16. Juni 2016 22:13
Ja natürlich den passenden Rumpf braucht es auch, habe geschrieben "nur mit großen Unterflursteuer gut möglich" meine damit aber das Gleiche wie Du "es macht die Sache wesentlich einfacher und effektiver"

Grüße Bernd
Re: Seekajak: 22 Definitionsversuche
17. Juni 2016 09:29
Es geht beim richtigen Surfskifahren ja auch nicht nur darum, ab und zu mal auf einer Welle mitzugleiten, sondern schneller als die Wellen zu fahren. Das geht nur, wenn man ein sehr schnelles Kajak präzise unter Kontrolle hat, und deswegen sind Elite-Surfskis quasi Dachrinnen mit großem Unterflursteuer. Mit einem bepackten Seekajak kann man das vergessen, aber da geht es ja auch vor allem um das sichere und nicht das schnelle Vorankommen, auf allen Kursen.
Re: Seekajak: 22 Definitionsversuche
17. Juni 2016 10:40
Hi ak67,
genau deshalb sind "Steuerboote" besser,egal ob Surfski oder Kajak. Man ist effektiver und damit schneller unterwegs, besonders bei Rückenwindkursen.

"Mit einem bepackten Seekajak kann man das vergessen...."

Hier muss ich etwas widersprechen, vergessen muss man es nicht, es ist nur sehr viel mühsamer und wird auch nur kurzzeitig funktionieren da einen die nötigen Kräfte schnell verlassen. Ich habe bei meiner letzten Limfjordtour erlebt das ich mit meinem vollgeladenem Kajak, auf dem einzigen echten Rückenwindkurs, über mehrere 100m von Welle zu Welle "springen" konnte ohne wirklich langsamer zu werden. Unterbrochen hatte ich dies immer wieder nur aus dem Grunde das ich mich dabei in sehr kurzer Zeit, zu schnell von der Gruppe entfernte (sollte man nämlich bei den vorherrschenden Bedingungen nicht machen). Mein GPS zeichnete dabei über Strecken von bis zu 500m Geschwindigkeiten zwischen 10 - 14,5 km/h auf. Hast natürlich trotzdem Recht, mit dem Ski geht es besser wie wir ja beide letztes Jahr bei den German Seamasters erleben konnten.
Vollgeladen heißt: Zelt, Luftmatratze, Schlafsack, Kocher/Geschirr, Trockene Klamotten, Essen/Trinken, 10l Wassersack, Klappstuhl und sonstiger Kleinkram.

Viele Grüße, wir sehen uns in Stralsund,
Jörg
In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.

Klicke hier, um Dich einzuloggen

Meer erfahren - fair kommunizieren.